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Ausgabe:

Februar/2007

Spalte:

183-184

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Giakalis, Ambrosios:

Titel/Untertitel:

Images of the Divine. The Theology of Icons at the Seventh Ecumenical Council.

Verlag:

Revised Edition. With a Foreword by H. Chadwick. Leiden-Boston: Brill 2005. XV, 161 S. m. 1 Abb. gr.8° = Studies in the History of Christian Traditions, 122. Geb. EUR 99,00. ISBN 90-04-14328-9.

Rezensent:

Hans Georg Thümmel

Diese Oxforder Dissertation von 1988 will die theologische Bedeutung des 7. Ökumenischen Konzils von 787 (2. Nicaenum), das die Bilderfrage behandelte, erhellen. Die 2. Auflage ist um ein Nachwort und einen bibliographischen Nachtrag bereichert. Wenn es auch unbillig wäre, in der Bibliographie Vollständigkeit zu erwarten, so fällt doch auf, dass die Auseinandersetzung wesentlich mit englischsprachiger Literatur geführt wird.

In dem Buch geht es nicht so sehr um historisch-kritische Arbeit, sondern um die Bewältigung von Tradition und die Rechtfertigung von Gegenwärtigem. Bereits im Vorwort werden die beiden wichtigsten Gesichtspunkte benannt: »the presence in the world of the uncreated energies«, und: »the way in which the tradition of the Christian past is to be understood« (XIII).

Das Konzil selbst hatte insgesamt eine »nüchterne« Ikonenlehre vertreten. Daneben gab es auch immer die Vorstellung, dass das Göttliche geistig sei und man sich ihm nur nähern könne, wenn man das Sinnliche hinter sich ließe (vgl. 115). Ihre Ausprägung erhielt diese Strömung durch die Unterscheidung von Gottes Wesen und seiner Energie bei Gregor Palamas (Ý 1359). Freilich hat schon im 8. Jh. Johannes von Damaskos eine solche Unterscheidung auf Bilder angewandt und sie auf diesem Wege als Gnadenträger oder Träger von Energien qualifiziert. G. führt dies konsequent weiter. Die Energien sind das Prinzip der Kommunikation zwischen dem Göttlich-Geistigen und dem Materiellen, die Ikonen haben auf Grund der Urbild-Abbild-Beziehung teil an den heiligenden Energien (125­128). »Iconoclast controversy was about deification« (5). Von alledem ist in den Akten des 7. Ökumenischen Konzils nichts zu finden.

Zwei Arten, Theologie zu treiben, werden sichtbar: eine orthodoxe Sicht, der sich nur wenige westliche Forscher anschließen, und eine westliche Sicht. Grundlegend ist dabei zunächst einmal, dass es im Westen zwar nützliche Erwägungen über das christliche Bild gibt, es aber nicht Teil des Dogmas ist. In der heutigen östlichen Theologie jedoch kann die Ikone das Wesen von Theologie und Kirche bezeichnen, sie hat offenbarenden, ja geradezu inkarnatorischen Charakter. Westliche Theologie dagegen legt einen historischen Entwicklungsbegriff zu Grunde, der der Eigentümlichkeit der Ausprägung christlichen Glaubens in den verschiedenen Zeiten Rechnung trägt. Sie legt zwar Wert auf die Identität des Glaubens über die Zeiten hinweg, bleibt aber doch nicht vor schmerzhaften Erkenntnissen bewahrt, wenn für wesentlich Gehaltenes sich als historisch bedingt erweist. Östliche Theologie geht von einem allgemeinen und zeitlosen Begriff des Dogmas aus (spirit of the Orthodox Church, 140), wobei dann auch problemlos Späteres in eine frühere Zeit zurückprojiziert werden kann. Den Vorwurf des Anachronismus kann G. nicht ernst nehmen (143). Insgesamt kann alles durch jedes interpretiert werden. Dann ist es möglich, eine einheitliche, in sich harmonische Tradition zu behaupten. Den Unterschied sieht auch G.: »My conclusions reveal the deeply irrecon cilable views which are evidence of two mutually exclusive inter pretations of Christianity« (XIV). Aus einer entwicklungsgeschicht- lichen Sicht ist schon der Titel des Werkes als einen Widerspruch enthaltend in Frage zu stellen. Auch nach dem 2. Nicaenum war das Göttliche nicht darstellbar (Mansi 13, 244AB u. ö.), und so kann die Theo logie des Konzils nicht als »Bilder des Göttlichen« zusammengefasst werden. Kann eine solche Sicht nicht die Darstellung von G. akzeptieren, so stellt diese doch einen interessanten Versuch dar, widersprüchliche Entwicklungen in der östlichen Theologie unter einen Hut zu bringen.

Allerdings gibt es eine Tendenz in der byzantinischen Theologie­ trotz des jahrhundertelangen Kampfes um die Christologie ­, eine unmittelbare Gottesbeziehung herzustellen, bei der dann Christologie und Pneumatologie bedeutungslos werden. Den Ikonoklasten wird vorgeworfen, dass für sie nur das Geistige wirklich ist. Wenn die Ikonophilen die sichtbare Welt ernst nehmen, dann heißt das bei G. nicht mehr, dass die Inkarnation Christus darstellbar macht, sondern dass die göttlichen Energien in der materiellen Ikone präsent sein und über sie wirken können (137). Die Einmaligkeit und Notwendigkeit des Christusgeschehens wird zu einem Spezialfall der Einwohnung des Göttlichen in der sichtbaren Welt. Hier zeigt sich eine Tendenz, die über Johannes von Damaskos auf Pseudo-Dionysios zurückgeht.