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Ausgabe:

Januar/2007

Spalte:

60-62

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Bullinger, Heinrich:

Titel/Untertitel:

Briefe des Jahres 1540. Unter Benützung der Abschriften von E. Egli u. T. Schieß. Philologische Beratung durch R. Jörg u. B. Schnegg.



Verlag:

Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2003. 224 S. gr.8 = Heinrich Bullinger Werke, Zweite Abtl.: Briefwechsel, 10. Lw. EUR 70,00. ISBN 3-290-17265-1.



Rezensent:

Ernst Koch

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Bullinger, Heinrich: Briefwechsel. Ergänzungsband A: Addenda und Gesamtregister zu Band 110.
Bearb. v. H. U. Bächtold u. R. Henrich. Unter Benützung der Abschriften von E. Egli u. T. Schieß. Philologische Beratung durch R. Jörg u. B. Schnegg. Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2004. 175 S. gr.8° = Heinrich Bullinger Werke, Zweite Abtl.: Briefwechsel, Ergänzungsbd. A. Lw. EUR 68,00. ISBN 3-290-17316-X.

Heinrich Bullingers Privatbibliothek. Bearb. v. U. B. Leu u. S. Weidmann. Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2004. VI, 201 S. u. Anhang m.100 S. Abb. gr.8° = Heinrich Bullinger Werke, Erste Abtl.: Bibliographie, 3. Lw. EUR 86,00. ISBN 3-290-17269-4.

Mit den beiden nunmehr erschienenen Teilbänden rundet sich die erste Dekade der seit 1973 in Veröffentlichung befindlichen Ausgabe des Briefwechsels Bullingers. Für das Jahr 1540 handelt es sich um 99 Stücke, von denen 84 erstmals veröffentlicht werden. Angesichts dieses Briefwechseljahrgangs entsteht der Eindruck, dass die Interessen der Korrespondenten vom internationalem Geschehen beherrscht sind. Bemerkenswert bleibt, dass B. selbst nach wie vor Distanz zu den Ereignissen um den Schmalkaldischen Bund wie auch zu den Religionsgesprächen in Hagenau und Worms einhält. Die Dichte der Korrespondenz mit Basel und den süddeutschen Freunden setzt sich fort. Interessant sind die Berichte des Studenten Rudolf Gwalther vom Leben und Treiben in Marburg.

Die Texterstellung und Kommentierung der Briefe auch dieses Jahrgangs bleibt zuverlässig und informativ. Andeutungen der Briefpartner ­ beispielsweise des Stadtschreibers Oswald Pergener in Zittau ­ lassen erkennen, dass eine Reihe von Briefen B.s verloren gegangen sind. Unter den Provenienzen der handschriftlichen Vorlagen der veröffentlichten Briefe taucht Krakau auf.

Vom »weitläufigen Labyrinth, das die Edition darstellt«, spricht das Vorwort des ersten Addendabandes der Briefedition. Gemeint ist damit, dass es sich bei den abgedruckten Briefen nur zum Teil um Neufunde bzw. bisher aus Drucken stammende, nicht in die Edition übernommene Stücke handelt, überwiegend aber um zeitlich nicht (genau) einzuordnende Texte bzw. Briefe bisher nicht zu identifizierender Absender. Unter den Neufunden ist der Begleitbrief der Pfarrer von Zürich an Kardinal Albrecht von Brandenburg, mit dem sie diesem die deutsche Übersetzung von »De corpore et sanguine Domini« von Ratramnus von Corbie zustellten (Nr. 108a).

Der Ergänzungsband weist zwei weitere wichtige Teilinhalte auf: Ergänzungen und Berichtigungen zu den bisher erschienenen zehn Bänden und ein Gesamtregister der Namen und Orte dieser Bände einschließlich des Ergänzungsbandes. ­ Die erreichte dichte Erscheinungsfolge der Einzelbände lässt auf glückliche Fortsetzung der Edition hoffen.

Nach dem Briefwechsel ist zudem ein weiterer Band der 1. Abteilung der Ausgabe von Heinrich Bullingers Werken anzuzeigen, nachdem die beiden ersten Bände, die Primärbibliographie seiner Werke und eine Bibliographie der Literatur über B. seit 1972 bzw. 1977 vorliegen. Die Bibliographien bzw. Rekonstruktionen von Bibliotheken wichtiger Gestalten der Vergangenheit finden Interesse unter dem Gesichtspunkt, ihnen sozusagen bei ihrer Arbeit über die Schulter blicken zu können und festzustellen, welche Literatur ihnen selbst zur Verfügung stand und worauf sie möglicherweise Bezug genommen haben könnten. Darüber hinaus vermitteln solche Bibliotheken einen Eindruck vom Radius ihrer Interessen oder auch Beziehungen.

Die vorliegende Rekonstruktion von B.s Bibliothek stützt sich als Grundstock auf eine Kartei für Bestände der Zentralbibliothek Zürich, die in einzelnen Bänden Nachweise von Vorbesitzern enthalten, gibt aber zu bedenken, dass der Zürcher Antistes deutlich mehr Bücher besessen haben muss als auf diesem Weg nachweisbar und damit in die mit diesem Band erarbeitete Liste von 217 Titeln aufgenommen worden sind. Weitere Quellen bieten Erwähnungen in B.s Briefwechsel und die nachweisbare Geschichte von B.s Bibliothek, die in der Einleitung dargestellt ist. Außerdem finden sich weitere Bände aus B.s Besitz in mehr als 14 weiteren Bibliotheken zwischen Rom und St. Louis (Missouri). Auch sie sind, wie auch Titel aus anderen Bibliotheken Zürichs, in die Liste aufgenommen. Aus weiteren Erwägungen der Herausgeber ergibt sich, dass lediglich etwa ein Viertel des Gesamtbestandes der ursprünglichen Bibliothek erhalten geblieben ist.

Die beiden Fachleute, die das Buch erarbeitet haben, bieten in der Einleitung interessante Beobachtungen zu weiteren Gelehrtenbibliotheken der Frühen Neuzeit, zu Buchpreisen, zu Buchgeschenken an B., zur Einrichtung seines Studierzimmers, gehen der Frage nach, wie man im 16. Jh. in Zürich in den Besitz von Büchern kommen konnte, und bieten eine Analyse des überkommenen Buchbestandes nach Fachgebieten. Der Katalog selbst bietet in alphabetischer Reihenfolge jeweils eine genaue Titelaufnahme, den modernen bibliographischen Nachweis der Titel und Hinweise auf Eintragungen, unter Umständen auch zur Besitzgeschichte der Einzelbände. Nicht verständlich ist, weshalb der Autor eines Buches, das B. besessen hat, als »nicht näher bekannt« bezeichnet wird (52). Bei Johann Anastasius handelt es sich um Johann Anastasius Veluanus (zu ihm vgl. Walter Hollweg: Neue Untersuchungen zur Geschichte und Lehre des Heidelberger Katechismus, Neukirchen 1961, passim). Ein umfangreicher Anhang enthält Photographien aus dem überlieferten Buchbestand, überwiegend Titelblätter, aber auch Seiten mit handschriftlichen Eintragungen B.s, Einbände u. a.

Der Band ist über die Beschäftigung mit B. hinaus wichtig für das Gebiet der Buchgeschichte und verdient weite Beachtung und Dank an die Herausgeber.