Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Oktober/2006

Spalte:

1023 f

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Leppin, Volker, u. Matthias Werner [Hrsg.]:

Titel/Untertitel:

Inmitten der Stadt: St. Michael in Jena. Vergangenheit und Gegenwart einer Stadtkirche.

Verlag:

Petersberg: Imhof Verlag 2004. 302 S. m. zahlr. Abb. gr.8°. Geb. Euro 30,00. ISBN 3-937251-25-1.

Rezensent:

Gerhard Graf

Seinen Ausgangsort hat das ansprechende Buch in einer Ringvorlesung, die, initiiert von der Friedrich-Schiller-Universität, der Stadt Jena, der Kirchgemeinde und dem Kirchenbauverein, den Wiederaufbau des kriegszerstörten Turmes von St. Michael zum Anlass nahm, um über die Geschichte und Ausstrahlung dieses Gotteshauses in mehr als 750 Jahren öffentlich nachzudenken. Dies erfolgte im Frühsommer 2002 unter der Anteilnahme von stets mehreren hundert Hörern mit Beiträgen von 11 Referenten, die als Landes-, Stadt-, Kirchen- und Kunsthistoriker, als Theologen und Mitglieder des Kirchenbauvereins in einem historischen Längsschnitt unter wechselnden Aspekten bis in die jüngste Zeit Bericht erstatteten. Für den Druck wurden die Beiträge überarbeitet. Zum Teil ist der damals fesselnde Vortrag noch unmittelbar zu spüren, andere wandelten sich zu monographischen Ausarbeitungen, die den wissenschaftlichen Disput suchen.

Die Themen sind folgende: Die Anfänge Jenas und seiner Stadtkirche (Matthias Werner), das Michaelspatrozinium (Gerhard Jahreis), Architektur und Baugestalt (Dieter Blume), die Beziehung Klosterkirche und Bürgerkirche im Spätmittelalter (Enno Bünz), Stadtkirche und reformatorische Bewegung (Volker Leppin), St. Michaels Pfarrer im 17. und 18. Jahrhundert (Ernst Koch), Stadtkirche und bürgerliche Öffentlichkeit im 19. Jahrhundert (Stefan Gerber), Zerstörung im Krieg und mühseliger Wiederaufbau seit 1945 (Thomas A. Seidel), St. Michaels Bedeutung in der Wende 1989/90 (Michael Dorsch), eine Zwischenbilanz zur Restaurierung der Stadtkirche (Wolfgang G. Deurer) und St. Michael als liturgischer Raum (Klaus Raschzok). Dem Band beigegeben sind zahlreiche gut erläuternde Abbildungen in Schwarzweiß und auch in Farbe (Zusammenstellung Petra Weigel).

Nach Lektüre der Beiträge wird nicht nur der stete Andrang damals in St. Michael erklärlich, sondern man hat auch Freude an der Art, wie hier Geschichte vergegenwärtigt wird. Jene interdisziplinäre und vernetzende Konzeption zeigt sich als gelungener Versuch, Kirchengeschichte als Teil der Stadtgeschichte, und beides auch umgekehrt, neu in das Bewusstsein zu heben. Diese Selbstbesinnung in einer Stadt, die sich damit zugleich den Weg in die Zukunft eröffnet, wünschte man auch für andere Städte, die ebenfalls lange mit einem oft nur selektiven Geschichtsbild konfrontiert waren.