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Ausgabe:

Februar/2007

Spalte:

222-223

Kategorie:

Kirchenrecht

Autor/Hrsg.:

Häberle, Peter:

Titel/Untertitel:

Der Sonntag als Verfassungsprinzip. 2., erw. Aufl.

Verlag:

Berlin: Duncker & Humblot 2006. 120 S. gr.8° = Schriften zum Öffentlichen Recht, 551. Kart. EUR 34,00. ISBN 3-428-12172-4.

Rezensent:

Norbert Janz

Seit Jahrzehnten ist in Deutschland eine massive Erosion des institutionalisierten Glaubens zu beobachten. Auch der Sonntag wird zunehmend in Frage gestellt, obwohl er in der Verfassung »als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung« besonders geschützt ist. Die anzuzeigende kleine Schrift von Peter Häberle, Emeritus der Juristischen Fakultät der Universität Bayreuth, möchte hier ein Stoppzeichen setzen und einer weiteren Profanisierung entgegenwirken. 18 Jahre sind seit dem Erscheinen der ersten Auflage vergangen. Das Thema hat in der Zwischenzeit nichts an seiner Brisanz und Aktualität eingebüßt. Die Situation im Ladenschlussrecht beweist dies zur Genüge. Geplant ist eine weitere Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten durch die nunmehr zuständigen Bundesländer.

Zunächst nimmt H. eine rechtsvergleichende Bestandsaufnahme vor. Diese zeigt, dass weltweit Feiertage oftmals einen verfassungsrechtlichen Schutz genießen, sich hingegen die Sonntagsregelung des Grundgesetzes als Unikat darstellt. Im zweiten Abschnitt wird eine kulturanthropologische bzw. verfassungstheoretische Begründung des Sonntags überzeugend gegeben. Sonntage seien ein wichtiger Teil der Verfassungskultur und damit institutionell von der Verfassung geschützt. Zu Recht hebt H. die positive Sonntagskultur heraus; die Sonntagsverwirklichung sei Grundrechtserfüllung, denn insbesondere kulturelle Grundrechte wie die Glaubensfreiheit oder das Grundrecht auf Ehe und Familie flössen in den Sonntag als Zentralwert unserer Kultur hinein. Diese hohen Güter müssten ausreichend Berücksichtigung finden, wenn Ausnahmen gesetzgeberisch zugelassen werden. Bei der Herstellung eines Ausgleiches widerstreitender Interessen müsste diesem Verfassungswert ein höheres Gewicht als bislang eingeräumt werden. Wirtschaftliche oder technische Interessen allein genügten nicht, da der Sonntag seine vom Grundgesetz gewollten Kosten habe.

In seinem Nachtrag zeichnet H. in erster Linie die Entwicklung seit dem Jahr 1988 auf. Offenkundig ist der Sonntag weiterhin in Gefahr. Allein dieser Umstand rechtfertigt bereits eine Neuauflage dieses eindringlichen Plädoyers für den »gelebten Sonntag«. Ob die kluge Schrift ein Umdenken einleiten wird, bleibt abzuwarten; Skepsis ist aber angebracht.