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Ausgabe:

März/1998

Spalte:

245

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Brenner, Athalya and Fokkelien van Dijk-Hemmes

Titel/Untertitel:

On Gendering Texts. Female and Male Voices in the Hebrew Bible.

Verlag:

Leiden-New York-Köln: Brill 1996. XIII, 211 S. gr.8° = Biblical Interpretation Series, 1. Kart. hfl 55.­. ISBN 90-04-10644-8.

Rezensent:

Irmtraud Fischer

Die vorliegende Paperback-Ausgabe ist ein unveränderter Nachdruck der 1993 erschienenen und inzwischen zum Standardwerk feministischer Bibelwissenschaft gewordenen Publikation der nun in Amsterdam lehrenden jüdischen Exegetin Athalya Brenner und der leider allzu früh verstorbenen holländischen Theologin Fokkelien van Dijk-Hemmes. "On Gendering Texts" sucht nach Texten von Frauen in der Hebräischen Bibel und nach einer Methode, diese von Texten, die von Männern in androzentrischer Perspektive verfaßt oder redigiert sind, zu unterscheiden. Es stellt die alte, letztlich nie ganz zu klärende Frage nach der Autorschaft neu vom Blickwinkel des sozialen Geschlechts (gender) her und sucht dabei nicht primär die Person des Autors oder der Autorin festzumachen, sondern weibliche oder männliche "Stimme" (male and female voice), die aus Texten zu erheben ist. Der Terminus "voice" indiziert dabei auch mündliche Überlieferung in schriftlich vorliegenden Texten (7). Die authentische Sichtweise von Frauen kann so auch in Texten erhoben werden, von denen wahrscheinlich ist, daß sie von Männern verfaßt wurden. Die durch die Hebung der "female voice" versuchte Neudefinition von Texten will dabei nicht nur weibliche Kultur im Alten Israel rekonstruieren, sondern Kultur an sich, da diese immer durch die Zweigeschlechtlichkeit bestimmt ist und war (13). Van Dijk-Hemmes stützt sich für ihre Rekonstruktion auf das Kulturmodell von Elaine Showalter und entwickelt dieses weiter (25 ff.).

Das Buch hat vier Teile, wobei der erste, von van Dijk-Hemmes verfaßte Teil die methodischen Grundlagen an einzelnen Fallbeispielen zu literarischen Gattungen darstellt und die drei weiteren sich einzelnen Textkomplexen thematisch nähern: Brenner liest Spr 1-9 als "female voice" und Koh 3,1-9 als "male voice". In Teil IV widmen sich beide Autorinnen dem heiklen Thema "pornographischer" Texte in prophetischen Schriften (Ez 23 und Jeremia). Brenner erhellt dabei mit einem zeitgenössischen Stück Literatur aus den siebziger Jahren die Charakteristika von pornographischen Texten und demaskiert damit misogyne, männliche Sichtweisen des weiblichen Körpers und der weiblichen Sexualität.

"On Gendering Texts" versucht weder die androzentrisch-ideologischen Problemfelder biblischer Texte zu beschönigen noch zu moralisieren. Auf manche Fragen wären sicher auch andere Antworten möglich. Aber die beiden Autorinnen verstehen ja ihr Buch gezielt als Diskussionsbeitrag, der die feministische Forschung vorantreiben soll. Es ist ihnen gelungen, ihre Methodik evident darzustellen und gleichzeitig den Nutzen der Anwendung anhand von vielfältigen Beispielen zu zeigen. Ein Bibelstellenregister ermöglicht den leichten Zugang zu der Fülle der bearbeiteten Texte. Es ist ein anspruchsvolles, aber dennoch leicht lesbares und anregendes Buch ­ wertvolle Prädikate für eine wissenschaftliche Publikation! Die billigere Paperbackausgabe ist ein erster Schritt zu einer breiteren LeserInnenschaft; eine deutsche Übersetzung wäre aber dennoch wünschenswert.