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Ausgabe:

Januar/1998

Spalte:

93 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Kühn, Ulrich

Titel/Untertitel:

Die eine Kirche als Ort der Theologie. Ausgewählte Aufsätze. Hrsg. von H. Franke, Th. Krobath, M. G. Petzoldt u. W. Pfüller.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1997. XII, 293 S. 8°. Kart. DM 58,­. ISBN 3-525-58105-X.

Rezensent:

Gunther Wenz

Daß er die verbindliche Wahrheit, von der er sich in Dienst genommen weiß, stets verständigungsorientiert und dialogoffen bezeugt habe, wurde Ulrich Kühn anläßlich seines 60. Geburtstags von Kollegen und Schülern in einer Festschrift attestiert: "Veritas et communicatio. Ökumenische Theologie auf der Suche nach einem verbindlichen Zeugnis" war sie betitelt (Göttingen 1992). Fünf Jahre später liefern die Festschriftherausgeber den authentischen Beweis für die Richtigkeit ihrer damaligen Titelthese; sie geben dem Jubilar aus Anlaß seines 65. Geburtstags selbst das Wort, indem sie ausgewählte Aufsätze aus seiner theologischen Produktion gesammelt edieren, wobei der Titel diesmal auf den Sitz im Leben von Kühns kommunikativem Wahrheitszeugnis verweist.

Die Beiträge sind unter drei Rubriken gegliedert: I. Theologie; II. Kirche und Ökumene; III. Sakramente. Die erste Rubrik enthält Aufsätze, die das Motto des Sammelbandes prinzipiell thematisieren: 1. Die Pluralität der Theologie und die Einheit des Glaubens; 2. Thomas von Aquin und die evangelische Theologie; 3. Die Kirche als Ort der Theologie; 4. Die ökumenische Verpflichtung der Dogmatik; 5. Grundprobleme einer Theologie der Religionen; 6. Die neuere soteriologische Diskussion in der lutherischen Tradition. Unter einer zweiten Rubrik sind Texte gesammelt, die deutlich machen, daß ökumenische Aufgeschlossenheit für eine Theologie, welche sich den genuinen Intentionen der Reformation verbunden weiß, niemals eine bloße Marginalie, sondern eine Wesensverpflichtung ist, insofern sich die innere Bestimmung reformatorischer Theologie nur im Dienst an der einen Kirche zu erfüllen vermag. Folgende Themen werden aufgegriffen: 7. Die theologische Bedeutung der empirischen Kirche; 8. Wie lehrt die Kirche heute verbindlich?; 9. Das reformatorische Proprium und die Ökumene; 10. Kirche unter dem rechtfertigenden Wort Gottes; 11. Gott und Gottesdienst; 12. Die Wirklichkeit unseres Glaubens und die sich wandelnde Gestalt der Kirche; 13. Bedingungen der Rezeption ökumenischer Dokumente. Theologische Überlegungen; 14. Papsttum und Petrusdienst. Evangelische Kritik und Möglichkeiten aus der Sicht reformatorischer Theologie. Die unter dem Stichwort "Sakramente" vereinten Studien der dritten Rubrik schließlich sind nicht nur relevant unter dem Aspekt einer konkreten ökumenischen Ekklesiologie, sie belegen zugleich, daß die Wurzeln der Theologie Kühns in der Gottesdienstgemeinschaft liegen, deren Grundstruktur unter folgenden Aspekten expliziert wird: 15. Die Taufe ­ Sakrament des Glaubens; 16. Das Abendmahl ­ Eucharistie der Gemeinde Jesu. Zum ekklesiologischen Ansatz des Abendmahlsverständnisses; 17. Versöhnung feiern. (Evangelische) Anmerkungen zum (katholischen) Sakrament der Buße; 18. Abendmahl und Opfer.

"Es ist ein großes Werk, das die Theologie, gerade weil ihr Ort die Kirche ist, zu treiben hat" (55), heißt es im dritten Beitrag der Aufsatzsammlung, welcher für den gesamten Band programmatische Bedeutung hat. Das ist deshalb der Fall, weil die Theologie nur dann zurecht eine Funktion der Kirche genannt werden kann, wenn die Kirche ihrerseits sich als eine Funktion ihres ekklesiologischen Begriffs versteht und verstehen läßt. Theologie und Kirche stehen daher nie in einem Verhältnis spannungsloser Indifferenz; ihr Verhältnis ist vielmehr dasjenige eines differenzierten Zusammenhangs. In Person und Werk Ulrich Kühns wird dieser differenzierte Zusammenhang von Kirche und Theologie exemplarisch vorstellig und zwar nicht zuletzt deshalb, weil Kühns kirchliche Theologie beispielhaft zeigt, daß reformatorische Konfessionalität und Bekenntnis zur Einheit der Kirche zusammengehören und sich wechselseitig fordern.