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Ausgabe:

Februar/2007

Spalte:

142-143

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Scheuchenpflug, Peter [Hrsg.]:

Titel/Untertitel:

Tröstende Seelsorge. Chancen und Herausforderungen für christliches Handeln in der pluralen Welt.

Verlag:

Würzburg: Echter 2005. 250 S. gr.8° = Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge, 60. Kart. EUR 25,00. ISBN 3-429-02731-4.

Rezensent:

Christian Möller

Dieser Sammelband geht auf eine Studientagung zurück, die im Oktober 2005 an der Universität Regensburg aus Anlass der 25-jährigen Lehrtätigkeit von Prof. Dr. Konrad Baumgartner stattfand. Dem Jubilar ist dieses Buch zugleich zu seiner Emeritierung ge widmet. Nun haben es Jubiläumsschriften und Festgaben oft an sich, dass sie einem Kraut- und Rübenfeld gleichen, auf dem alles Mögliche nebeneinander wächst. Das ist aber in diesem Sammelband sicherlich nicht der Fall. Er gleicht eher einem bunten Blumenstrauß, den Freunde, Kollegen und Schüler in homogener Weise durch das Motiv des Trostes zusammengebunden haben.

So manche, die sich als Trost-Kundige ausgewiesen haben, finden sich hier wieder: Ottmar Fuchs, Praktischer Theologe aus Tü bingen, der biblische Konturen einer Theologie des Trostes schon 1988 umrissen hat; Georg Langenhorst, Religionspädagoge aus Erlangen, der seine fundamentale Habilitationsschrift »Trösten lernen?« aus dem Jahr 2000 hier weiterführt, indem er am Beispiel der Freunde Hiobs sowohl im biblischen Buch Hiob wie im gleichnamigen Roman von Joseph Roth deutlich macht, wie unendlich schwer das Trösten sein kann, wie leicht es scheitert und doch immer wieder neu riskiert werden muss; Sibylle Rolf, Habilitandin in Heidelberg, die ihre ebenso scharfsinnige wie einfühlsame Auseinandersetzung mit der Logotherapie Viktor E. Frankls aus ihrer praktisch-theologischen Dissertation »Vom Sinn zum Trost«, Müns ter 2003, hier weiterführt, indem sie überzeugend deutlich macht, wie der Begriff »Sinn« noch auf einer kognitiven Ebene verbleibt, während eine am Begriff »Trost« orientierte konsolatorische Seelsorge den Riss in den Blick bekommt, den die Sünde in die Existenz des Menschen gerissen hat, so dass allein die Klage hilft, die eine Hilfe von außen evoziert: »Wer wird mich retten aus diesem Todesleib? Gott sei Dank für unseren Herrn Jesus Christus!« (Röm 7, 24 f.); Michael Heymel zeigt, wie Musik zur »Auferstehungssymphonie« wird und Menschen bis in die Tiefe ihrer Existenz verwandeln kann. Er ist Privatdozent für Praktische Theologie sowie Pfarrer im Odenwald und führt seine vielfältigen Arbeiten zur musikalischen Seelsorge hier weiter, indem er am Beispiel des früh verstorbenen rumänischen Pianisten Dinu Lipati und am Beispiel von Gustav Mahlers zweiter Symphonie darstellt, wie einer sein Leben und sein Sterben in das unnachahmliche Spiel eines Bach-Chorals hineinlegen kann.

Es sind in diesem Sammelband jedoch nicht nur Trost-Kundige aus katholischer wie evangelischer Theologie vertreten, sondern auch aus dem Raum der Kirche. Besonders berührt hat mich der Beitrag von Bischof Dr. Joachim Warnke aus Erfurt, der im Blick auf »nicht religiös inkulturierte Zeitgenossen« nach »Einstiegsportalen« für den Trost fragt, den Christen erfahren. Er schafft diese Portale in seinem Erfurter Bistum mit dem Angebot von Totengedenkfeiern für Nichtglaubende, deren Angehörige anonym bestattet wurden, weil es schwierig, auf Dauer fast unerträglich sei, keinen Ort für die Trauer um die Toten zu haben. Die Zeichen und Texte der Kirche bieten gleichsam »Geländer« des Trostes auch für diese Menschen an. Berührt hat mich auch der Beitrag von Weihbischof Paul Wehrle aus Freiburg, der Trost nicht bloß auf der individuellen, sondern auch auf der ekklesiologischen Ebene ansiedelt: Trost müsse geradezu ein Stilelement kirchlichen Handelns werden, denn dann wird sie eine »Kirche, die bei Trost ist«.

Trost hat freilich auch eine trotzige Seite, denn wer »getrost« ist, hat auch Mut zum Widerstand. Diese trotzige Seite des Trostes hat mir in diesem schönen Sammelband etwas gefehlt. Das kann freilich nicht daran hindern, ihn all denen zu empfehlen, die am Thema »Trost« und am Thema »Seelsorge« arbeiten, weil sie hier eine Quelle vielfältiger Anregungen entdecken werden.