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Ausgabe:

Juli/August/2006

Spalte:

942 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Ziebertz, Hans-Georg, Heil, Stefan, Mendl, Hans, u. Werner Simon

Titel/Untertitel:

Simon: Religionslehrerbildung an der Universität. Profession ­ Religion ­ Habitus.

Verlag:

Münster: LIT 2005. IV, 162 S. m. Abb. gr.8° = Forum Theologie und Pädagogik, 11. Kart. Euro117,90. ISBN 3-8258-8215-2.

Rezensent:

Martin Rothgangel

Um es vorweg zu nehmen: Bei dem vorliegenden Band handelt es sich angesichts der auf allen Ebenen der Lehrerbildung sich vollziehenden Reformbemühungen um einen wesentlichen religionspädagogischen Beitrag aus katholischer Perspektive.

Die sieben Beiträge dieser Publikation werden drei Hauptteilen zugeordnet. Im ersten Teil »Gegenwärtige Konzeptionen der Lehrerbildung« (5­39) reflektieren H.-G. Ziebertz und S. Heil zunächst allgemein wesentliche Aspekte gegenwärtiger Lehrerbildung (6­29). Ihre Überlegungen fassen sie in einem Modell universitärer Lehrerbildung zusammen, das aus den Eckpunkten Wissenschaft ­ Berufsfeld ­ Person besteht. In diesem Dreieck lässt sich i. E. das »Ziel der universitären Lehrerbildung adäquat erfassen: Die Herausbildung eines wissenschaftlich-reflexiven Habitus.« (28)

Im Anschluss daran setzt sich W. Simon mit theologischen und kirchlichen Positionen zur Reform der Religionslehrerbildung auseinander (30­39). So informativ dieser Beitrag auch für den katholischen Gesprächsgang ist: Hier wird wie im Folgenden ein grundlegendes Manko dieser Publikation darin deutlich, dass die entsprechende evangelische Diskussion in weiten Teilen ausgeblendet wird. Die im Vorwort dafür gegebene Begründung vermag nicht zu überzeugen: »Wegen der unterschiedlichen Ausbildungsgänge wird kein fiktives Supermodell gesucht, sondern ein für den katholischen Bereich eigenes Modell entworfen.« (4) Gerade dieses von den Autoren entwickelte Konzept des religionspädagogischen professionellen Habitus ist derart formal, dass konfessionelle Aspekte im Begründungszusammenhang keine Rolle spielen. Und auch über das tatsächliche Ausmaß der Unterschiedenheit der Ausbildungsgänge ließe sich trefflich streiten.

Im Mittelpunkt steht der zweite Teil »Religionspädagogisch professioneller Habitus« (40­95) mit den drei Beiträgen von S. Heil und H.-G. Ziebertz »Professionstypischer Habitus als Leitkonzept in der Lehrerbildung (41­64), »Kompetenzen der Profession Religionslehrer/in« (65­77) und »Reflexivität als Schlüsselkompetenz« (78­95). Anspruch dieses Konzeptes eines professionstypischen Habitus ist es, rollentheoretische, personale und handlungstheoretische Ansätze zu integrieren (vgl. 41 f). Ausgehend von Bourdieus Habituskonzept wird unter Habitus ein eigener »ðStilÐ des Handelnden« (43) verstanden, der durch strukturierte und strukturierende Dispositionen gekennzeichnet ist. Auf dieser Grundlage entwickeln Heil/Ziebertz ein pädagogisches Habitusmodell. Grundsätzlich sehen Heil/Ziebertz im Habitusmodell eine Verbindung »des kompetenztheoretischen und des strukturtheoretischen Ansatzes zur Beschreibung pädagogischer Professionalität« (46). Dabei besteht ein professioneller religionspädagogischer Habitus aus den Handlungsstrukturen »Religionspädagogische Routinen« und »Umgang mit religiöser Pluralität« sowie den Handlungsbedingungen »Schule und Kirche« sowie »Lebens- und Glaubensbiographie« (56).

Angesichts der umfangreichen Literaturrezeption zum Kompetenzbegriff überrascht es jedoch, dass das gegenwärtig meist diskutierte Kompetenzmodell von F. Weinert nicht besprochen wird und gleichermaßen auch nicht die verbreiteten berufswissenschaftlichen Kompetenzmodelle. Letzteres liegt auch dem EKD-Modell religionspädagogischer Kompetenz zu Grunde, das in diesem Zusammenhang gleichfalls nicht zur Kenntnis genommen wird. Dementsprechend müssten sich die dargelegten religionspädagogischen Teilkompetenzen einer weiterführenden Diskussion stellen.

Im dritten und letzten Teil »Implementierung neuer Strukturen zur Professionalisierung« (96­148) werden aus den voranstehenden Überlegungen Konsequenzen für die Religionslehrerbildung inklusive institutioneller Implementierungen gezogen. In dem von Ziebertz/Heil/Mendl/Simon verantworteten Beitrag »Modularisierung des Lehrangebots und Kerncurriculum in der universitären Lehrerbildung« (97­126) wird u. a. das religionspädagogische Modulsystem in Würzburg und Passau sowie das Votum des Katholisch-Theologischen Fakultätentages zur Ausbildung von Religionslehrern dargelegt. Diese Beispiele sind durchweg aufschlussreich, jedoch wünschte man sich eine eingehendere Diskussion darüber, welche Vorteile bzw. Defizite eine Berücksichtigung bzw. Negierung des entwickelten Habitusmodells nach sich zieht.

Herausragend auch in dieser Beziehung ist der abschließende Beitrag von H. Mendl »Die zweite und dritte Phase der Lehrerbildung: Referendariat, Weiterbildung und Vernetzung« (127­148), der einen gelungenen Schlusspunkt zu einer Publikation setzt, die ungeachtet der genannten Kritikpunkte einen entscheidenden Diskussionsbeitrag für die Religionslehrerbildung leistet.