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Ausgabe:

Juli/August/2006

Spalte:

929

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Poliwoda, Sebastian

Titel/Untertitel:

Versorgung von Sein. Die philosophischen Grundlagen der Bioethik bei Hans Jonas.

Verlag:

Hildesheim-Zürich-New York: Olms 2005. 297 S. 8° = Philosophische Texte und Studien, 81. Kart. Euro 42,00. ISBN 3-487-12993-0.

Rezensent:

Wolfgang Erich Müller

Das Werk von Hans Jonas gliedert sich in die drei großen Bereiche von Religionsphilosophie, Naturphilosophie und Ethik. Es ist die Intention von P. aufzuzeigen, dass Jonas¹ Ethik und speziell seine Bioethik »letztlich auf der Grundlage seiner vorangegangenen Schriften interpretiert werden können« (16). Um diese innere Einheit herauszuarbeiten, befragt P. Jonas¹ Werke zur Gnosis, zur philosophischen Biologie und zur Ethik auf deren Anthropologie und Naturphilosophie, da hier die Prinzipien einer Ethik des Lebendigen zu Tage treten. In der Konsequenz dieser Voraussetzungen steht dann zwingend die Modalität der Ausführung von Jonas¹ Bioethik. Dieses Vorgehen P.s bedingt, dass stringent nach der Anthropologie und Naturphilosophie gefragt wird, nicht aber nach der philosophischen Bedeutung der einzelnen Arbeitsbereiche von Jonas.Als Ergebnis der genauen Einzeluntersuchungen kann P. wesentliche einheitsstiftende Momente im Denkansatz von Jonas herausarbeiten. Grundsätzlich ist sein ‘uvre als Gegenentwurf zu Gnosis zu verstehen und zielt deshalb auf die »Wiedereinhausung« (255) der Menschen in der Welt. Gegen die Unfreiheitsbehauptung der Gnosis folgt daraus für Jonas die naturphilosophisch begründete Freiheit und die Sorge um die Integrität des Leibes.

Hier haben dann seine bioethischen Reflexionen ihre Bedeutung, die sich sehr stark gegen eine Entwertung der Natur richten. Da Jonas sich an dieser Stelle gegen den Dualismus wendet, wie er sich in der Folge Descartes¹ in der europäischen Philosophie stark verbreitet hat, ist er als Holist richtig charakterisiert. Ein wesentliches Motiv zu diesem Denkansatz vermutet P. in den jüdischen Quellen, deren Intentionen Jonas aufnimmt, sie aber aus ihrem rein religiösen Bezug herauswendet. Damit ist zugleich die fundamentale Bedeutung der religiösen Dimension für das Denken Jonas¹ herausgestellt, das P. zu Recht als nicht systematisch bezeichnet. Vielmehr ist Jonas ein Problemdenker, der intensiv nach dem fragt, was das Leben und wer der Mensch ist.

P. arbeitet in diesem Buch also die Integrität des Denkens von Jonas heraus. Die Art und Weise, in der er vorgeht, ist stringent. Gleichwohl bleibt es bedauerlich, dass jetzt zwar die philosophischen Grundlagen von Jonas¹ Bioethik dargelegt sind, die Bioethik selbst aber nicht systematisch entfaltet werden konnte.