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Ausgabe:

Juli/August/2006

Spalte:

878–880

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Wehrl, Franz

Titel/Untertitel:

Die Schriften des hl. Franz von Sales. Eine literaturhistorische und quellenkundliche Studie.

Verlag:

Würzburg: Echter 2005. X, 218 S. gr.8°. Kart. Euro 25,00. ISBN 3-429-02682-2.

Rezensent:

Klaus Fitschen

Franz Wehrl, emeritierter Professor an der Katholischen Universität Eichstätt, hat sich über die Jahre in etlichen Publikationen mit der Theologie und der Geschichte des Franz von Sales und der von diesem inspirierten Kongregation der Salesianer-Oblaten befasst (von ihnen sind die Salesianer Don Boscos zu unterscheiden). W. gehört selbst der Kongregation an und ist Leiter des Salesianischen Institutes in Eichstätt, einer Forschungseinrichtung mit umfänglicher Spezialbibliothek.

Die Einführung in das Leben und die Schriften des Franz von Sales ist sehr kurz gehalten und hebt vor allem seine Anerkennung als Doctor Ecclesiae im Jahre 1877 hervor, um seine Autorität gegen die ältere Kritik zu sichern, er sei kein schulmäßiger Theologe gewesen. Vielmehr war er sozusagen praktischer Theologe, also nicht nur Mystiker, sondern auch Seelsorger und Prediger. Auch das Schlußwort geht kurz auf seine Spiritualität ein.

Im I. Kapitel stellt W. Die Schriften des hl. Franz von Sales im Überblick dar, indem die Drucke und Übersetzungen (soweit vorhanden) aufgeführt werden.

Das II. Kapitel Die Schriften im einzelnen ist das wichtigste, da hier Inhaltsangaben geboten werden. Im Blick auf die frühen kontroverstheologischen Äußerungen des Franz von Sales wird der konfessionalistische Ton leider distanzlos übernommen (zur Schrift über die Kreuzesfahne, II.1.b). Wertvoll ist die Darstellung der Forschungs- und Interpretationsgeschichte zu den einzelnen Schriften, da daraus ihre durchaus kritische Rezeption erkennbar wird. Wertvoll sind ferner die Angaben zum Anlass der Schriften, ihren Manuskripten und Erstausgaben und auch zu ihren Überarbeitungen, und dies vor allem im Blick auf die seelsorgerlichen und mystischen Traktate, in denen sich Franz von Sales als geistlicher Vater betätigte, der als Erbauungsschriftsteller weit über Frankreich hinaus gelesen wurde. Interessant ist hier die Frage, auf welche Quellen er zurückgriff (so in seiner Introduction à la vie dévote: 37­39). Die Antwort auf die Frage nach den altkirchlichen Quellen (38) wäre vielleicht noch weiterer Bemühungen wert. Ausführlich gewürdigt wird natürlich der Traité de l¹amour de Dieu, der das reifste Werk der Mystik des Franz von Sales ist. Zu seiner Entstehung wird die Korrespondenz des Verfassers ausgewertet, so dass man geradezu in seine Werkstatt blicken kann.

Neben den Schriften, die Franz von Sales selbst herausgab, steht eine Fülle von Texten, die ein publizistisches Eigenleben führten, also nicht mehr von ihm letztgültig autorisiert oder nach seinem Tod gedruckt wurden. Letzteres gilt besonders für seine Briefe, die neben den programmatischen Schriften wichtige Zeugnisse seines Denkens sind. Seine Hauptkorrespondenzpartnerin und intimste geistliche Freundin, die Madame de Chantal, sorgte bei der Herausgabe der Briefsammlung für eine Reinigung von Stellen, die »die unvergleichliche Reinheit der Liebe dieses Heiligen« im falschen Licht erscheinen lassen konnten (76). Erst im 19. und dann im 20. Jh. in der maßgeblichen, in Annecy gedruckten Ausgabe wurden vollständige Briefausgaben ediert. Überhaupt wurde Franz von Sales im 19. Jh. sozusagen wiederentdeckt, dazu trug auch seine Hochschätzung als Prediger bei, die zu seiner Erhebung zum Kirchenlehrer erheblich beitrug.

Mit der späteren Rezeption befasst sich W. ausführlicher im III. Kapitel Salesianische Bibliographie im Überblick. Nach der Heiligsprechung 1665 ist das Interesse an Franz von Sales eher gering gewesen. Zur Popularisierung im 19. Jh. (deren Hintergründe sich aus den Ausführungen W.s nur erahnen lassen) trug dann auch eine Ausgabe Mignes bei. Die neueren deutschen Ausgaben werden eigens aufgeführt (173­179).

Das IV. Kapitel Historiographie stellt die Biographien und gedruckten Quellen zu Franz von Sales vor.

Das Buch ist also ein Hilfsmittel und eine Einführung in das Werk des Franz von Sales, darüber hinaus auch ein Beitrag zur Literatur- und Geistesgeschichte des französischen Katholizismus zu Beginn des 17. Jh.s. Deutlich erkennbar wird der zeitgeschichtliche Hintergrund der literarischen Erzeugnisse und Hinterlassenschaften dieses bedeutenden Erneuerers der katholischen Frömmigkeit, der ­ dies wird an einigen Stellen angedeutet ­ durchaus von seinen evangelischen Kontrahenten angeregt wurde. Obwohl die Lektüre ohne Vorkenntnisse beschwerlich sein dürfte, ist das Werk nicht nur für speziell Interessierte geeignet, da es eben mehr bietet, als der Untertitel beinhaltet. Die Beigabe eines Registers wäre zur Erschließung hilfreich gewesen.