Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

März/2007

Spalte:

380-382

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Titel/Untertitel:

Religionspädagogische Bibliografie 1933–­1945. Inhalt u. Bearbeitung: A. Rinnen u. F. Rickers (Universität Duisburg-Essen, Evangelische Theologie).

Verlag:

Münster: Comenius-Institut 1999. CD-ROM. EUR 15,00.

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Religionspädagogische Bibliografie 1900–­1932. Inhalt u. Bearbeitung: H. Appelt, S. Beinlich u. A. Maaßen (Universität Duisburg-Essen, Evangelische Theologie). Münster: Comenius-Institut 2006. CD-ROM. EUR 25,00.

Zeitschriftenbeiträge, Lexikonartikel, Rezensionen, Unterrichtsentwürfe, kurz, die »kleinen« Gattungen des pädagogischen Wissenschaftsdiskurses finden seit einigen Jahren eine erhöhte Aufmerksamkeit in der historischen Bildungsforschung. Hinter dieser neuen Aufmerksamkeit steht die Einsicht, dass nicht einige wenige Klassiker mit ihren Monographien die Geschichte der Pädagogik ausmachen, sondern diese Geschichte sich als ein vielstimmiger Diskurs auf unterschiedlichen publizistischen Ebenen darstellt. Das derzeit größte und wohl bekannteste Hilfsmittel, das diesem Forschungstrend Rechnung trägt, ist die unter dem Titel »Scripta Paedagogica Online« erscheinende »Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung« des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung. Hier können nicht nur pädagogische Monographien, Lexikonartikel und Aufsätze aus Zeitschriften und Sammelwerken recherchiert und als Kopie bestellt werden. Für mehr als 130 Zeitschriften und 24 Nachschlagewerke aus den Er scheinungsjahren 1760­1944 stehen die Artikel vollständig als Bilddatei zum Lesen, Speichern und Ausdrucken kostenlos und online zur Verfügung.

Auch in der historischen Religionspädagogik finden Fachzeitschriften, insbesondere die Publikationsorgane der Religionslehrerverbände derzeit eine erhöhte Aufmerksamkeit, um die Geschichte dieser Disziplin detailreicher darstellen zu können. Besonders aufschlussreich ist dabei die Gründungsphase der Religionspädagogik als eigenständiger wissenschaftlicher Disziplin zwischen 1900 und 1932, da hier viele Fragen und Konflikte aufbrechen, die die Religionspädagogik bis heute beschäftigen. In diesem Zusammenhang ist die Herausgabe der CD-ROM »Religionspädagogische Bibliografie 1900­1932«, die die Inhalte von Zeitschriften und Sammelbänden, aber auch amtliche Verlautbarungen und rechtliche Entscheidungen für diese Jahre zu erfassen sucht, sehr verdienstvoll. Die Datenbank ist Teil des Projekts »Religionspädagogik der Zeitgeschichte, Zeitraum 1900­1932, in bibliographischer, quellenmäßiger und biographischer Erschließung«, das Folkert Rickers am Fachgebiet Evangelische Theologie der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg von 1999 bis 2002 durchführte. Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt stellt zweifellos ein wichtiges Hilfsmittel dar und wird die Quellenerschließung für diese Zeit technisch wesentlich vereinfachen. Die Datenbank um fasst nach Auskunft der Herausgeber 13529 Titel aus allen Bereichen der Religionspädagogik des genannten Zeitraums.

Im Vergleich zu den Möglichkeiten der »Scripta Paedagogica Online« fallen allerdings zunächst einige technische Verbesserungsmöglichkeiten im Be reich der Recherche auf: Die Suchmaske, die der ebenfalls vom Comenius-Institut herausgegebenen Da tenbank »Religionspädagogik ­ Kirchliche Bildungsarbeit ­ Erziehungswissenschaft« entspricht, lässt keine Einschränkung des Untersuchungszeitraumes zu. Während die Online-Bibliothek die Möglichkeit eröffnet, die Zeitschrifteninhalte für jedes Heft nachzuvollziehen, können Autoren, die z. B. zeitgleich in den »Monatsblättern für den evangelischen Religionsunterricht« publiziert haben, in der Comeniusdatenbank nicht ermittelt werden. Die Suchmaske bietet zwar die Möglichkeit, unter der Kategorie »Quellen« gezielt in Zeitschriften, Reihen etc. zu suchen. Leider sind die hier aufgeführten Quellen aber nur in Teilen bibliographisch erschlossen, ohne dass Auswahlkriterien genannt werden. So wurde z. B. aus dem 14. Jahrgang der »Zeitschrift für den evangelischen Religionsunterricht« (1902/03) der Aufsatz »Vorschläge zur Abgrenzung des Lehrstoffes im Religionsunterricht der Vorschulen höherer Lehranstalten« von Gotthold Boetticher aufgenommen, aber der Beitrag »Zur Erklärung deutscher Kirchenlieder« desselben Autors fehlt. Von den insgesamt 25 Aufsätzen dieses Jahrgangs fehlen 12; die Einschränkung mag berechtigt sein, die Auswahlkriterien bleiben jedoch unklar.

Andere Zeitschriften, die zwar keine religionspädagogischen Fachpublikationen darstellen, in denen aber Religionspädagogen veröffentlicht haben, sind dankenswerterweise ebenfalls erfasst. So finden sich unter der Recherchekategorie »Quellen« die ab 1924 unter dem Titel »Eckart« erscheinenden Blätter für evangelische Geisteskultur. Allerdings ist beispielsweise von den 13 Beiträgen, die Gerhard Bohne in dieser Zeitschrift bis 1934 veröffentlicht hat, keiner in der Datenbank aufgeführt, ohne dass auch hier die Auswahlkriterien transparent gemacht werden. Hier wäre das »Suchglück«, auf das die Herausgeber bei ihren Bemerkungen zur Benutzung der Bibliographie hinweisen, vermeidbar gewesen. Auch der für die Rekonstruktion religionspädagogischer Diskurse interessante nä here thematische Kontext, in dem ein Beitrag in einer Zeitschrift steht, lässt sich mit der Datenbank nicht herstellen. Ausgesprochen hilfreich hingegen sind in diesem Zusammenhang die Angaben zu Rezensionen, die zu größeren Monographien erschienen sind.

Sucht man gezielt nach einzelnen Autoren, fällt die für den Be nutzer un systematisch zu nennende Auswahl besonders auf. Von den insgesamt 46 Veröffentlichungen, die z. B. Gerhard Bohne bis einschließlich 1932 vorgelegt hat, sind nur fünf Artikel und drei Monographien (darunter die beiden Auflagen von »Das Wort Gottes und der Unterricht«) aufgeführt. Auch in diesem Fall sind die unter »Quellen« genannten Zeitschriften oder Sammelbände nach nicht nachvollziehbaren Auswahlkriterien erfasst.

Es ist ein Anliegen der Herausgeber, Beiträge zum Religionsunterricht und zur Religionspädagogik beider großen Konfessionen zu berücksichtigen, um eine konfessionell vergleichende Perspektive zu ermöglichen. Leider fehlen bei zahlreichen Datensätzen die An gaben zur Konfession, selbst namhafte Autoren wie Otto Eberhard, Friedrich Niebergall oder Heinrich Weinel werden unter »nicht ermittelbar« geführt. Hier wie auch im Fall der Vornamen wäre die Vereinheitlichung wünschenswert, da bei einigen Titeln dieser Autoren die Konfessionszugehörigkeit zutreffend aufgeführt ist.

Ärgerlich sind viele kleine Fehler, die die Suche nach einem bestimmten Autor aussichtslos machen können. So finden sich etwa Beiträge des Geraer Professors W. Vollert in der »Zeitschrift für den evangelischen Religionsunterricht« unter »Bollert« und »Vollert« ­ hier wurden offensichtlich die in Frakturschrift sich ähnelnden Buchstaben »B« und »V« verwechselt.

Der Umgang mit den vorgegebenen Suchbegriffen erfordert wie bei jeder Datenbank eine gewisse Einübung in die Eigenheiten des Systems. So findet sich etwa das Schlagwort ðSchulkampfÐ nicht als einschlägige Bezeichnung für die in der Weimarer Republik zwischen den Parteien, Kirchen, Lehrer- und Elternverbänden geführten Auseinandersetzungen um den konfessionellen Charakter der Schulen, die Rolle des Religionsunterrichts und um Fragen des Elternrechts. Statt dessen ist der Begriff ðSchulstreitÐ, der sich im engeren Sinn auf die in Bremen Anfang des 20. Jh.s geführten Debatten um einen Biblischen Geschichtsunterricht bezieht, einzugeben, um zu entsprechenden bibliographischen Angaben hinzufinden. Wer das Wort ðSchulkampfÐ jedoch als Titelschlagwort eingibt, wird fündig.

Die CD-ROM bietet dem fachlich Interessierten damit viele ðversteckteÐ Funde an. Gleichwohl ist zu empfehlen, dass in einer neuen Version die genannten kleinen Mängel ausgebessert und vor allem die Auswahlkriterien transparent gemacht werden, auch damit der Nutzer weiß, was er nicht finden kann.

Die Datenbank ist zwar für den wissenschaftlichen ðUserÐ noch kein Ersatz für ðklassischeÐ, d. h. gedruckte Bibliographien, wie sie etwa in zahlreichen Festschriften oder dem »Biographisch-bibliographischen Kirchenlexikon« vorliegen. Sie erleichtert aber die Recherche vor allem für Autoren aus der zweiten Reihe und wird damit die Quellenerschließung für diese Zeit anregen. Lang fris tig wird sich das digitale Medium auch in der Religionspädagogik gegen über gedruckten Bibliographien durchsetzen; die CD-ROM ist preisgünstig, be schleunigt die Suche und lässt bei einer wünschenswerten Neuauflage Korrekturen und Ergänzungen zu. Allein die Tatsache, dass die damaligen Autoren die von ihnen zitierte Literatur häufig mit unvollständigen bibliographischen Angaben versehen haben ­ auf die Nennung der Vornamen zitierter Autoren wurde weitgehend verzichtet ­ wird die »Religionspädagogische Bib liografie 1900­1932« zu einem wichtigen Hilfsmittel machen und die zeitaufwändige, häufig auch enttäuschende Recherche vereinfachen. Gewissheit lässt sich oh nehin erst durch eigenes Quellenstudium gewinnen, von dem die Herausgeber ja gerade nicht abhalten, sondern zu dem sie ermuntern wollen: Das ist ihnen zweifellos gelungen, denn die Datenbank lädt zum Stöbern und Weiterarbeiten ein! Neben der schon bestehenden Datenbank »Religionspädagogische Bibliografie 1933 bis 1945« wäre zudem eine Fortsetzung über die Zeit davor und danach ein großer Gewinn für die Religionspädagogik, die im Vergleich zur allgemeinen historischen Bildungsforschung noch in den Kinderschuhen steckt.

Ein Ausbau der »Scripta Paedagogica Online« mit religionspädagogischer Literatur oder eine eigene Internetplattform mit digitalisierten Artikeln zu mindest der großen katechetischen und religionspädagogischen Reihen ist zwar noch Zukunftsmusik, er scheint aber zunehmend als eine Notwendigkeit, um den wissenschaftlichen Diskurs nicht nur in der Vergangenheit re konstruieren, sondern auch in der Gegenwart auf den unterschiedlichen publizistischen Ebenen fortsetzen zu können.