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Ausgabe:

März/2007

Spalte:

316-317

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Das, Andrew A.:

Titel/Untertitel:

Paul and the Jews.

Verlag:

Peabody: Hendrickson 2003. XVI, 238 S. gr.8° = Library of Pauline Studies. Kart. US$ 24,95. ISBN 1-56563-676-7.

Rezensent:

Jürgen Habermann

Der Vf. lehrt als Assistenzprofessor am Elmhurst College (Illinois) und publizierte 2001 ðPaul, the Law, and the CovenantÐ. In Teil 1 (1­16) sieht er als Ziel, die traditionelle Paulusdeutung mit der »new perspective« von E. P. Sanders bzw. J. D. G. Dunn zu versöhnen (11). Paulus sei durch seine Wende von einer Konzeption der Gnade zu einer anderen gelangt. Der Vf. will prüfen: Behält Israel als Volk nach Christus eine spezielle Beziehung zu Gott? Hat das Gesetz laut Paulus einen positiven Stellenwert für Christen? Bleibt es eine Norm für sie? Der Vf. will einen köhärenten Standpunkt des Apos tels bzgl. des jüdischen Volkes darlegen. ­ Bei der Untersuchung der paulinischen Briefe ist ihm die jeweilige Situation sehr wichtig.

In Abschnitt 2 von insgesamt sieben, zuzüglich eines Resümees, behandelt der Vf. »The Crisis in Galatia« (17­48). Von außen eingedrungene Judenchristen (29) postulieren nach ihm komplette Ge setzesobservanz (»Christ-plus-Law«, 32) mit Abraham als Vorbild. Die Christuserfahrung bei Damaskus habe den Apostel das Anbrechen des »apocalyptic age of the Messiah« verstehen lassen. Paulus habe das Judentum und seine gnadenhaften Elemente »redefiniert« (46). Die Tora habe nach neuer Sicht schon immer als Schrift (4,21) positiv diese neue Realität in Christus angekündigt. Der Glaube an Christus allein bringe in die neue Realität, nicht das Gesetz. »Paul¹s point is that the Law as such cannot justify.« (39) Christen leben nun mit dem von Christus her neu betrachteten mosaischen Gesetz (6,2).

In Abschnitt 3, der Situation in Rom (49­77), bewertet der Vf. die Vertreibung aus Rom (49 n. Chr.) als begrenzte Maßnahme gegen judenchristliche Führer (63), wodurch das Leben der Christen unter dem Dach der Synagoge beendet worden (59) und die Gemeinde eher heidenchristlich geworden sei. Ein Konflikt sei über die Gesetzesobservanz entbrannt (68), wobei Paulus in 14,1­15,6 eine Zurückweisung des mosaischen Gesetzes im Kern und eine Relativierung des Judentums begehe (76). Die Heilsrelevanz der Tora sei durch den Heilsmitter Christus replatziert worden.

In Abschnitt 4 befasst sich der Vf. mit dem »Messias und der Erwählung Israels in Röm« (78­113). Der Apostel spreche positiv (9,1­5) und negativ (keine automatische Rettung via ethnische Identität (9,6: 88.113). Einerseits betont der Vf. die Heilsprärogative Israels, andererseits meint er thetisch: »God acts impartially to save all on the basis of redemption in Christ« (87, vgl. 109). In Röm 10,4 bedeute Christus als telos zum einen das Ziel, da das Gesetz als Schrift schon immer auf Christus gewiesen habe (3,21), und zum anderen das Ende (93). Der Vf. verneint die Zwei-Bund-Theorie und betont, dass es Rettung nur durch Glauben an Christus als jüdischen Messias gebe (102). Nach dem vollzähligen Eingehen der Heiden folge: »the Jewish people will come to faith in Christ en masse« (109).

In Abschnitt 5 behandelt der Vf. »Israel¹s Priority among the Nations« (113­140). »The Jews remain an elect people, but Paul has reconzeptualized this sense of election.« (140) Nur der Glaube an Christus als Messias verwirkliche die Vorzüge, doch behalte das Volk Israel »a position of priority in God¹s plan« (128). In »The Curse of the Mosaic Law« (Abschnitt 6: 141­165) befasst sich der Vf. mit Autoren der »new perspective« und hält den Standpunkt durch, dass Paulus niemals unter nomos etwas anderes als das mosaische Gesetz meint (155­165). Gegen die von vielen Autoren getragene These, dass im Judentum keineswegs das Gesetz vollständig zu halten gewesen sei, führt der Vf. Gal 3,10 und 5,3 an. Es sei einerseits nicht Gottes Weg zum Heil, da es den erfolglosen Weg des menschlichen Handelns verlange (155), und andererseits negiere Paulus die ethnische Exklusivität (149­151). Der Vf. kritisiert den übermäßigen Pendel ausschwung der Forschung in die zweite Richtung (151).

In Abschnitt 7 geht es um die Rolle des mosaischen Gesetzes im Leben der Christen (166­186). Diese stehen zwar nicht mehr unter dem versklavenden Gesetz, haben jedoch die Verpflichtung, es in der Sphäre des Geistes zu erfüllen (171). Sie bewerten freilich das Beispiel des Selbstopfers Christi als (noch) wichtiger. Das von diesem aus reinterpretierte Gesetz sei Maßstab des Jüngsten Gerichts.

Der Vf. hat ein wichtiges, mutiges Buch verfasst. Manche Fragen sind an ihn zu stellen: Sind die paulinischen Gegner so klar erhebbar? Ist nomos durchgehend das mosaische Gesetz? Kommt ganz Israel am Ende durch den Glauben an Christus zum Heil? Sind die erga tou nomou nur gesetzeskonforme Taten? Ist das paulinische Denken wirklich einheitlich und ohne Entwicklungsschritte? Man freut sich auf den Dialog mit ihm.