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Ausgabe:

Februar/2007

Spalte:

161-162

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Thon, Johannes:

Titel/Untertitel:

Pinhas ben Eleasar ­ der levitische Priester am Ende der Tora. Traditions- und literargeschichtliche Untersuchung unter Einbeziehung historisch-geographischer Fragen.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2006. XVI, 180 S. m. Abb. gr.8° = Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte, 20. Geb. EUR 28,00. ISBN 3-374-02383-5.

Rezensent:

Reinhard Achenbach

Die Hallenser Dissertation bietet nach einer einleitenden Aufzählung der über die Pinhas-Gestalt vorliegenden Materialien und einer methodischen Erwägung über das Verhältnis zwischen literarkritischer und traditionskritischer Textanalyse (1­32) eine Untersuchung der in diesem Zusammenhang einschlägigen biblischen Texte Num 25 (33­64), Bundestradition und Levibund Mal 2,4­8 (65­78), der Midianiterkriegserzählung Num 31 (79­101), der Lokalisierung der Pinhasgrab-Überlieferung Jos 24,33 (101­124) und der Genealogie Ex 6,14­25 im Verhältnis zu Esr 8,2 und 2Sam 8,17 (125­140).

Der fragmentarische Charakter der Überlieferung wirkt sich nicht nur in der disparaten nachbiblischen Legendenbildung aus, sondern auch in allen Versuchen, einer historischen Rekonstruktion ihrer Genese. Die Grabtradition in Jos 24,33 beruht auf rein literarischer Konstruktion. Der Vf. vermutet den Ursprung der Figur mit dem ägyptischen Namen in einer Priestergenealogie der Eliden von Silo (1Sam 2,34; 14,3), in deren Linie das zadokidische Priestergeschlecht in Anknüpfung an Ahitub eingeschrieben worden sei (2Sam 8,17). In nachexilischer Zeit hätten die Zadokiden selbst eine aaronidische Genealogie verwendet (Ex 6,14­25), um sich unter Nutzung der Namensgleichheit (Pinhas, V. 25) aus dieser herzuleiten. Unter Ausnutzung intertextueller Bezüge zu vorgegebenen Texten aus Ex 32, Num 17 und 2Sam 21,1­10 hätten sie in Polemik gegen die Mose-Midian-Tradition eine Pinhas-Legende entworfen (Num 25,5­13.19), nach der dieser als vom göttlichen Eifer getriebener idealer Priester durch die Gewährung eines ewigen Priesterbundes als Ahnvater der Zadokiden in eine religiöse, rechtliche und soziale Sonderstellung erhoben worden sei. Das scharfe Vorgehen gegen die Mischehen sowie die genealogische Verbindung auch des Esra mit Pinhas (Esr 7,1­5) weise auf eine Verbindung zu dessen Reformtätigkeit hin und lege daher laut Vf. die Annahme einer Entstehung der Legende im Rahmen der Endredaktion des Pentateuchs nahe. Jos 22,9­34* und Num 25,14­18; 31* enthielten spätere Fortschreibungen, die die um fängliche Wirkungsgeschichte der Pinhasgestalt begründeten.

Die argumentative exegetische Begründung dieser an sich durchaus diskussionswürdigen These ist in ihrer Durchführung leider unbefriedigend. In knapper Sprache werden die Befunde und Positionen der Forschung meist mehr aufgelistet als diskutiert. Dem komplexen Problem der literarischen Genese von Num 25 versucht der Vf. dadurch beizukommen, dass er anstatt einer Verarbeitung fragmentarischer Vorlagen oder Traditionen in V. 6 ff. eine Fortschreibung annimmt. Die Begründung, dass mit »der Midianiterin« V. 6 Zippora gemeint und V. 15 sekundäre Zufügung sei, ist nicht sehr einleuchtend und hat keinen wirklichen Anhalt im Text (48.51 f.). Dass in Num 25 auf zwei unterschiedlichen Ebenen an die Bundesbruchthematik aus Ex 32 angeknüpft wird, ist ebenso deutlich wie der Umstand, dass V. 6 ff. in diesem Zusammenhang auf einer späten Überlieferungsstufe steht. Warum dies aber die Stufe einer Pentateuchredaktion sein soll, wird nicht begründet, und der Hinweis auf den Umstand, dass Num 25 mit Num 17 »die meisten wörtlichen Übereinstimmungen hat« (59), reicht in diesem Zusammenhang nicht aus. Dass Mal 2,4­8 zwar im traditionsgeschichtlichen Gefälle sowohl von Num 25 als auch von Dtn 33,8­11 steht, wird schon dadurch deutlich, dass die Priester-Bundes-Theologie auf den Patriarchen selbst zurückprojiziert wird (75). Unklar bleibt, was dies für das Verhältnis zwischen der pentateuchischen, zadokidischen Überlieferung und der hiergegen kritisch gerichteten Fortschreibung der Prophetie historisch bedeutet. Zu welchen Kombinationen man sich hinsichtlich der Lokalisierung des Gibea des Pinhas hat inspirieren lassen, das wird kundig, knapp und aus eigener landeskundlicher Anschauung gespeist, dargestellt (106­113). In Anknüpfung an ältere Überlegungen von K. Budde, E. Auerbach u.a. vermutet der Vf., dass mit dem in Jos 24,33 erwähnten Gibea eine Ortslage bei Kirjat-Jearim gemeint sei (1Sam 7,1) und dass bei der Konstruktion der Aaroniden-Genealogie der dort angesiedelte Name des Ladehüters Eleasar ben Abinadab genutzt worden sei (118­122). Leider beruht diese Überlegung auf genauso spekulativen Kombinationen wie die, dass eine ursprüngliche Herleitung des Pinhas von Elieser ben Mose durch die Zadokiden in eine von Eleasar ben Aaron umgemünzt worden sei (142).