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Ausgabe: | Februar/2007 |
Spalte: | 218-220 |
Kategorie: | Kirchenrecht |
Autor/Hrsg.: | Fischer, Georg: |
Titel/Untertitel: | Finanzierung der kirchlichen Sendung. Das kanonische Recht und die Kirchenfinanzierungssysteme in der Bundesrepublik Deutschland und den USA. |
Verlag: | Paderborn-München-Wien-Zürich: Schöningh 2005. 372 S. gr.8° = Kirchen- und Staatskirchenrecht, 5. Kart. EUR 54,00. ISBN 3-506-71376-0. |
Rezensent: | Alfred Seiferlein |
Die Frage der Kirchenfinanzierung findet in der Öffentlichkeit als Reizthema eine relativ große Resonanz. In der Bundesrepublik Deutschland verdichtet sich die Diskussion fast ausschließlich auf die Existenz der Kirchensteuer. Im Kontrast dazu steht die Vernachlässigung des Themas Kirchenfinanzierung in der theologischen Diskussion. Auf juristischer Seite hingegen erfreut sich das Thema einer relativ großen Aufmerksamkeit. Die vorliegende Mainzer Dissertation versucht, dieses Desiderat der wissenschaftlichen Theologie zu bearbeiten und einen »im ursprünglichen Sinne kritischen Gesamtüberblick über die Formen der Kirchenfinanzierung« (14) zu leisten.
Der erste Teil der Arbeit stellt das kirchliche Vermögensrecht des Codex Iuris Canonici von 1983 und seine theologische Begründung ausführlich dar. Das kirchliche Vermögensrecht wird vor dem Hintergrund der katholischen Ekklesiologie entfaltet. Nicht betriebswirtschaftliche oder politische Argumente begründen demnach das Recht der katholischen Kirche, zeitliche Güter zu besitzen und zu verwalten, sondern das Wesen der Kirche und ihr kirchlicher Auftrag. Haupteinnahmequelle der katholischen Kirche sollen re gelmäßige finanzielle Beiträge der Gläubigen sein, die sich aus ihren grundlegenden Rechten und Pflichten ergeben, nicht Erträgnisse eines angesammelten Kirchenvermögens oder eines professionellen Vermögensmanagements.
Der zweite Teil widmet sich dem Rechtssystem der Kirchensteuer in Deutschland. Der Vf. beschreibt die Entwicklung des gegenwärtigen Kirchenfinanzierungssystems und stellt die staatskirchenrechtlichen Grundlagen dar. Auch die Mängel des deutschen Kirchensteuersystems der Gegenwart werden erwähnt (z. B. Zwangs charakter, Abhängigkeit von staatlicher Steuergesetzgebung); dennoch überwiegen für den Vf. die Vorteile dieser Konzeption vor allem hinsichtlich der Planbarkeit und der Unabhängigkeit gegenüber einzelnen Geldgebern. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Anmerkungen, dass sich das deutsche Kirchenfinanzierungssystem nicht vollständig in Übereinstimmung mit dem kodikarischen Vermögensrecht befindet.
Der dritte Teil enthält einen umfangreichen Überblick über das Kirchenfinanzierungssystem der katholischen Kirche in den USA. Im Gegensatz zur Förderung der Kirchen (der Vf. hat allerdings nur die katholische Kirche im Blick, auch wenn Aussagen ebenfalls auf andere Kirchen zutreffen) in Deutschland durch den Staat mittels Einzug der Kirchensteuer lehnt das Verfassungsrecht der USA jede Förderung einer Kirche oder einer Glaubensgemeinschaft prinzipiell ab. In der Bundesrepublik Deutschland herrscht dagegen die Überzeugung, dass die religiöse und weltanschauliche Neutralitätspflicht des Staates nicht die finanzielle Förderung bestimmter kirchlicher Aufgaben verbietet. Das Finanzierungssystem der katholischen Kirche in den USA ist eng mit der Geschichte der römischen Glaubensgemeinschaft verbunden: Sowohl diverse innerkirchliche Auseinandersetzungen werden beschrieben als auch grundsätzliche antikatholische Bestrebungen und eine prinzipielle Gegnerschaft zu einer verfassten Kirche auf Grund religiöser (!) Überzeugungen. Vor diesem Hintergrund untersucht der Vf. das Verhältnis von katholischer Kirche und Staat in den USA.
Der Vf. arbeitet das Spannungsverhältnis heraus, das zwischen der US-amerikanischen Rechtsordnung und einschlägigen kanonischen Vorstellungen besteht. Weniger auf der Ebene der Verfassung, sondern insbesondere bedingt durch die Eingriffsrechte der zivilen Gerichtsbarkeit wird in vermögensrechtlichen Fragen das Selbstbestimmungsrecht der katholischen Kirche tangiert. Rein binnenkirchliche Regelungen, z. B. zu Vermögensfragen, können durch die allgemeine Gerichtsbarkeit überprüft und verworfen werden. Für die rechtliche Gestaltung des kirchlichen Lebens sind also sowohl zivilrechtliche Vorgaben als auch die Bestimmungen des katholischen Kirchenrechts zu beachten. Der Vf. stellt dann sieben bzw. acht vorgegebene Rechtsformen vor, zwischen denen die katholische Kirche sich zu entscheiden hat. Keine dieser Varianten entspricht den kanonischen Anordnungen, alle kommen dem katho lischen »Selbstverständnis der Kirche nur ungenügend entgegen« (309).
Im letzten Teil des Kapitels werden dann die konkreten Formen der Kirchenfinanzierung beschrieben und analysiert. Die Vorteile des amerikanischen Beitrags- und Spendensystems sind ebenso deutlich erkennbar wie die damit verbundenen Nachteile. Bei der Abwägung von Nützlichkeit und Mängeln der verglichenen Systeme in Deutschland und den USA kommt die Studie zu einem eindeutigen Ergebnis: Das System in den Vereinigten Staaten erfor-dert einen enorm großen Aufwand an Zeit, Geld und Personal für die Mittelbeschaffung und für die allgemeine Finanzverwaltung. Zudem sind die Schwankungen in der Spendenbereitstellung für das hauptamtliche kirchliche Personal mit existenziellen Unsicherheiten verbunden. Unter diesen Bedingungen leidet nach Überzeugung des Vf.s die längerfristige Sicherung des kirchlichen Auftrags.
Der Vf. legt eine umfassende Studie für zwei unterschiedliche bzw. gegensätzliche Kirchenfinanzierungsmodelle vor. Überzeugend ist die Entwicklung der Systeme dargelegt und ihre Einbindung in die verschiedenartigen gesellschaftlichen, wirtschaftli chen, juristischen und politischen Vorgaben dabei kommt die Studie fast ohne Zahlen aus, für eine Untersuchung zu dieser Thematik eine bemerkenswerte Feststellung. Der Vf. konzentriert sich be wusst auf eine römisch-katholische Perspektive, was angesichts der kanonischen Bedingungen sinnvoll erscheint. Gleichwohl sind viele vorgetragene Überlegungen und Aspekte jenseits ekklesiolo gischer Einsichten auf protestantische Verhältnisse übertragbar.