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Ausgabe:

Mai/2007

Spalte:

502 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Braun, Rüdiger

Titel/Untertitel:

Mohammed und die Christen. Im Islambild zeitgenössischer christlicher und muslimischer Apologeten.

Verlag:

Neuendettelsau: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene 2004. 211 S. 8°. Kart. EUR 9,80. ISBN 3-87214-607-6.

Rezensent:

Henning Wrogemann

Es handelt sich bei diesem Werk um eine im Jahre 1996 eingereichte islamwissenschaftliche Magisterarbeit, in welcher der Vf. einen Beitrag zum christlich-islamischen Dialog dergestalt leisten will, dass er auch neuralgische Punkte des Dialogs nicht ausspart. Das Buch gliedert sich in drei Teile und eine Schlussbetrachtung: »Christliche Apologeten und der Islam«, »Reaktionen muslimischer Apologeten«, »Der Ebitionismus – Schlaglichter der Forschung« so­wie »Schlussbetrachtung – Apologie und Dialog«.
Materialgrundlage des ersten Teils bilden arabischsprachige Schriften christlicher Autoren libanesischer und syrischer Herkunft aus den 1960er und 1970er Jahren. Die Schriften dieser Autoren argumentieren, so der Vf., in der Linie des Johannes von Damaskus (674–749), indem sie den Islam als eine häretische Form des Christentums betrachten (15). Sie versuchen diesen Nachweis allerdings aus den islamischen Quellen selbst zu erbringen (insbesondere durch Rekurs auf den Koran), wobei sie jedoch den eigenen hermeneutischen Zugang und das eigene erkenntnisleitende In­teresse nicht reflektieren. Dabei handele es sich um »ein sich aus mehreren divergierenden Quellen speisendes, letztlich der eigenen Systemerhaltung dienendes Islambild …, welches den christlich-islamischen Dialog im Orient in größerem Maße beeinflusst als allgemein zugegeben« (19). Schriften von vier Autoren (Mustafa Gˇahas, Jusuf al-Murr, Abu Mu-sa al-Hureiri (Pseudonym) und Jusuf Durra al-Hadda-d) werden in thematischen Querschnitten (»Das vorliegende Milieu Mekkas«; »Die Berufung Muhammads«; »Der Weg des Propheten«; »Der Islam der Muslime«; »Der ursprüngliche Islam«) vorgestellt (21–66).
Der zweite Teil der Arbeit bezieht sich auf muslimische Autoren wie die in Damaskus lebenden Gelehrten Muhammad Sacı-d Ramada-n al-Bu-tı-, Nazı-r al-Mara-danı- und Ascad Mahmu-d Khawmad und den libanesischen Gelehrten ˇSarı-f Muhammad Ha-ˇsim, die in den 1990er Jahren Schriften einer Gegenapologetik, insbesondere gegen die Argumente Hureiris verfasst haben (67–96). Immer wieder geht es dabei um die Frage, ob Muhammad und der frühe Islam als eine christliche Sekte verstanden werden können und wie weit das Christentum (in seinen verschiedenen Ausprägungen) im arabischen Raum der vorislamischen Zeit verbreitet gewesen ist.
Im dritten Teil zum Thema »Die Ausbreitung des Ebitionismus« werden Forschungsergebnisse gesichtet und mögliche Verbindungslinien zwischen Ebitionismus und frühem Islam diskutiert (122–127). Daran schließt sich als letzter Teil die »Schlussbetrachtung – Apologie und Dialog« an (129–202). Hier wird die »Wahrnehmung des Eigenen durch das Fremde« diskutiert und darüber hinaus werden »Lernfelder« des Dialogs aufgezeigt.
Es handelt sich um eine gelungene, d. h. ebenso luzide wie facettenreiche Analyse eines wichtigen Dialogthemas, welches bisher zu wenig Beachtung gefunden hat.