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Ausgabe:

Februar/2007

Spalte:

165-167

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Barnett, Paul:

Titel/Untertitel:

The Birth of Christianity. The First Twenty Years.

Verlag:

Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 2005. X, 230 S. gr.8° = After Jesus, 1. Kart. US$ 15,00. ISBN 0-8028-2781-0.

Rezensent:

Jostein Ådna

Paul Barnett stellt sich in diesem Buch dem anspruchsvollen Vorhaben, die entscheidenden Eckdaten und Entwicklungen der beiden ersten Jahrzehnte des Urchristentums darzustellen. Getragen von einer sehr positiven bzw. optimistischen Einschätzung der Quellenlage vermag er eine beeindruckend detaillierte Darlegung zu bieten, die sich entscheidend von anderen Versuchen aus den letzten Jahren abzeichnet, wie etwa J. D. Crossans »The Birth of Christianity« (1998), auf den B. ausdrücklich Bezug nimmt und demzufolge »the thirties and forties of the first century Š dark decades Š cloaked in silence« sind (zitiert nach B., 1 u. 211). Nach B. dagegen stehen uns Quellen zur Verfügung, durch deren »Fenster« reichliches Licht auf diese Frühzeit fällt und die eine entsprechende wissenschaftliche historische Darlegung ermöglichen.

Das Buch besteht aus 15 Kapiteln (1­186) und drei angehängten Appendizes (187­214). Mit methodischen Fragen sowie chronologischen und geographischen Rahmenbedingungen einer der Anfangsjahre des Urchristentums geltenden Studie beschäftigen sich die ersten fünf Kapitel sowie Appendizes A (»History and Geography in Acts«) und B (»Dating Galatians«). Die im engeren Sinne eigentliche historische Darstellung der Zeit nach dem Tod und der Auferstehung Jesu im Jahre 33 bis zum Apostelkonzil ca. 49 bieten Kapitel 6­10. Kapitel 11­14 sind Fragen der Überlieferung der synoptischen Tradition (11: »Between Jesus and Gospel Text«) sowie dem Charakter und dem historischen Quellenwert von »Q«, dem MkEv und dem JohEv gewidmet. Kapitel 15 rundet das Buch mit einer »Final Reflection: What Cannot Be Denied« ab, und Appendix C setzt sich mit der alternativen Darlegung Crossans (s. o.) auseinander.B. weist überzeugend nach, dass die Zeit zwischen Jesu Tod und der historisch erfassbaren Bezeugung einer »hohen« Christologie sowie der soteriologischen Bedeutung von Christi Tod und Auferstehung sehr kurz gewesen sein muss. Paulus habe vermutlich bereits 34 bei seiner Aufnahme in die Gemeinde in Damaskus entsprechende christologisch-soteriologische Paradoseis empfangen, die auf Petrus zurückgingen und schon von Jerusalem nach Damas kus mit (wegen Verfolgung fliehenden?) Jüngern gelangt waren. Ausgehend von den Voraussetzungen, dass die Apostelgeschichte des Lukas eine sehr weitgehend zuverlässige Geschichtsquelle ist und dass sowohl vor allem die Paulusbriefe als auch Hebr (vgl. 106­109), Jak und 1Petr (126­135) zusätzliche, sich in den zeitlichen Verlauf leicht einordnende Auskünfte bieten, beschreibt B. Ereignisse und Entwicklungen der frühen Jahre des Urchristentums. Die dargebotenen Zusam menhänge sind allen Kennern der zu Grunde ge legten Quellentexte weitgehend vertraut, aber einige Vorschläge oder Erkenntnisse sind neu und anregend, wie etwa einige Aspekte der Unterscheidung zwischen »Hebräern« und »Hellenisten« und des missionarischen Wirkens dieser beiden Gruppen (66­68.71­73. 95 ff.).

Kritisch muss angeführt werden, dass B. es in einiger Hinsicht zu leicht mit der Beurteilung und Auswertung der von ihm benutzten frühchristlichen Quellen nimmt. Dies macht sich besonders bemerkbar in Bezug auf die Apg. Auf Grund der sog. »Wir-Berichte« schließt er zu Recht, dass Lukas zeitweise Begleiter des Paulus war und darum ein verlässlicher Zeuge der paulinischen Mission ist. Aber darüber hinaus die Apg als eine ebenso zuverlässige Quelle in den Kapiteln 1­15 zu behandeln, ohne Fragen der Quellenbenutzung und -bearbeitung seitens des Lukas zu erörtern, ist unbefriedigend. Hinsichtlich der Apg ist außerdem die Berücksichtigung der Forschung viel zu einseitig; man vermisst bei dem großen Vertrauen B.s in ihre Zuverlässigkeit eine ernsthafte Auseinandersetzung mit anders lautenden kritischen Stimmen. Ferner bedürfen umstrittene chronologische Einordnungen, wie 33 als Jahr der Kreu zigung Jesu und die Gleichsetzung der Gal 2,1­10 besprochenen Jerusalemreise mit der Apg 11,27­30; 12,25 erwähnten Reise statt dem sog. Apos telkonzil, einer ausführlichen Untermauerung, die ganz fehlt. Wenig überzeugend ist auch der Versuch, das JohEv als schriftliche Fixierung (vor 66) einer frühen Judenmission in Israel nach Judäa zu verlegen, zumal B. diesen Kreis und dessen Wirken in das sonst gezeichnete Bild überhaupt nicht einzuordnen vermag (Kapitel 14).

Dagegen liefern die der Jesusüberlieferung, »Q« und Mk geltenden Kapitel 11­13 unter gebührender Berücksichtigung der Forschung einen überzeugenden Nachweis, dass wir es mit einem ununterbrochenen und theologisch einheitlichen Überlieferungsprozess zu tun haben. Im Ganzen ist es B. gelungen, eine weitgehend geschlossene und überzeugende Darstellung der ersten 15 bis 20 Jahre des Urchristentums vorzulegen.