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Ausgabe:

Oktober/2006

Spalte:

1051 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Sklar, Jay:

Titel/Untertitel:

Sin, Impurity, Sacrifice, Atonement. The Priestly Conceptions.

Verlag:

Sheffield: Phoenix Press 2005. XI, 212 S. gr.8° = Hebrew Bible Monographs, 2. Geb. Euro 75,00. ISBN 1-905048-12-2.

Rezensent:

Henning Graf Reventlow

Die von G. Wenham betreute Dissertation ist eine Wortuntersuchung zur Wurzel kpr, in der Piel-Form des Verbums kpr, in Bezug auf das Nomen kpr Der Wortgebrauch wird in zwei zunächst unterschiedlichen Verwendungsbereichen erfasst: Part I (9­101) im Zusammenhang mit Sünde; Part II (103­136) mit [kultischer] Unreinheit. Part III (137­159) untersucht die enge Beziehung zwischen beiden Bereichen. Part IV (161­182) prüft die Rolle des Blutes im kpri-Vorgang, wobei die Kernaussage Lev 17,11 im Mittelpunkt steht.

Wichtig ist auch die Einleitung (1­8), in der S. auf die Deutung von kpr in der Auslegungsgeschichte eingeht. Hier ist nicht nur die Zusammenschau zwischen den Bereichen »Sünde« und »Unreinheit« angelegt, sondern auch die entsprechende Doppeldeutung vonkpr im Sinne von »sühnen« und »reinigen« (7). Dazu gehören dann in der englischen Übersetzung auch die Substantiva »atonement« und »purgation«.

Dies wird sogleich in Kapitel 1 »The Consequences of Sin in the Priestly Literature« (11­43) ausgeführt. Nicht unbedingt neu entdeckt, aber wichtig ist die Unterscheidung zwischen absichtlichen und unabsichtlichen Sünden: die ersten sind meist durch die Todesstrafe bedroht, die unabsichtlichen können gesühnt werden ¹sm Dazu ist ein Opfer als Loskauf nötig. Dies führt zur näheren Bestimmung der Bedeutung des Nomens kpr(Kapitel 2; 44­79). Die Übersetzung ist »ransom« (»Lösegeld»). S. sieht das Verb kpr pi. als Denominativ des Nomens an (47.86 u.ö.: vorsichtiger 77). Wie an einigen Texten (Ex 30,11­16; Num 35,30­34; Ps 49,8­9; Spr 6,20­35; 1Sam 12,1­5; Am 5,12; Jes 43,3­4: Hi 33,24) belegt wird, geht es um Ablösung eines Anspruches der geschädigten Partei, die gegen eine entsprechende Bezahlung von kpr zu Gunsten einer Milderung der zu erwartenden Strafe verzichtet. Der Schädiger ist auf deren Zustimmung angewiesen. Einige Ausdrücke aus dem Wortfeld, wie etwa n¹l werden angeführt. Als gleich fundamentale Bedeutung für kprø erscheint im Hinblick auf die genannten Funktionsaspekte »appeasement« (»Beschwichtigung«).

Kapitel 3 (80­101) untersucht das Verb kpr im Kontext von Sünde. Dazugehörige Verben sind slh (»vergeben«, als Reaktion Gottes auf die Darbringung (kprø) des kprø-Opfers durch den Priester (der dadurch Sühne erwirkt), ns¹ Œwn (von Gott, aber auch von einem Drittpartner, der die Sünde »wegträgt«). Auch der Aspekt der Reinigung kann anklingen.

In Part II wird in Kapitel 4 (105­136) das Verb kpr mit synonymen Verben der Reinigung (ht¹; thr) betrachtet, die jedoch mit Wasser oder Blut als Reinigungsmittel verbunden werden, während kpri ausschließlich Blut, d. h. ein Opfer, verwendet. Das Verb tritt auch im Zusammenhang mit Weihungen auf (»heiligen«, krs ­ die Wurzel wird in ihren verschiedenen Verbstämmen untersucht). Auch hier denkt S. an eine Bezahlung, weil Dienst am Heiligtum für Unreine auch Lebensgefahr, die abgewendet werden muss, bedeutet. Als Verb der Reinigung tritt kpri bei schwerer Verunreinigung auf. Die Verbindung mit kprø entsteht dadurch, dass bei Verunreinigung des Heiligen entstehende Lebensgefahr durch ein Lösegeld (Opfer) abgewendet werden muss. Deshalb ist eine einseitige Wiedergabe von kpr durch »reinigen« zu sehr eingeschränkt. Auch hier ginge es um eine kpri -Bezahlung.

Der kurze Part III (139­159 = Kapitel 5) befasst sich mit dem Verhältnis von Sünde und Unreinheit. Auch einige Forschermeinungen von D. Hoffmann über A. Büchler zu J. Klawans werden referiert. Dass moralische und kultische Unreinheit zu unterscheiden sind, darüber herrscht Konsens. Aber beide sind real. Zur Bedeutung des kpri-Ritus in diesem Zusammenhang wird gesagt: Dieser reinigt nicht nur Sünde und Unreinheit, sondern beide durch einkprø (blutiges Opfer), um Sünder und Unreinen vor Gottes Zorn zu schützen (154). Unbeabsichtigte Sünder und Träger schwerer Unreinheit benötigen kpr und Reinigung.

In Part IV (»kpri and the Role of Blood«, 161­187) befasst sich Kapitel 6 (163­182) mit diesem Thema durch eine Einzelexegese von Lev 17,11. Konsens bestehe darüber, dass kpri

Fertig korrigiert

Fussnoten:

hier durch Lösegeld charakterisiert ist. Die Präposition kpr im Zusammenhang mit kpr bedeutet, dass das Blut des Opfers als Lebenskraft die eigentliche Lösefunktion erfüllt. ­ Zur Art des in Lev 17,11 gemeinten Opfers bemerkt S., dass sich der Vers nicht ausschließlich auf Friedensopfer, sondern auch auf andere blutige Opferarten bezieht.

Der Band enthält noch einen Anhang (188­193) über die syntaktischen Verbindungen (mit verschiedenen Präpositionen), in denen die Wurzel kpr vorkommt, außerdem Bibliographie und Register. In der Bibliographie vermisst man die Arbeit von Christian Eberhart, Studien zur Bedeutung der Opfer im Alten Testament. Die Signifikanz von Blut- und Verbrennungsriten im kultischen Rahmen (Neukirchen-Vluyn 2002).

Es handelt sich um eine gründliche, am Text arbeitende Dissertation, die unbedingt Beachtung verdient. Eine kritische Anfrage wäre lediglich, ob die Bedeutung des Substantivs kpr nicht zu einseitig materiell verstanden wird. Es könnte sich in manchen Fällen auch um ein so genanntes »inneres Objekt« handeln, in dem sich die Aussage des Verbums noch einmal substantivisch widerspiegelt. Dass es sich in allen Fällen um eine finanzielle Wiedergutmachung (»Lösegeld«) handelt (auch wenn das bei dem Substantiv häufig die passende Übersetzung darstellt), ist bei einer symbolischen Anwendung (wie in Lev 17,11 für das lösende Blut) durchaus nicht sicher.