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Ausgabe:

März/1998

Spalte:

290 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Greshake, Gisbert:

Titel/Untertitel:

Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie.

Verlag:

Freiburg-Basel-Wien: Herder 1997. 568 S. gr.8°. Lw. DM 68,­. ISBN 3-451-26239-8.

Rezensent:

Franz Courth

Das zu besprechende Buch ist mehr als ein neuer Leitfaden, der Studierenden hilft, Vorlesungen aufzubereiten oder Examina zu präparieren, so sehr konzentrierte Lektüre dieses Werkes auch solchen Zielen dienlich sein kann. Der Autor gibt sogar Lesehinweise für jene, denen der fachtheologische Diskurs (noch) zu mühsam ist (25 f.). Insgesamt aber erstrebt Gisbert Greshake mehr als den kleinen Schritt eines überschaubaren Schultraktates. Sein Blick ist umfassend und integrierend zugleich. Er möchte die einenden Sinnlinien und zugleich die geistige Strahlkraft des Trinitätsglaubens aufzeigen. In dessen Licht sollen die christliche Botschaft insgesamt und weiterhin die vielfältigsten Wirklichkeitsbereiche zur Sprache kommen; gemeint sind u. a. ein entsprechendes Seins-, Person- und Gemeinschaftsverständnis, aber auch die trinitarischen Implikationen des interreligiösen Dialogs sowie der Religionskritik. Diese Themenvielfalt im Auge, legt G. eine fachtheologische Orientierungshilfe von großer ökumenischer Weite vor; W. Pannenberg und H. U. v. Balthasar sind mit ihren universalgeschichtlichen Horizonten seine ständigen Gesprächspartner. Ihrer umfassenden Denkform ähnlich, geht es dem Freiburger Ordinarius für Dogmatik um eine "Gesamtsicht der Wirklichkeit aus trinitätstheologischer Perspektive" (25). Seine Studie will bewußt mehr als ein Lehrstück klassischen Musters sein, sondern eine "trinitarische Theologie", die versucht, "vom Glauben an den dreieinen Gott her das Ganze in den Blick zu nehmen" (25).

Auftakt dieses weitgespannten Vorhabens ist eine ungeschminkte Rechenschaft über die aktuelle Krisensituation der Trinitätstheologie; sie darf als alles andere als ein selbstverständlich rezipierter Aussagenkreis gelten (15-22). Der Blick auf die kritischen Anfragen leitet zu methodischen Überlegungen über, die das christliche Grundbekenntnis, das G. fest an die Person Jesu Christi zurückgebunden weiß, mit dem menschlichen Erfahrungshorizont zu verbinden sucht. Insgesamt möchte er dem Einwand begegnen, trinitarischer Gottesglaube und ihn auslegende Theologie seien erfahrungsleer und deshalb gläubigem Selbstverständnis oft so entfremdet.

Nach hinführenden Überlegungen wird der Leser im 1. Teil auf den "Weg zu einer communialen Trinitätstheologie gewiesen". Hier kommen Grundlagen und Grundprobleme zur Sprache. Es ist die tiefgreifende Frage nach Einheit und Vielheit in Gott. Als Leitgedanke begegnet der trinitarische wie der anthropologische Personbegriff. Insgesamt verarbeitet G. bereits in diesem Teil eine beachtliche Fülle theologie- und geistesgeschichtlichen Materials, wodurch das Buch ungeachtet seiner systematischen Zielstellung auch für den Dogmenhistoriker zu einem anregenden Kompendium wird. Differenzierte begriffsgeschichtliche Rechenschaft läßt G. den Personbegriff als zentralen trinitarischen Aussagemodus festhalten, der Unterscheidendes und Einendes in der christlichen Gottesrede zur Sprache bringt. Bekennt doch das trinitarische Credo Gott als kommunialen Lebens- und Liebesvollzug, der den Menschen inmitten seiner Geschichte erlösend ergreift.

Der 2. Teil hat eine streng theologisch-systematische Perspektive, in der G. den Trinitätsglauben als "Herzmitte und Fluchtpunkt" (23) des christlichen Glaubensverständnisses zu erweisen versucht. Dazu fällt der Blick auf den Schöpfungsglauben und die Geschichtstheologie ebenso wie auf die Ekklesiologie. Entsprechend des Gesamtvorhabens gleitet der Gedanke im 3. Teil über den unmittelbaren Raum der Theologie hinaus zur Philosophie, zum Gesellschaftsverständnis und zum Gespräch mit den Religionen. Ein kurzer Schlußabschnitt bietet Überlegungen zur künstlerischen Darstellung des trinitarischen Gottesbildes.

Eine erste Würdigung kann G.s Buch als Markstein in der aktuellen theologischen Diskussion benennen. Auch im Rückblick auf die trinitätstheologischen Veröffentlichungen der letzten Jahre sucht es seinesgleichen an geistesgeschichtlicher Kompetenz, theologischer Systematik und genereller Gesprächsbereitschaft. An sie sei hier mit dem Diskussionspunkt Leidensfrage angeknüpft. Wie weit gestattet dieses bohrende Menschheitsthema, als existentieller Aufschrei verstanden, überhaupt eine systematische Einordnung? Ausgangspunkt für eine Antwort könnten die gebotenen Verweise auf E. Jüngel und J. Moltmann sein (348 Anm. 360) sowie die Kritik an v. Balthasar (ebd. Anm. 362).