Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

April/2007

Spalte:

445-447

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Nicolai de Cusa

Titel/Untertitel:

Opera omnia. XIX. Sermones IV (1455–1463). Fasc. 7: Sermones CCLXXXIII–CCXCIII. Hrsg. v. S. Donati u. H. D. Riemann.

Verlag:

Hamburg: Meiner 2005. III. S. 613–691. 4°. Kart. EUR 128,00. ISBN 3-7873-1736-8.

Rezensent:

Karl-Hermann Kandler

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Nicolai de Cusa: Opera omnia. XIX. Sermones IV (1455–1463). Fasc. 5: Sermones CCLVIII–CCLXVII. Hrsg. v. H. D. Riemann, H. Schwaetzer u. F.-B. Stammkötter. Hamburg: Meiner 2005. III, S. 377–465. 4°. Kart. EUR 128,00. ISBN 3-7873-1715-5.
Nicolai de Cusa: Opera omnia, XIX. Sermones IV (1455–1463). Fasc. 6: Sermones CCLXVIII–CCLXXXII. Hrsg. v. H. D. Riemann. Hamburg: Meiner 2005. III, S. 467–612. 4°. Kart. EUR 198,00 ISBN 3-7873-1735-X.


In diesen drei Faszikeln werden die letzten 36 Predigten ediert, die Nikolaus von Kues gehalten hat. Von ihnen hat er 26 in Brixen gehalten (zwischen dem 25.12.1456 und dem 16.6.1457), zwei in Neustift, eine in Innsbruck, eine in Bruneck (alle 1457), vier in Rom (alle 1459) und dann – nach einer vierjährigen Pause – die letzte am 5.6.1463 in der Benediktinerabtei Monte Oliveto (bei Siena) zur Einkleidung eines Novizen.
Nikolaus von Kues hat von Sommer 1456 bis Mai 1457 an (fast) allen Sonn- und Feiertagen in seiner Kathedrale in Brixen gepredigt. Dies wird wohl von keinem Bischof seiner Zeit sonst berichtet werden können. Die meisten Predigten hat er über einen Bibeltext aus den Lesungen des Sonntags gehalten, manche aber auch über liturgische Stücke, so am 2.2.1457 (Mariae Reinigung) über das Graduale der Tagesmesse, am 25.3. (Mariae Verkündigung) über Num 20 als Teil des Offiziums des Tages, am Karfreitag über »crucifixus etiam pro nobis« aus dem Credo, zu Ostern ebenso über »descendit ad inferna, tertia die resurrexit«, zu Pfingsten über »Alleluja. Veni, Sancte Spiritus, reple …«, zu Fronleichnam (»in die sacramenti«) über den Hymnus »Pange, lingua …« des Thomas von Aquin usw. Es fällt also auf, dass er an Feiertagen über liturgische Stücke, an den Sonntagen über eine Tageslesung gepredigt hat. Nur in Ausnahmefällen ist kein Predigttext ausdrücklich angegeben.
Nikolaus von Kues nimmt in den meisten Fällen die Texte zum Ausgangspunkt, um seine theologischen Aussagen philosophisch zu reflektieren. Doch weiß er sich dabei auch dem Bibeltext verpflichtet (z. B. Sermo CCLXXI, n. 2, Z. 1: »Discurramus primo quam breviter evangelium«). So entwickelt er in Sermo CCLVIII »eine philosophische Lehre von vier Stufen der Schau«, in Sermo CCLIX predigt er über die »Koinzidenz von Gott und Mensch in Jesus Chris­tus«, in Sermo CCLXVII beschäftigt er sich unter starker Berück­sichtigung der philosophischen und theologischen Tradition mit der Frage, wie das Himmelreich zu erlangen ist. Er kann aber auch drastisch werden und Gemeindeglieder rügen, die die Predigt schwänzen: »Unde qui non vult audire verbum Dei, contemnere videtur. Contemptus est peccatum mortale« usw. (n. 2). In Sermo CCLXIV spricht er über die Wirksamkeit der Predigt in Anlehnung an Bernhardin von Siena. In Sermo CCLXVIII betont Nikolaus von Kues die Heilsnotwendigkeit der göttlichen Gnade und hebt die Notwendigkeit des Glaubens hervor. Einige der Predigten befassen sich mit der christlichen Lebensführung, wobei dem cusanischen Gedanken der »christiformitas« eine besondere Bedeutung zu­kommt (Sermo CCLXXI); dabei betont er den »Geist des Glaubens, der dem Christen gegeben wurde in der Taufe« (n. 3). In Sermo CCLXXII ist vom Glauben die Rede, der ohne Verdienst das Heil erwirkt (»Deinde habemus quomodo fide sine merito impetratur salus«, n. 8). Sermo CCLXXXXII hat die Trinitätslehre zum Thema. In der Pfingstpredigt spricht Nikolaus von Kues vom Heiligen Geist ausgehend vom Ternar unitas – aequalitas – nexus. Die kurze Fronleichnamspredigt (CCLXXXVI) erläutert zwar die Transsubstantiation, bestätigt aber die vom Rezensenten an anderer Stelle gemachte Beobachtung, dass Nikolaus von Kues diese mehr im Sinne einer spiritual-personalen Abendmahlslehre deutet (»Unde cum sit sacramentum in se continens Christum, qui est thesaurus bonitatis et omnis desiderii, recte eucharistia dicitur«, n. 1; »substantia panis transit in substantiam Filii«, n. 5; vgl. K.-H. Kandler: Cibus mentis. Nikolaus von Kues über das heilige Abendmahl, KuD 2004, 184–200). In der Predigt zum Tage Peter und Paul (CCLXXXVII) betont Nikolaus von Kues, dass die Kirche gegründet ist auf dem Bekenntnis des Petrus, der das Haupt des mystischen Leibes Chris­ti ist und die ganze Vollmacht Christi hat; er baut die Kirche auf dem Wort Christi auf und leitet sie so (n. 4). Die römischen Predigten wurden bei Besuchen in drei der Hauptkirchen gehalten; ihr Thema ist die Reform der Kirche, wie sie ausführlich Nikolaus von Kues in seiner Reformatio generalis gefordert hat. Die letzte Predigt erläutert die hohen Pflichten eines Mönches.
Die drei Apparate sind – wie immer – sehr gewissenhaft erarbeitet und geben reichlich Auskunft über textkritische Fragen bzw. Zitate aus der Tradition und Parallelstellen zu anderen cusanischen Texten. – Die letzten Faszikel dieser großen Edition (Band XVII/5 und 6). und die Indizes zu den Bänden XVII, XVIII und XIX sind für 2006 bzw. 2007 angezeigt.
Die kurzen Ausführungen dieser Rezension haben hoffentlich gezeigt, wie vielfältig die Themen und Gedanken sind, die Nikolaus von Kues in seinen Predigten anschneidet. Es muss immer wiederholt werden, dass ohne ihre Kenntnis die (Philosophie und) Theologie dieses großen Denkers nicht recht dargestellt und gewürdigt werden kann. Den Herausgebern ist für ihre große Mühe und Gewissenhaftigkeit zu danken.