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Ausgabe:

Juni/2007

Spalte:

706 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Stevenson, Peter K., and Stephen I. Wright

Titel/Untertitel:

Preaching the Atone­ment.

Verlag:

London-New York: T & T Clark International (Continuum) 2005. XIV, 207 S. 8°. Kart. £ 14,99. ISBN 0-567-08999-1.

Rezensent:

Andrea Bieler

Mit diesem Band legen der baptistische Systematische Theologe Stevenson und der anglikanische Neutestamentler Wright einen Versuch vor, das kontrovers diskutierte Thema der Sühnopfertheologie für die Predigtpraxis fruchtbar zu machen. Beide Wissenschaftler wissen sich als Prediger der Homiletik verpflichtet; sie wollen dazu inspirieren, schwierigen Texten nicht auszuweichen. In der Einleitung benennen sie ihre Grundentscheidung, im homiletischen Prozess der Reflexion des bibischen Zeugnisses das erste Wort zu überlassen, auf die dann die Auseinandersetzung mit den diversen Gestalten der Tradition und der Kommunikation des Evangeliums in einem spezifischen kulturellen Kontext folgen soll (XI).
Das Buch enthält zehn Kapitel, die jeweils mit einer biblisch- theologischen Reflexion beginnen, auf die eine Predigt folgt. Die einzelnen Kapitel werden im Anschluss an die Predigt durch einen Kommentar abgeschlossen; in einigen Fällen sind Predigt und Kommentar miteinander verwoben. Unter folgenden Überschriften werden biblische Texte bearbeitet: Die Kosten der Treue und Verbindlichkeit eines Vaters: Gen 22,1–19, Ihre Ungerechtigkeit hinweg nehmen: Lev 16,15–22, Das Leiden des Gottesknechtes: Jes 52,13–53,12, Der gekreuzigte Gott: Mk 15,25–39, Vergebung, die vom Kreuz ausgeht: Lk 23,32–43, Das Wort wurde Fleisch: Joh 1,1–14, Was Gottes Gerechtigkeit bewirkt: Röm 3,21–26, Die Versöhnung der Welt: 2Kor 5,11–6,2, Der entscheidende Sieg, Kol 2,8–15, Das endgültige Opfer: Hebr 9,11–14.
Preaching the Atonement ist ein interessantes Beispiel dafür, wie Exegese und systematisch-theologische Reflexion in die Predigtvorbereitung eingebracht werden können. Die Vf. intendieren, dogmatische Sätze nicht einfach in biblische Texte hineinzulesen und so der narrativen und situationsbezogenen Qualität biblischer Sühnopfertheologie, wie sie sich in den Evangelien bzw. in der Brief­literatur des Neuen Testaments finden lässt, gerecht zu werden.
Was ich als Leserin dieses Buches vermisse, ist eine intensivere Bezugnahme auf die Kontroversen in der biblisch-theologischen und systematisch-theologischen Diskussion. So wird beispielsweise hilasterion in Röm 3,25 als »atoning sacrifice for sin« (117) in der Predigt übersetzt, während in der biblisch-theologischen Be­sinnung differenziertere Übersetzungen vorgestellt werden: a means of ex­piation oder the place of propitiation. Hätten die Vf. die gegenwärtige Debatte über die Verbindung des Wortes hilasterion mit dem hebräischen kapporet intensiver diskutiert, hätte zumindest aus exegetischer Sicht in Frage gestellt werden müssen, dass Paulus hier unmittelbar von Christus als dem Sühnopfer spricht und somit den direkten Vergleich zum kultischen Sündopfertier sucht.
Aus homiletischer Perspektive möchte ich anmerken, dass zu dem von den Verfassern intendierten interessanten Projekt, Fragmente einer narrativen Sühnopfertheologie in homiletischer Hinsicht vorzustellen, m. E. auch die Benennung des narrativen Kontextes der Hörerinnen und Hörer gehört, so dass sich in der Predigt wirklich lebendige Theologie ausdrücken kann (XIII).