Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Mai/2007

Spalte:

507–509

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

J. H. Charles­worth and H. W. M. Rietz (Ass. Ed.) with J. M. Baumgarten, C. Claussen, D. A. Hume, J. B. F. Miller, L. Novakovic, S. Pfann, E. Qimron, and L. L. Johns

Titel/Untertitel:

The Dead Sea Scrolls. Hebrew, Aramaic, and Greek Texts with English Translations. Vol. 3 Damascus Document II, Some Works of the Torah, and Related Documents.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck; Louisville: Westminster John Knox Press 2006. XXVII, 304 S. 4°. Lw. EUR 109,00. ISBN 3-16-147423-6.

Rezensent:

Roland Bergmeier

Der dritte Band des Princeton-Projekts zu den Schriftrollen vom Toten Meer (= PTSDSSP; zu Bd. 1 s. A. Maurers detaillierte Besprechung in ThLZ 121 [1996], 34–37) bietet auf S. 1–185 »Damascus Document« (Baumgarten with Charlesworth, Novakovic, and Rietz) die Fragmente der acht Handschriften der Damaskusschrift aus Höhle 4, 4Q266–273 (4QDa–h nach der neueren alphabetischen Zuordnung; 1, Anm. 1). »Some Works of the Torah« (Qimron with Charlesworth, Hume, Miller, Pfann, and Rietz) wird auf S. 187–251 dargeboten nach den sechs sich überschneidenden fragmentarisch erhaltenen Handschriften 4Q394–4Q399 (= 4QMMTa–f) und zwei Fragmenten der Handschrift 4Q313 »written in Cryptic Script A« (187) sowie als »Composite Text« A–C, der in den Teilen A, Zeilen 1–3 (früher 19–21), B und C, von zwei Lücken-Ergänzungen abgesehen, den DJD X-Text (editio princeps) wiedergibt. »Section A lines 1–3 (olim lines 6–8 [Bezug unklar]) are supplied by 4Q394 frgs. 3–7 1.1–3. Section A 1–5 [sc. Kolumnen I–V] were peviously supplied by mater­ial that is now recognized as not belonging to a manuscript of MMT, 4Q327 (olim 4Q394 frgs 1–2)« (234, Anm. 1). Es folgen noch »Miscellaneous Rules (4Q265)« (Baumgarten with Novakovic, 253–269) sowie von Charlesworth und Claussen »Halakah A (4Q251)« (271–285), »Halakah B (4Q264a)« (286–289), »Halakah C (4Q472a)« (291–293), »Harvesting (4Q284a)« (295–297).
Alle Publikationseinheiten werden eingeleitet durch eine Einführung zu den Texten selbst, zu ihrer Datierung und zu inhaltlichen Fragen sowie mit einer fast kanonisch anmutenden Literaturauswahl. Man sollte beachten, dass man zur Literatur auch die Liste der Abkürzungen »Modern Publications« (XVII–XXI) ergänzend zu Rate ziehen muss. Generell werden linksseitig die hebräischen Texte, rechtsseitig eine englische Übersetzung dargeboten. »(VACAT)«-Hinweise finden sich als solche nur im Übersetzungstext (XIV, Anm. 4 kündigt das als sparsamen Gebrauch an). Den Hauptaufwand der in den sieben Publikationseinheiten sehr un­terschiedlich organisierten Anmerkungen leisten Ergänzungs­vorschläge, deren hypothetischer Charakter generell zu bedenken bleibt, auch wenn die doppelten eckigen Klammern (»join between fragments«) gesetzt sind. Auf S. 1, Anm. 2; S. 187, Anm. 1 und S. 253, Anm. 1 wird jeweils ausgewiesen, wer für den hebräischen Text, die englische Übersetzung und die Einführung zuständig war. Über die verwendeten »Document Numbers« und »Names of Documents« sowie deren Verteilung auf die einzelnen Bände der Ge­samtausgabe informieren S. 299–304. Ein Grundproblem des Princeton-Projekts ist die Verteilung zusammengehörender Texte auf verschiedene Bände. Die Damaskusschrift-Texte nach 5Q12, 6Q15 und CD MSS A und B wie auch die eigentlichen Einführungen in das Damaskus-Dokument als solches und dessen Qumran-Fragmente speziell und insgesamt muss man in PTSDSSP Bd. 2 (1995) einsehen: »Damascus Document« (Baumgarten and Schwartz), 4–9, »Cave IV, V, VI Fragments Related to the Damascus Document (4Q266–273 = 4QD a–h, 5Q12 = 5QD, 6Q15 = 6QD)« (Baumgarten with Davis, 59–63).
Die in Bd. 3 auf S. 4 den Schluss der Damaskusschrift betref­fende beiläufig angedeutete Aufgabe, aus den Überschneidungen der Handschriften einen »Composite Text« zu erstellen, ist in Bd. 2 (64–67) »A Passage on Skin Disease from 4QDa,d,g,h: A Compos­ite Text« an einem Beispiel durchgeführt. Man neigt im Übrigen dazu, die Frage, ob es in Qumran unterschiedliche Rezensionen des Da­maskusschrift-Textes gegeben hat, negativ zu entscheiden (Bd. 2, 59; Bd. 3, 1).
Wer den angezeigten Publikationsband in Gebrauch nimmt, wird nicht selten auf Fehler stoßen, häufig Benutzerfreundlichkeit vermissen. Der Gebrauch halber Lacuna-Zeichen vor dem ersten (א[) und nach dem letzten Buchstaben in der Zeile ( ]ת) ist allenthalben zu beobachten, aber nach S. XIV nicht vorgesehen und in der Anwendung auch willkürlich (vgl. z. B. 44). Irritierend ist dieser Gebrauch zumal da, wo Fragmente nebeneinander angeordnet sind, als gehörten sie zur gleichen Kolumne (vgl. z. B. 204). In der Belegangabe S. 4, rechts oben, sind »lines« und Ziffer »2« (sc. Kolumne 2) innerhalb derselben Zeile vertauscht, die mittlere Belegstelle muss 4Q269 lauten. Zu 4Q266 Frg. 6, Col. 4,2 ergeht auf S. 44, Anm. 340 der Hinweis: »cf. a parallel law in 4Q395 (4QMMT b)«. Gemeint ist wahrscheinlich B 62–63. Schaut man dort nach, stört gleich wieder eine fehlerhafte Angabe, denn der dortige Hinweis auf »4Q270 frg. 2 2.7« (243, Anm. 26) kann sich nur auf Zeile 6 beziehen. 156 und 157 ist »Frg. 18« in Frg. 13 zu verbessern. Der Text 4Q266 Frg. 10, Col. 1,12 לארשױ ןורהא חישמ דוממ דא (64), abgesehen davon dass nach dem Original דע zu lesen ist, bleibt ohne Problematisierung des Messias-Numerus und ohne Erklärung der Form דוממ. Es wird einfach die Übersetzung »until the rise of the Messiah« geboten (65). Frg. 11,9 ist »Almighty God« (69) Übersetzung von לוכה וה נוא (68), wo­bei der Benutzer mit der syntaktisch hängenden Bemerkung »and the substitution וה נוא for the divine name« (68, Anm. 540) allein gelassen wird. Die Transkriptionen von 4QMMT reproduzieren (leider auch im »Composite Text«, der ja keine Transkription sein kann), worüber ein versteckter Hinweis im Vorwort Aufschluss gibt: »Initial, medial, and final forms of consonants in anomalous positions are reproduced in the transcription precisely as seen on a scroll« (XIII). Die Hinweise auf 4Q395 Frg. 1, Zeilen 2 und 3 (196, Anm. 11 und 12) werden erst verständlich, wenn man die vollen Ergänzungen der editio princeps, die erst B 6–7 aufgenommen sind, zur Kenntnis nimmt. Die Übersetzung םדא = »corpse« (192. 213.219.245) ist (aus »[Unreinheit der Leiche] eines Menschen«) so verkürzt, dass sie falsch aussieht. םיחינמש 4Q394 Frgs. 3–7, Col. 1,13 (196) müsste gemäß editio princeps (9) in doppelten eckigen Klammern gesetzt sein. Die Beachtung des Numerus scheint man großzügig zu handhaben: ךידיבו 4Q266 Frg. 11, Zeile 9 (68) – »and in your hand« (69), לוצמ היה ... ארי איהש םהמ ימש (C 23–24, 248) – »those among them who feared … were saved« (249). Fragwürdig ist die Übersetzung םידסח שיא C 25 (248) – »a man of mercies« (249), denn sie verstellt den klaren Bezug auf die Taten der Könige Israels und die Tora (C 23–24, vgl. 2Chron 35,26).
Wenig beachtet und noch weniger bedacht erscheint die in 4QMMT (wie auch tShab 1,16; Mur 24 C 7f.) begegnende genuin partitive Verwendung von ש ... ןמ und ש ... תצקמ (speziell in dieser Satzfügung). Als Übersetzung von C 26 f. würde sich ergeben: »Und so haben wir Dir an Anweisungen zur Torapraxis schriftlich mitgeteilt, was wir als gut erachteten für …«. Bei dem Gewicht der Argumentationen im gesamten Schreiben erschiene es fast harmlos, wollte der Tora Erteilende am Schluss nur sagen: »So that you might rejoice in the latter time, when you will find some of our pronouncements are true« (251). Nein, nicht einige, sondern alle Entscheidungen zur Torapraxis, die er vorgetragen hat, sind gemeint, ohne Wenn und Aber, wie auf S. 4 zum Schluss der Damaskusschrift richtig betont wird: Im endzeitlichen Gericht zählte die Beobachtung aller Details der mitgeteilten Halakot. Ob man, was den Ausdruck »Endzeit« betrifft, der Meinung folgen soll, »that the Community’s understanding of the ›latter days‹ derives from the halakic dispute« (194, vgl. auch 193), erscheint mir fragwürdig.