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Ausgabe:

Januar/1998

Spalte:

34 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Krüger, Manfred

Titel/Untertitel:

Ichgeburt. Origenes und die Entstehung der christlichen Idee der Wiederverkörperung in der Denkbewegung von Pythagoras bis Lessing.

Verlag:

Hildesheim-Zürich-New York: Olms 1996. 380 S. 8° = Philosophische Texte und Studien, 42. Kart. DM 39,80. ISBN 3-487-10101-7.

Rezensent:

Hans Georg Thümmel

Von der Theosophie Rudolf Steiners ausgehend versucht der Vf. die Geistesgeschichte neu zu schreiben. Leitend ist dabei seine Vorstellung von wahrem Menschsein, die er allenthalben in der Geschichte sich entwickelnd wiederfindet. Dazu hat der Vf. eine Fülle von Literatur gelesen, die er in Zitaten vorführt.

Seine Vorstellung ist die, daß der Körper das Individuationsprinzip ist, der Geist also nur durch ihn zur Individualität des Ich kommt. Eine Schlüsselfunktion haben dabei Inkarnation, Tod und Auferstehung Christi. Sie ermöglichen die Verwandlung in den geistlichen Leib (Paulus). Da aber in einem einmaligen Leben die Individualisierung des Geistes durch den Körper nicht möglich sei, bedürfe es mehrfacher Reinkarnationen. Eine besondere Rolle komme dabei Origenes zu, der als erster die alte Idee der Seelenwanderung überwunden und gezeigt habe, daß der Menschengeist sich durch mehrfache Wiederverkörperung individualisiere.

Der Vf. hat die Literatur nach Belegstellen durchsucht und diese durch seine Brille gelesen. Immer wieder fließen Aussagen und Termini ein, die so nicht bei den Autoren stehen, die aber schließlich die Oberhand gewinnen. Wenn K. sagt: "Nus ist der Menschengeist, der in der Seele als Verstand wirkt. Durch sein Pneuma ist der Menschengeist mit dem Heiligen Geist verbunden. Im Hegemonikon wird das Pneuma durch das Wirken des Logos-Christos zum Ich individualisiert", dann klingt das doch sehr viel anders als die Vorstellungen des Origenes von den im Logos zusammengefaßten Logika, die schon vorweltlich individuell gedacht sind. K.s Vorstellungen über die dreieinige Welt und den dreieinigen Menschen (86, wozu sich dann auch noch eine Trinität des Bösen gesellt), finden sich in dieser Form nicht bei Origenes, auch nicht, daß in der Ezechielvision im Adler der individualisierte Geist als Ich gemeint sei (98). Gelegentlich kommt dies auch zum Ausdruck ("Dies hat Origenes noch nicht scharf erfaßt ...", 126). Wenn Augustin die göttliche Trinität durch die Trinität im menschlichen Bewußtsein ­ memoria, intellectus, amor ­ verdeutlicht, aber unterscheidend hinzufügt, daß der Mensch diese Dreiheit habe, Gott sie aber ist, dann sind die Bildhaftigkeit wie der ontische Abstand bezeichnet. Bei K. wird daraus eine Aussage über das Ich des Menschen: "Wenn ich die Drei nicht bin, sondern habe, erlebe ich mich selbst als ein Viertes: als Person" (162).

Über die Stützung eigener Position durch historische Belege auch im Sinne eines produktiven Mißverständnisses ist nicht zu streiten. Daß sich aber unser historisches Bild von Origenes oder von der geistesgeschichtlichen Entwicklung überhaupt durch das Buch von K. ändern müßte, sehe ich nicht.