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Ausgabe:

März/1998

Spalte:

234

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Smend, Rudolf

Titel/Untertitel:

Bibel, Theologie, Universität. Sechzehn Beiträge.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1997. 263 S. kl.8° = Kleine Vandenhoeck-Reihe, 1582. Kart. DM 26,80. ISBN 3-525-33602-0.

Rezensent:

Henning Graf Reventlow

Rudolf Smend braucht man nicht vorzustellen. Mit Göttingen verbindet ihn ein jahrzehntelanges Wirken (gekrönt von seiner Präsidentschaft in der dortigen Akademie der Wissenschaften seit 1996). So ist es keine Überraschung, daß ihm der Verlag, mit dem er besonders verbunden ist, ein Bändchen in der Kleinen Vandenhoeck-Reihe widmet. Neben seiner Tätigkeit als Alttestamentler entwickelte Smend von Anfang an ein starkes forschungsgeschichtliches Interesse ­ das Göttinger Milieu legt das nahe, und nicht zufällig tauchen auch nicht wenige inhaltliche Beziehungen zu dieser traditionsreichen Universitätsstadt auf ­ und ist insbesondere durch seine Porträts von Theologen des 18. und 19. Jh.s bekannt geworden. Immer wieder gelingt es ihm, ein lebendiges Bild ihrer persönlichen Eigenart und wissenschaftlichen Bedeutung zu entwickeln.

In dieser Sammlung kommen beide Bereiche vor, weit überwiegend jedoch die forschungsgeschichtlichen Essays. Insgesamt sind sechzehn Beiträge enthalten. Sie stammen aus drei Jahrzehnten (vier davon aus den letzten Jahren) und sind (bis auf drei) sämtlich bereits veröffentlicht worden. Wer Rudolf Smend kennt, freut sich, vertraute Ausführungen (etwa über "Wellhausen in Greifswald", 135-165 (ZThK 78 [1981], 141-176), oder "Lessing als Gestalt der Kirchengeschichte" (aus: M. Greschat, Hrsg., "Gestalten der Kirchengeschichte", Bd. VIII, 1983 [19942]), 75-93) wiederzufinden, oder auch den (für das meist fachfremde dortige Publikum allerdings recht speziellen) Bonner Festvortrag über "Die zehn Gebote" (21-34) anläßlich des Abschieds von einem anderen mehrjährigen zeitaufwendigen Ehrenamt (in der Deutschen Forschungsgemeinschaft; all das wird auf der Rückseite des Titelblatts vom Verlag rühmend erwähnt). Besonders dankenswert ist der Wiederabdruck einiger an entlegener Stelle erschienener Stücke.

Außer den erwähnten Beiträgen sind aufgenommen: "Mose als geschichtliche Gestalt", 5-20 (HZ 260 [1995], 1-19); »Ich bin der Herr, dein Gott«, 35-40 (eine Predigt von 1993); "Hat die Bibel wirklich recht?", 41-45 (Rundfunkbeitrag 1965 ­ damals durch den entsprechend überschriebenen Bestseller von Keller aktuell, aber heute nicht weniger gegenüber dem fortbestehenden Fundamentalismus); "Beziehungen zwischen alttestamentlicher und neutestamentlicher Wissenschaft", 46-58 (ZThK 92 [1995], 1-12­ ein forschungsgeschichtlicher Überblick, besonders über das neunzehnte Jh., etwas skeptisch gegenüber heutigen Bemühungen um den Wiedergewinn einer gesamtbiblischen Theologie); "Theologie in Göttingen", 59-74 (FS für H. P. Meyer, 1989, 235-247); "Das Verhältnis des Pastorensohns Lessing zu Luther", 94-107 (B. Moeller, Hrsg., Luther in der Neuzeit, 1983, 55-69); "Herder und Göttingen", 108-134 (Bückeburger Gespräche ... 1988, 1989, 1-28); "Göttingen 1887 ­ die Universität in Preußen", 166-186 (Stationen der Göttinger Universitätsgeschichte, hrsg. B. Moeller, 1988, 68-90) ­ die farbige Darstellung eines Universitätsjubiläums, unmittelbar aus den Akten geschöpft und ein echtes Zeitbild!; "Glanz und Niedergang der deutschen Universität", 187-193 (EvTh 40 [1980], 181-188); "Der Exeget und der Dogmatiker", 194-208 (M. Trowitzsch, Hrsg., Karl Barths Schriftauslegung, 1996, 53-69); "Karl Barth in seinen späten Briefen", 209-216 (RKZ 117 [1976], 50-52) ­ das Interesse an Barth kennzeichnet Smend als einen reformierten Theologen; "Über einige ältere Autoren des Verlages Vandenhoeck & Ruprecht", 217-234 (ein Jubiläumsvortrag im Verlag von 1985); "Basels Theologische Zeitschrift", 235-244 (ThZ 51 [1995], 95-105).

Der Nutzen einer Paperback-Ausgabe in einer allgemeinen Reihe ist die Aussicht auf weite Verbreitung. Für ein fachfremdes Publikum ist die Sammlung freilich nur bedingt geeignet. Mit ein wenig historischer und theologischer Vorbildung wird man, wie immer bei dem Autor, Freude daran haben. Doch sollte sie auch aufgeweckte Studierende dazu anregen, sich mit Forschungsgeschichte zu beschäftigen, einem Gebiet, das leider noch immer außerhalb des normalen Lehrprogramms einer evangelisch-theologischen Fakultät (auch in Göttingen) steht. Langeweile läßt der Vf. nie aufkommen.