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Ausgabe:

Dezember/1997

Spalte:

1122–1124

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Kiraz, George Anton.

Titel/Untertitel:

A Computer-generated Concordance to the Syriac New Testament. According to the British and Foreign Bible Society’s Edition. Based on the SEDRA Database. Vol. I–VI.

Verlag:

Leiden-New York-Köln: Brill 1993. 4639 S. 4°. ISBN 90-04-097317.

Rezensent:

Andreas Juckel

Während für das syrische AT (Peschitta) ein brauchbares Konkordanzwerk nach ca. zwanzigjähriger Arbeit nahezu zum Ab-schluß gekommen ist (durch W. Strothmann [Ý] in Göttingen), gab es für die neutestamentliche Peschitta seit dem Jahre 1985 eine knappe Handkonkordanz: The Concordance to the Peshitta Version of the Aramaic [= Syriac] New Testament. New Knoxville, Ohio. Der entscheidende Mangel dieser C. ist nicht so sehr die fehlende Kontextzeile, sondern die Textgrundlage. Denn das zugrundeliegende Aramaic [= Syriac] New Testament, New Knoxville, Ohio 1983, druckt individuelle alte Textzeugen ab, wobei die Zeugen mehrfach gewechselt werden müssen. Zudem bietet diese Ausgabe wegen des Estrangela-Duktus einen unvokalisierten, grammatisch nicht in alle Einzelheiten festgelegten Text. Die C. von 1985 liefert die grammatischen Bestimmungen implizit nach, doch sind diese vom Bezugstext her nicht zu kontrollieren (und wären es auch in vielen Fällen von den benutzten Manuskripten her nicht). Auch der Key to the Peshitta Gospels, vol. I: alaph­dalath, Leiden 1991, von Terry C. Falla ist keine eigentliche Konkordanz. Das deshalb noch ausstehende definitive Resultat einer neutestamentlichen Peschittakonkordanz dürfte nun in der C. von K. erreicht sein. Denn sie bietet nicht nur Vollständigkeit, Kontextzeilen, grammatische Analysen und Statistisches zum Wortschatz (bis in die einzelnen grammatischen Formen hinein), sondern geht auch methodisch den richtigen Weg, indem sie den von der British and Foreign Bible Society (B.F.B.S.) seit 1920 verbreiteten Text zugrundelegt. Dieser voll vokalisierte Text im Serta-Duktus bietet die grammatische Eindeutigkeit, die für eine Konkordanz benötigt wird und als "Mehrheitstext" auch eine hinreichende Zuverlässigkeit.

Die C. umfaßt 6 Quartobände mit durchschnittlich 774 Seiten (insgesamt 4640). Bd I-IV (Seite 1-3138) bieten den Hauptteil, den Bd. V-VI mit Appendices entlasten. Bd. V Appendices I: 1. Proper nouns, 2. high frequency entries; Bd. VI Appendices II: 3. Forts. der high frequency entries, 4. English-Syriac index, 5. i>index of Greek words, 6. nominal lexical order (= Darlegung der Ordnungsprinzipien für den Nominalteil eines C.-Artikels), 7. alphabetical key. Abschließend ein Kolophon im Stile syrischer Mss. Da K. der Syrisch-Orthodoxen Kirche angehört, beginnt das Werk mit dem Grußwort des Patriarchen Ignatius Zakka I. Iwas (Damaskus). Ihm folgt ein kurzes Vorwort des Oxforder Orientalisten S. P. Brock, dessen Schüler K. ist, das den Leser auf die doppelte akademische Qualifikation des Vf.s als Orientalist und Computerwissenschaftler hinweist. In der Tat scheint es dieser glücklichen Kombination bedurft zu haben, um innerhalb von nur etwas mehr als zwei Jahren (Arbeitsbeginn war Okt. 1990!) ein so gewaltiges Konkordanzwerk zum Abschluß zu bringen.

Diese erstaunlich schnelle Erstellung der C. hat die (von K. teils übernommene, teils weiterentwickelte) SEDRA-Database (= Syriac Electronic Data Retrieval Archive) ermöglicht, die sowohl den Text wie auch die dazugehörige linguistische Information enthält.

"The main database schema of this system is called SEDRA. It gives linguistic information on roots and words transparent to any text. An extension to SEDRA is the New Testament database, called SEDRA-NT which consists, currently, of the Sinaiticus, Curetonianus and Peshitta texts; the latter is according to the British and Foreign Bible Society’s edition and was used to generate the current Concordance" (p. XIII).

Doch darf der Einsatz des Computers nicht über die immense Arbeitsleistung hinwegtäuschen, die in der C. steckt. Denn die Database mußte zunächst vorbereitet werden: der gesamte Text der B.F.B.S.-Edition (mit Vokalisation und allen Zusatzzeichen) war zu schreiben, dazu die grammatischen Analysen vorzunehmen und der Database zuzuführen (in diesen Vorarbeiten liegt die unvermeidbare menschliche Schwachstelle). Auch die Anfertigung der syrischen Zeichensätze, die Programmierung des Gan-zen, die Herstellung des Layouts und schließlich die Anfertigung der Druckvorlagen für den Verlag (mit Laserprinter) lag ganz bei K. Dank dieser Mühe bietet die C. ein angenehmes Erscheinungsbild (es ist kein steriles Computermachwerk!), das von der vertrauten Sert.a-Type der BFBS-Edition beherrscht wird, daneben finden die vom CSCO her bekannte Estrangela-Type sowie die ostsyrische Type der Bedjan-Editionen Verwendung.

Ein besonderes Anliegen von K. ist es, die Verwendung der C. auch orientalischen Benutzern zu ermöglichen. Zu diesem Zweck ist der Introduction eine Übersetzung ins Altsyrische (ktobonoyo) beigegeben, ebenso den grammatischen Termini im Kopfteil eines jeden Artikels, was auch für abendländische Benutzer nützlich ist.

Die Introduction informiert sehr gründlich über die Textgrundlage der C. Sie führt dem Benutzer die Besonderheit der BFBS-Edition vor Augen, die für die kleinen Kath. Briefe und die Apokalypse (die im Kanon der Peschitta fehlen) die von J. Gwynn (als Philoxeniana) edierten Texte bietet, die ca. ein Jh. nach der Peschitta entstanden sein dürften. Um dem Benutzer das Wissen um diesen Textwechsel wachzuhalten, sind die Stellenangaben aus diesen Schriften mit dem Zusatz "Ph" versehen.

Mit wünschenswerter Genauigkeit trägt K. auch der Tatsache Rechnung, daß einige wenige Textpartien im Kanon der Peschitta zwar fehlen (z. B. die historia adulterae Joh 7,53-8,11), in der BFBS-Edition aus Gründen der Vollständigkeit jedoch in [ ] zugefügt werden. Entsprechend sind die Stellenangaben aus diesen Textpartien ebenfalls in [ ] gesetzt (Stichproben zeigen, daß diese Klammern gelegentlich fehlen, z. B. s. v. haikla Joh 8,2 [Bd. II/770]; gawra Joh 8,3.4 [Bd. I/600-601]; gehan Joh 8,6.8 [Bd. I/595]).

Den größten Teil der Introduction nimmt die präzise Erklärung des Konkordanzaufbaus ein (organisation of entries). Er sei hier in seinen Grundzügen nachgezeichnet. Die Anordnung der Konkordanzartikel erfolgt selbstverständlich nach Wurzeln. Hierin folgt K. den großen Lexika von Payne Smith (Thesaurus Syriacus) und C. Brockelmann (Lexicon syriacum 21928), an denen er sich orientiert hat, "but modified in a few places" (XV). So folgt er nicht dem sprachwissenschaftlichen Rigorismus Brockelmanns, sondern trägt dort, wo der Grundstamm nicht gebräuchlich ist, auch abstrakte Wurzeln in die Kopfzeile der Artikel ein, natürlich in runde Klammern gefaßt. Bei Wurzeln mediae infirmae wird mitgeteilt, ob mediae w oder j, entsprechend sind sie eingeordnet, z. B. sm (sjm) Bd. III/1990. K. weitet nun die "Verwurzelung" ins Prinzipielle (weil die Lo-gik des Computers dieses erfordert), indem er jedem Artikel eine Wurzel voranstellt und auch die griechischen Lehnwörter in dieses Abstraktionsverfahren einbezieht: nach Streichung aller matres lectionis werden die verbleibenden Konsonanten als Wurzel behandelt und entsprechend eingeordnet (und in [ ] gefaßt), z. B. epitropos [apt.rp], gefolgt von opsonia [apsn] Bd. I/338.

Auch bei der Behandlung homophoner Wurzeln steht der praktische Aspekt im Vordergrund. Wie Brockelmann verzeichnet K. sie getrennt und zählt sie mit römischen Ziffern. Doch wandelt sich bei ihm die sprachwissenschaftliche Differenzierung homophoner Wurzeln zu einer rein numerischen Differenzierung homographer Wurzeln, so wie er sie in der Kopfzeile der Artikel festgelegt hat. So ist mlI bei K. speak, [mlII] die von ihm abstrahierte Wurzel zu mila = mile (Roman): Bd. III/1642 bzw. 1668. ­ mnI = from, [mnII] = men, mnIII = who, mnIV = what, (mnV) = mennta (hair): Bd. III/1699-1701. ­ ghnI = bow, stoop down, (ghnII) = Gehenna: Bd. I/595. ­ (Bd. III/2359 prcI 2Tim 4,14 muß unter prcII gebucht werden). Dieses Verfahren ist nur durch die Rücksicht auf den Computer verständlich. Doch die Differenzierung homophoner Wurzeln ist ja unbeschadet inbegriffen, die homographe Differenzierung kommt als erweiterte Verwendung der römischen Ziffern hinzu. Ist die Ambivalenz dieser Ziffern und ihre primär praktische Abzweckung erkannt, so kann das von K. gewählte Verfahren akzeptiert werden, zumal der an Brockelmanns Lexicon geschulte Benutzer dadurch bei der Handhabung der C. keine Nachteile hat.

Jeder Artikel beginnt mit dem Wurzeleintrag als Überschrift (root entry), ihm folgt ein lexical entry mit dem Stichwort, seiner lexikalischen Kategorie (noun, adjective etc. mit den entsprechenden Termini der syrischen Grammatiker), der englischen Wortbedeutung und der Gesamtsumme seines Vorkommens. Die weitere Gliederung orientiert sich am Thesaurus Syriacus, indem ein erster Block sämtliche Verbalformen behandelt (strukturiert nach Stammformen, Tempora, Personae ­ Genera ­ Numeri, präfigierte Formen, suffigierte Formen), dann erst ein zweiter Block die Nominalformen (nach Stammform, Status, Genera-Numeri, Nomina mit Präfixen, Nomina mit Suffixen strukturiert).

Die Gliederungstruktur auch längerer Artikel bleibt durch den Einsatz von Icons (am rechten Rand) transparent, die den Wechsel der Stammform, Tempora etc. anzeigen, diese auch explizit benennen und zudem die jeweilige Teilsumme des Stichwortes nennen. Am linken Rand befinden sich die Stellenangaben, eine breite Mittelkolumne bietet die Kontextzeile (stets nur eine Zeile, offenbar mechanisch und deshalb nicht immer sinnvoll begrenzt), innerhalb derer das Stichwort durch einen Rahmen hervorgehoben ist. Jeder Artikel schließt mit der Summierung des Stichwortes getrennt nach den einzelnen Büchern des NTs.

Bei dem gewaltigen Umfang der C. ist man dankbar für die Entlastung ihres Hauptteiles durch die Appendices, deren größter Teil die high frequency entries ausmachen. Vom Hauptteil wird hierbei auf die Appendices verwiesen, so daß durch den Verweis auch diese Wörter im Hauptteil präsent sind. Von besonderem Nutzen ist der alphabetical key, der alle Nominalformen anführt und die jeweilige Wurzel nennt, unter der ein Wort zu finden ist. Dieser key gibt zugleich einen Überblick über die in der C. erfolgten abstrakten Wurzelbildungen sowie über die jeweilige Anzahl homophoner/homographer Wurzeln. Doch wird der Benutzer die Hilfestellung dieses key kaum benötigen. Denn die Organisationsprinzipien der C. sind nicht nur präzise erklärt, sie kommen auch den Erwartungen des Benutzers entgegen. So hat man nur mit dem großen Format der C. und der Weitläufigkeit mancher Artikel gelegentlich Mühe, nimmt diese für die gebotene umfassende Information aber gerne in Kauf. Bedenkt man, welche Möglichkeiten der Forschung diese C. dem Sprachwissenschaftler, Syrologen und Orientalisten eröffnet, so hat S. P. Brock zweifellos Recht, wenn er das Werk im Vorwort als "landmark in the history of Syriac studies" bezeichnet.