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Ausgabe:

Juni/2007

Spalte:

677–679

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Feucht, Alexa

Titel/Untertitel:

Licht und Herrlichkeit. Dogmatische Studien zur Darstellung des Herrn.

Verlag:

Paderborn-München-Wien-Zürich: Schöningh 2006. 254 S. gr.8°. Kart. EUR 29,90. ISBN 978-3-506-72943-9.

Rezensent:

Christoph Schneider

Ausgehend von der Perikope Lk 2,22–40, präsentiert Alexa Feucht die Resultate ihrer theologischen Reflexionen zur »Darstellung Jesu im Tempel«, welche exegetische, historische, liturgische und systematische Elemente umfassen. Dieses dichte Netz wechsel­seitiger Bezüge erweist sich als äußerst fruchtbar. Es wird über­zeugend gezeigt, wie sich Kirchengeschichte, kirchliche Praxis und Sys­tematische Theologie gegenseitig beleuchten können. Die gewählte Perikope eignet sich auf Grund ihrer theologischen Dichte bestens für dieses Projekt.
Im ersten, exegetischen Teil werden die Einzelelemente der Perikope sowie deren alttestamentlichen Bezüge herausgearbeitet. Als zentrale theologische Einsicht kristallisiert sich hier heraus, dass die Weihe des Jesuskindes in Jerusalem keinen Loskauf der Erstgeburt beinhaltet – wie es alttestamentlichem Gesetz entsprechen würde. Das Jesuskind wird vielmehr dargestellt: »Jesus als der Sohn Gottes musste nicht losgekauft werden, sondern er wird vor Gott gebracht, ihm geweiht und in seinen Dienst gestellt« (27). Christus erfüllt und vollendet das Gesetz und seine Verheißung. Von dieser Grundeinsicht her wird die theologische Bedeutung der zentralen Personen in dieser Perikope geklärt (Maria, Simeon, Hanna). Gleichzeitig dient der Text auch als Ausgangspunkt für das Verständnis theologischer Ausdrücke (Alter und Neuer Bund, Of­fenbarung, Kreuzestod, etc.), welche im Laufe des Buches in immer wieder neuen Bezügen auftreten.
Der zweite Teil gibt einen Überblick über die theologische, lehramtliche und liturgische Wirkungsgeschichte der Darstellung des Herrn von der Antike bis in die Neuzeit. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Auslegungsgeschichte von den theologischen Fragen der jeweiligen Epochen geprägt. Gleiches kann von der Geschichte der liturgischen Feier gesagt werden. Sie beginnt im Osten im 4. Jh. und ist anfänglich klar christozentrisch geprägt. Nach dem Konzil von Trient steht jedoch Marias Gottesmutterschaft und Heilsmittlerschaft im Mittelpunkt. Das Fest erhält den Namen »Reinigung der seligen Jungfrau Maria«. Erst das Zweite Vatikanum betont erneut den christologischen Charakter des Festes, welches von nun an als »Darstellung des Herrn« gefeiert wird.
Die enge Verbindung zwischen Theologie und Liturgik wird deutlich herausgearbeitet im Hinblick auf die Stellung des Festes zwischen Weihnachten und Ostern. Zeitlich gesehen ist es abhängig vom Weihnachtsfest. Das heißt, das Kommen zum Tempel 40 Tage nach der Geburt und die Opferung der Erstgeburt sind von der Inkarnation her zu verstehen. Inhaltlich hingegen überwiegen die Bezüge zu Ostern. Auf der theologischen Ebene sind die soteriologischen Konsequenzen des Kreuzestodes zu erwähnen, wie Heiligung und Sündenvergebung, aber auch die Ankündigung des Leidens der Maria (»Schwertwort«). Liturgisch gesehen gibt es eine ganze Reihe von Elementen, welche den Bezug zu Ostern deutlich werden lassen. Die Lichterprozession etwa, welche seit dem 6. Jh. bezeugt ist, muss im Zusammenhang mit der christologischen Lichtermetaphorik verstanden werden (»Christus das Licht«). Weitere österliche Bezüge finden sich vor allem im römisch-germanischen Pontificale aus dem 10 .Jh. Neben christologischen Motiven, wie die Erinnerung an das Kreuz, die darauf gründende Eucharistiefeier, die Erleuchtung der Herzen und die Taufe, dominiert vor allem die Schöpfungstheologie. Hier muss betont werden, dass der Dank für Gottes Heilshandeln in Jesus Christus schon in den ältesten eucharistischen Gebeten der christlichen Kirche mit dem Dank für die »creatio ex nihilo« verbunden war. Der Dank für Schöpfung und Erlösung gehören untrennbar zusammen.
Im 3. Teil folgt eine systematische Entfaltung des exegetisch-his­torisch erarbeiteten Materials. Die zentralen Personen und Inhalte der Perikope werden im Dialog mit katholischen Theologen wie Rahner, Ratzinger und Schillebeeckx interpretiert. Diese Erörterungen setzen offenbarungstheologisch ein, gefolgt von dogmatischen Disziplinen wie Anthropologie, Mariologie, Christologie, Soteriologie, Pneumatologie, etc. Es ist allerdings fraglich, ob diese Reihenfolge in jeder Hinsicht glücklich gewählt ist. Die trinitarische Struktur der Perikope wird z. B. erst im 7. Unterkapitel und nur ganz knapp skizziert. Sie müsste jedoch als Zentrum des offenbarungs­theo­logischen Aspekts betrachtet werden. Hingegen bringt die Reichhaltigkeit der theologischen Diskussion, die immer konsequent auf die »Darstellung des Herrn« bezogen bleibt, die ökumenische Bedeutung dieses Festes klar zum Ausdruck. Dies wird dadurch bestätigt, dass diese Feier im liturgischen Zyklus der katholischen, evangelischen und der orthodoxen Kirche einen festen Platz gefunden hat.
Es gelingt F., den Leser an die theologische und liturgische Be­deutung des Festes der Darstellung des Herrn zu erinnern, das von Weihnachten her zu verstehen ist, aber bereits Kreuz, Auferstehung und das Heil der Welt antizipiert.