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Ausgabe:

Oktober/2006

Spalte:

1049 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Schmitt, Hans-Christoph:

Titel/Untertitel:

Arbeitsbuch zum Alten Testament. Grundzüge der Geschichte Israels und der alttestamentlichen Schriften.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2005. 478 S. m. 5 Ktn. 8° = UTB 2146. Kart. Euro 24,90. ISBN 3-525-03250-1 (Vandenhoeck & Ruprecht); 3-8252-2146-6 (UTB).

Rezensent:

Joachim Conrad

Mit dem vorliegenden Arbeitsbuch will der Vf. Grundwissen auf den Gebieten der Geschichte Israels und der Entstehungsgeschichte der alttestamentlichen Schriften vermitteln. Das Buch besteht daher aus zwei Teilen. Im ersten bietet er einen Abriss der Geschichte Israels bis zur Makkabäerzeit (11­146). Er beginnt ihn nach einer Einleitung, in der er auf die theologische Aufgabe einer Geschichte Israels, deren Periodisierung und Quellen eingeht, mit dem Königtum Sauls. Einen Einsatz mit der Geschichte des Nordreichs unter den Omriden lehnt er »wegen der für die Königszeit weitgehend gleichen alttestamentlichen Quellenlage« (5) ab. Auf die vorstaatliche Zeit geht er nach der Behandlung Josias und dessen Reform unter der Überschrift »Die die Identität ðIsraelsÐ bestimmenden Traditionen der Königszeit« ein (82­118). Obwohl es sich hierbei nur um Sagenüberlieferung handelt (5), eruiert er doch jeweils einen historischen Kern, aus dem sich wesentliche Gegebenheiten und Vorgänge der Vor- und Frühgeschichte Israels einschließlich der Erzväterzeit erschließen lassen. In dem erheblich umfangreicheren zweiten Teil wendet er sich zunächst der Kanon- und Textgeschichte zu (149­172) und behandelt anschließend die Entstehungsgeschichte des Pentateuch und seiner Quellenschriften sowie des deuteronomistischen und des chronistischen Geschichtswerks und der restlichen geschichtlichen Bücher (173­302), danach der prophetischen (303­413), poetischen (414­438) und weisheitlichen Bücher (439­458) und schließlich des apokalyptischen Danielbuches (459­ 470). Dabei konstatiert er zu Beginn dieses Teils eine Krise der neueren Einleitungswissenschaft (149­155), die darin besteht, dass versucht wird, »mit einem verfeinerten Methodeninstrumentarium die Entstehungsgeschichte der einzelnen Bestandteile des AT in immer differenzierterer Weise zu rekonstruieren«, und dies zu einer »den theologischen Sitz im Leben exegetischer Arbeit nicht mehr berücksichtigenden Verabsolutierung historischer Fragestellungen« führt (149). Stattdessen handelt es sich bei dem Alten Testament um eine Sammlung, die »nur in ihrer theologischen Bedeutung als für die Synagoge bzw. für die Kirche autoritative (ðkanonischeÐ) Literatur sachgemäß zu verstehen« ist (154). Er legt daher seinerseits großes Gewicht auf diese Thematik und geht insbesondere bei den einzelnen Schriften und Quellen stets genauer auf deren theologische Intentionen ein. Darüber hinaus erörtert er in vier Exkursen zu den Bundesvorstellungen (200­208), der Messiaserwartung (333­342), den Zionspsalmen und der Zionstheologie (426­429) sowie zum Todesverständnis (463­467.469 f.) auch einige schriftenübergreifende Themen alttestamentlicher Theologie. Den Abschluss bilden Register der Namen und Sachen sowie ausgewählter Bibelstellen (471­478). Zu allen Teilbereichen stellt er ausführliche und aktuelle Literaturangaben zusammen. Außerdem listet er vor allem im zweiten Teil regelmäßig Repetitionsthemen auf und setzt damit Schwerpunkte für die Durcharbeitung des Buches.

Insgesamt ist hervorzuheben, dass der Vf. einen souveränen und einprägsamen Überblick über die weiten Bereiche der beiden alttestamentlichen Disziplinen mit ihren komplexen Problemen bietet und damit ein für die Zwecke des Studiums sehr handhabbares Arbeitsbuch geschaffen hat. Dass er hierbei aus langjährigen Erfahrungen in Lehre und Forschung schöpft, wird immer wieder deutlich. Vorbildlich ist vor allem die Behandlung des Pentateuch, die einen Schwerpunkt des Buches bildet und bei der er die wesentlichen Positionen der Pentateuchkritik und deren Hauptargumente bis zur Gegenwart erfasst und auf knappem Raum ein kohärentes und differenziertes Bild zeichnet, in dem er, wie bei der Thematik der spätdeuteronomistischen Redaktion des Pentateuch, auch Akzente aus den Erträgen spezieller eigener Forschungen setzt. Sehr bemerkenswert ist auch die konzise Darstellung der Kanon- und Textgeschichte, an deren Ende er mit Recht betont, dass dem masoretischen Kanon ein Vorrang vor den außermasoretischen Textzeugnissen und der Septuaginta zukommt, da es sich bei ihm um die im Ganzen am besten überlieferte Gestalt des Alten Testaments handelt, die als solche auch für die christliche Theologie grundlegend ist.

Auf die weiteren Teile des Buches kann hier nicht näher eingegangen werden. Nur die folgenden Bemerkungen seien noch gemacht. Was den Abriss der Geschichte Israels betrifft, so bietet der Vf. ein Bild, bei dem die neuerliche Infragestellung des Quellenwerts eines Großteils der einschlägigen alttestamentlichen Texte unberücksichtigt bleibt. Auch wenn er im Einzelnen mit vielerlei späten Zusätzen und Bearbeitungen rechnet, die ihrerseits nicht als Quellen für ältere Perioden herangezogen werden können, und zudem häufig darauf hinweist, dass die Datierung bestimmter Texte umstritten ist, bewegt er sich doch grundsätzlich auf traditionellen Bahnen, wie besonders seine Darstellung Davids und des davidisch-salomonischen Großreichs sowie der Vor- und Frühgeschichte Israels zeigt.

Nun hat ein solcher Standpunkt durchaus sein Recht, zumal die gegenwärtige Forschung sehr im Fluss und ein Konsens noch nicht abzusehen ist. Es wäre aber doch zu fragen, ob die Benutzer dieses Arbeitsbuchs nicht nur in einleitenden Bemerkungen (14), sondern auch bei der Darstellung der einzelnen Perioden auf entsprechende Entwicklungen in der Forschung hingewiesen werden müssten, da es sich bei Letzteren ja nicht nur um Randerscheinungen handelt und die Benutzer früher oder später im Lehrbetrieb oder in aktuellen Veröffentlichungen, die der Vf. immerhin bei den Literaturangaben aufführt, damit konfrontiert werden. Anders ist es bei den prophetischen Büchern, die in der gegenwärtigen Forschung ebenfalls auf dem Prüfstand stehen. Hier weist er durchgängig auf aktuelle Problemstellungen hin, auch wenn er wie schon in den obigen Zitaten zur Lage der Einleitungswissenschaft deutlich zu erkennen gibt, dass er bestimmten neueren Tendenzen abhold ist und im Zweifelsfall, wie etwa bei Protojesaja, eher eine konservativere Linie verfolgt.

Von dieser Einstellung ausgehend aber sind seine Darlegungen insgesamt abgerundet und folgerichtig und können daher trotz einiger Anfragen, die zu stellen sind, als solide Grundlage und als Anregung für alle weiterzuführende Arbeit am Alten Testament empfohlen werden