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Ausgabe:

April/1999

Spalte:

422 f

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Mikuda-Hüttel, Barbara

Titel/Untertitel:

Vom ’Hausmann’ zum Hausheiligen des Wiener Hofes. Zur Ikonographie des hl. Joseph im 17. und 18. Jahrhundert.

Verlag:

Marburg: Verlag Herder-Institut 1997. XV, 275 S. m. zahlr. Abb. gr.8 = Bau- und Kunstdenkmäler im östlichen Mitteleuropa, 4. Kart. DM 95,-. ISBN 3-87969-246-7.

Rezensent:

Rudolf Zinnhobler

In ihrer interessanten Studie, die 1992 an der Universität Marburg als Dissertation im Fachbereich Neuere Deutsche Literatur und Kunstwissenschaft als Dissertation angenommen wurde, geht die Autorin der Josephsverehrung unter einem besonderen Aspekt nach, nämlich dem ihrer Förderung durch die österreichischen Habsburger.

Dem Buch wird ein Kupferstich von Johann Martin Lerch vorangestellt, der viele der aufgezeigten Bezüge fast brennpunktartig zusammenfaßt und jene theologischen Überlegungen in Summe zum Ausdruck bringt, aufgrund welcher der Heilige zum Schutzpatron des Hauses Österreich avancierte. Auf dem Bild erfolgt eine Gegenüberstellung der Hl. Dreifaltigkeit (Gott Vater in den Wolken schwebend, der Hl. Geist darunter und nochmals darunter eine Monstranz mit der konsekrierten Hostie, die Christus symbolisiert und zugleich die Verbindung zu dieser Welt darstellt) mit der Hl. Familie als einer "trinitas creata" (169). Das Jesuskind begießt eine Palme, deren Zweige mit Wappen des Hauses Österreich geschmückt sind; die Zweige des Baumes aber umschließen die Monstranz, die somit in Beziehung gesetzt wird zum Kaiserhaus. Es liegt in der Logik der Darstellung, daß eine "habsburgische Trias" (169) das Pendant zur Hl. Familie bildet. Kaiser Leopold I. ist dabei unschwer zu erkennen, eine Deutung auf Karl VI. ist daher mit der Autorin abzulehnen, die sicher recht hat, wenn sie das Blatt zeitlich der Geburt des späteren Kaisers Josef I. (geb. 1678) zuweist. Demnach muß die abgebildete Kaiserin Eleonore von Pfalz-Neuburg sein. Die Parallelsetzung von Hl. Familie und kaiserlicher Familie legt aber auch eine inhaltliche Entsprechung nahe: Wie der hl. Josef ein Nährvater, so ist de r Kaiser ein Landesvater, und beide "Familien" sind hineingenommen in transzendente Bezüge (vgl. 168 f.).

Wie ist es zu dieser starken "Aufwertung" des hl. Joseph, der bis dahin in der Heiligenverehrung nur eine untergeordnete Rolle gespielt hatte, gekommen? Wie wurde er zu einer Zentralgestalt am Heiligenhimmel und zum Hausheiligen des Wiener Hofes? Die Vfn. geht den Entwicklungslinien dahin nach. Eine frühere Annahme, daß die Kirche die wesentlichen Schritte getan habe und weltliche Amtsträger dann das Anliegen förderten, wird klar widerlegt. Vielmehr gingen die entscheidenen Impulse vom Wiener Kaiserhof aus. Nicht zuletzt war es die Schutzfunktion des Heiligen (Schutz der Hl. Familie, Vaterrolle), aufgrund welcher man in schwierigen Zeiten (Dreißigjähriger Krieg, Gegenreformation) besonders auf ihn aufmerksam wurde. So wurde bezeichnenderweise 1621, nach der Schlacht am Weißen Berg (1620), das Josephsfest in Österreich zum allgemeinen Feiertag erhoben (174). In zunehmendem Maße fungierte der hl. Joseph nun nicht mehr nur als Beschützer und Vater der Kirche (junge und alte Orden intensivierten seine Verehrung), sondern auch als Patron der Habsburgerländer, als welchen ihn die Herrscher propagierten.

Die Aufwertung des Josephskultes fand natürlich auch ihren ikonographischen Ausdruck, was die Vfn. an zahlreichen Beispielen (die Qualität der Reproduktionen läßt leider zu wünschen übrig) aufgezeigt hat. Auf eines davon haben wir oben etwas ausführlicher hingewiesen. Die gut belegten Ausführungen gehen über die bisherige Literatur weit hinaus und verdienen die Beachtung der Fachwelt. Erfreulicherweise wird das Buch durch ein gutes Orts- und Sachregister erschlossen.