Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Dezember/1997

Spalte:

1117 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Amadi-Azuogu, Chinedu Adolphus

Titel/Untertitel:

Paul and the Law in the Arguments of Galatians. A Rhetorical and Exegetical Analysis of Galatians 2,14–6,2.

Verlag:

Weinheim: Beltz Athenäum 1996. 370 S. gr.8° = Bonner Biblische Beiträge, 104. Geb. DM 98,­. ISBN 3-89547-104-06.

Rezensent:

Hans Dieter Betz

Beim vorliegenden Werk handelt es sich um eine Doktordissertation eines nigerianischen Theologen, die, betreut vor allem von Helmut Merklein, 1995 von der Katholisch-theologischen Fakultät in Bonn angenommen wurde. In unserer oft multikulturell genannten Zeit ist diese Dissertation ein bemerkenswertes Zeugnis und Beispiel für damit gegebene weite Wege des Verstehens durch die Kulturen und Sprachen. Einer offenbar distinguierten Familie entstammend, führte der Weg des Vf.s über eine katholische Missionsschule, den Missionsorden der Claretiner und ein theologisches Seminar in Nigeria, das Päpstliche Bibelinstitut in Rom und schließlich zur Universität Bonn, wo er seine theologische und exegetische Ausbildung in der deutschen Sprache bewältigte, seine Dissertation jedoch auf Englisch verfaßte. Mit seiner Dissertation konnte er dann nach dieser langen Wanderung durch die Kulturen und Sprachen den Beweis dafür vorlegen, daß er sich in die schwierigen und umstrittenen, aber doch theologisch entscheidenden Lehren des Apostels Paulus mit großem Fleiß, scharfem Blick und eigenem Urteil einzuarbeiten vermochte. Bemerkenswert ist auch die wichtige Rolle, die der Vf. der rhetorischen Analyse des Galaterbriefes, wie sie in der gegenwärtigen neutestamentlichen Wissenschaft diskutiert wird, zuerkennt (19-37). Eine Mittlerrolle hat ja, wie wir vielleicht zu wenig beachten, die Rhetorik schon in der Antike gespielt, wo die lateinisch geschriebenen diesbezüglichen Handbücher eine Brücke zwischen der griechischen und römischen Sprach- und Denkwelt bildeten.

Wie der Titel des Buches anzeigt, beschränkt sich der Vf. auf das Gesetzesverständnis des Paulus in Galater 2,14-6,2. Nach einem auf die Methodik angelegten Einleitungskapitel werden in Kapitel 2-11 die theologischen Hauptthemen im Gespräch mit der weitverzweigten Sekundärliteratur durchgearbeitet.

Der Vf. sieht richtig, daß die Gesetzesproblematik von Paulus in seinem Bericht über den Zusammenstoß mit Petrus in Antiochia (Kap. 2; Gal 2,11-14) und der darauf aufbauenden propositio (Kap. 3; Gal 2,15-21) auf den Tisch gelegt wird. Von Kap. 4 an nimmt er sich dann die probatio vor, die er in Gal 3,1-5,12 vorliegen sieht. Hier werden behandelt: Die Weissagungen an Abraham und die Frage nach Abrahams Rechtfertigung aus dem Glauben (Kap. 4; Gal 3,1-9), der Tod Christi und das Gesetz (Kap. 5; Gal 3,10-14), Gesetz, Verheißung und Bund (Kap. 6; Gal 3,15-18), die Rolle des Gesetzes in der Heilsgeschichte (Kap. 7; Gal 3,19-25), die christologische Zeit ("The Christological Age"; Kap. 8; Gal. 3,26-4,7), Hagar und Sara in der paulinischen Polemik (Kap. 9; Gal 4,21-5,1), sowie der Abschluß der probatio (Kap. 10; Gal 5,2-12). Kap. 11 ist dann der peroratio gewidmet, die Gal 5,13-15 und 6,1-2) umfassen soll. Mit einer allgemeinen Zusammenfassung und einem umfangreichen Literaturverzeichnis schließt der Band ab.

Auch wenn man den Hauptthesen im Blick auf Gesetz und Rechtfertigung aus dem Glauben zustimmen kann, lassen sich ernsthafte Mängel in der Darstellung nicht übersehen. So beachtet der Vf. nicht, daß theologische Argumentation und rhetorische Analyse übereinstimmen müssen, um überzeugend zu sein. Darum hätte in seiner Darstellung der Anfang des Briefes (Gal 1,1-2,10) nicht fehlen dürfen. Es geht doch schon bei der Jerusalemer Konferenz (Gal. 2,1-10), jedenfalls implizit, um die Gesetzes- und Rechtfertigungsproblematik. Noch problematischer aber wird es im Blick auf den Schluß des Briefes. Offenbar kann der Vf. mit der Paränese wenig anfangen (vgl. 295-296). Die rhetorische Analyse wird fallengelassen, wenn er ohne weitere Begründung Gal 5,2-12 für den Abschluß der probatio erklärt (295-316), obwohl in diesem Abschnitt keine weiteren Beweise, sondern Warnungen in imperativischer Form enthalten sind. Ebenso willkürlich ist es, wenn die Verse Gal 5,13-15 und 6,1-2 aus dem Zusammenhang gerissen und kurzweg als peroratio deklariert werden. Der Vf. scheint zu übersehen, daß die Zusammenhänge von Gesetz und ethischer Paränese in Gal 5,13-6,10 nach einer gründlichen Erörterung verlangen. So bleibt die Arbeit leider ein Torso.

Es sei nicht verschwiegen, daß das Buch durch drucktechnische Mängel und sprachliche Irrtümer entstellt ist, die sich von einem Lektor leicht hätten beseitigen lassen.