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Ausgabe:

Oktober/2006

Spalte:

1045 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Day, John [Ed.]:

Titel/Untertitel:

Temple and Worship in Biblical Israel.

Verlag:

London-New York: T & T Clark International (Continuum) 2005. XVIII, 559 S. gr.8°= Library of the Hebrew Bible. Old Testament Studies, 422. Geb. £ 95,00. ISBN 0-5670-4262-6.

Rezensent:

Wolfgang Zwickel

Der Sammelband enthält 23 Beiträge, die in den Jahren 2001 bis 2003 als Vorträge im Rahmen des Oxford Old Testament Seminar gehalten und für den Druck umgearbeitet wurden. Schon ein Blick in das Inhaltsverzeichnis zeigt, welch weiter Bogen hier gespannt wird.

So gibt es Beiträge zu Tempeln und Kultplätzen in Israel und der kanaanäischen Welt (von M. S. Smith [s. u.], E. Block-Smith [Ma.s.s¯ebôt in the Israelite Cult: An Argument for Rendering Implicit Cultic Criteria Explicit, 28­39], S. Sh. Brooks [From Gibeon to Gibeah: High Place of the Kingdom, 40­59]), zu Fragen des Tempelbaus und der Gottesdienstpraxis nach den alttestamentlichen Texten (von V. A. Hurowitz [YHWH¹s Exalted House ­ Aspects of the Design and Symbolism of Solomon¹s Temple, 63­110], J. Barton [The Prophets and the Cult, 111­122], H. G. M. Williamson [Temple and Worship in Isaiah 6, 123­144], P. M. Joyce [Temple and Worship in Ezechiel 40­48, 145­163], J. Middlemas [Divine Reversal and the Role of the Temple in Trito-Isaiah, 164­187], A. C. Hagedorn [Placing (a) God. Central Place Theory in Deuteronomy 12 and at Delphi, 188­211], I. Wilson [Merely a Container? The Ark in Deuteronomy, 212­249], J. Day [s. u.], Ph. S. Johnston [Ordeals in the Psalms?, 271­291], St. Weeks [Wisdom Psalms, 292­307], S. Gillingham [s. u.], D. W. Rooke [The Day of Atonement as a Ritual of Validation for the High Priest, 342­364] und J. Jarick [The Temple of David in the Book of Chronicles, 365­381]) und schließlich solche zum Tempel und seinem Kult in der spätnachexilischen Zeit und im Neuen Testament (von C. T. R. Hayward [Understandings of the Temple Service in the Septuagint Pentateuch, 385­400], M. A. Knibb [Temple and Cult in Apocryphal and Pseudepigraphal Writings from Before the Common Era, 401­416], G. J. Brooke [The Ten Temples in the Dead Sea Scrolls, 417­434], M. M. Zahn [New Voices, Ancient Words: The Temple Scroll¹s Reuse of the Bible, 435­458], M. Goodman [The Temple in First Century CE Jerusalem, 459­468], Chr. Rowland [The Temple in the New Testament, 469­483] und L. J. Kreitzer [The Messianic Man of Peace as Temple Builder: Solomonic Imagery in Ephesians 2.13­22, 484­512]).

Überraschenderweise fehlen ausführliche Beiträge (außer dem Aufsatz von Rooke) zur priesterschriftlichen Sinaiperikope. Und auch ein Blick in das Bibelstellenverzeichnis zeigt, dass z. B. zu den Psalmen allein 23 Spalten Verweisstellen zu finden sind, zur gesamten Sinaiperikope gerade einmal sieben. Dies macht deutlich, dass es in diesem Sammelband nicht das Ziel war, einen umfassenden Überblick über die gesamte Entwicklung des Tempelkults in Israel zu bieten, sondern dass schwerpunktmäßig einige Aspekte im Mittelpunkt des Interesses standen, die teilweise in der Forschung bislang vernachlässigt worden waren.

Aus Platzmangel können nachfolgend nur drei nach der subjektiven Ansicht des Rezensenten besonders interessante Beiträge kurz vorgestellt werden. Der erste stammt aus der Feder von M. S. Smith und trägt die Überschrift »Like Deities, Like Temples (Like People)« (3­27). Smith interpretiert hier den Tempelbau, wie er sich auf Grund literarischer Quellen (vor allem Ugarit und Altes Testament) darstellt, als Ausdruck der mit den Gottheiten verbundenen Theologie. Der Tempel symbolisiert die mit der Gottheit verbundene Fruchtbarkeit, die Lebenssymbolik und die Heiligkeit. Die Größe der Tempel und der Kultgeräte, die die Größe profaner Gerätschaften oft weit übersteigen, veranschaulichen so die Größe, Macht und Attraktivität einer Gottheit. Der Tempel »versinn-bild-licht« in Kurzform Sachverhalte, die in Erzähltexten in wesentlich komplexerer Form dargestellt werden. Dieser Aufsatz stellt in kurzer und prägnanter Darstellung die Tempeltheologie, wie sie sich in der Architektur ausdrückt, zusammen und ist daher einer der zentralen Einstiegstexte für alle, die sich mit Tempelbau beschäftigen. Für die Zukunft wird es nun eine spannende Fragestellung sein, welche theologische Relevanz unterschiedliche Baustrukturen in den Tempeln haben und wie sich Bausubstanz so mit der Theologie einer bestimmten Gottheit verbinden lässt.

Ein Themenfeld, das die breite Öffentlichkeit (vgl. z. B. Indiana Jones) offenbar noch wesentlich mehr fasziniert als die exegetische Fachwelt, ist die Frage nach dem Verbleib der Bundeslade. J. Day fragt daher »Whatever Happened to the Ark of the Covenant?« (250­270). Immerhin zwölf verschiedene Thesen diskutiert er in diesem Beitrag und kommt zu dem Schluss, dass die Lade am wahrscheinlichsten bei der Zerstörung des Tempels 586 v. Chr. vernichtet wurde.

S. Gillingham bietet in ihrem Beitrag »The Zion Tradition and the Editing of the Hebrew Psalter« (308­341) einen Überblick über die Zionstradition, soweit sie sich in den Psalmen findet. In 75 Psalmen steht die Anwesenheit Gottes in Jerusalem bzw. auf dem Zionshügel in irgendeiner Art und Weise im Zentrum des jeweiligen Psalms; diese Psalmen sind über den gesamten Psalter verteilt. Bemerkenswert ist eine leider nicht breit ausgeführte These am Ende ihres Beitrages, die in Zukunft noch näher bedacht werden müsste: Sie vermutet, dass die Endredaktion des Psalters auf eine Gruppe levitischer Kreise zurückgeht, die auch für die Endredaktion der Chronikbücher verantwortlich ist.

Die Begriffe »Tempel« und »Kult« werden in diesem Band zum Teil sehr weit gefasst. Manche Beiträge hätte man eher unter einer anderen Buchüberschrift gesucht. Trotzdem (oder gerade deshalb) bietet der Sammelband ein interessantes und breites Spektrum der Tempeltheologie.