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Ausgabe:

Mai/2006

Spalte:

493–496

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Campbell, Jonathan G.

Titel/Untertitel:

The Exegetical Texts



Verlag:

London-New York: T & T Clark International (Continuum) 2004. XII, 132 S. gr.8° = Companion to the Qumran Scrolls, 4. Geb. £ 30,00. ISBN 0-567-08427-2.


Rezensent:

Matthias Weigold

Neben dem angegebenen Titel in dieser Rezension besprochen:

Duhaime, Jean: The War Texts. London-New York: T & T Clark International (Continuum) 2004. XIV, 140 S. gr.8° = Companion to the Qumran Scrolls, 6. Geb. £ 30,00. ISBN 0-567-08417-5.

Harrington, Hannah K.: The Purity Texts. London-New York: T & T Clark International (Continuum) 2004. X, 161 S. gr.8° = Companion to the Qumran Scrolls, 5. Geb. £ 30,00. ISBN 0-567-08437-X.

Bei den drei hier zu besprechenden Werken handelt es sich um die Bände vier bis sechs der Reihe Companion to the Qumran Scrolls (CQS), aus der bereits die Bände The Damascus Texts von Charlotte Hempel, The Temple Scroll and Related Texts von Sidnie White Crawford und Pesharim von Timothy H. Lim vorliegen. Diese in erster Linie für Studierende und Nicht-Fachgelehrte gedachte Reihe will in kurzen Handbüchern in verschiedene Bereiche der Textfunde von Qumran einführen und dabei zugleich Einblick in die aktuelle Forschung geben. Dem dienen nicht zuletzt die umfangreichen und thematisch gegliederten Bibliographien, die sich jeweils zu Beginn eines Bandes und am Ende eines jeden Kapitels finden. Am Ende sind jedem Band eine Gesamtbibliographie sowie Stellen- und Autorenregister beigegeben.

Der Band von Campbell widmet sich unter dem weit gefassten Titel The Exegetical Texts acht Handschriften von sechs literarischen Werken, die ­ in der seit J. Carmignac (Le document de Qumrân sur Melkisédeq, RdQ 7 [1969­71], 343­378.360­362) üblichen Klassifizierung ­ als thematische Pescharim und verwandte Werke von fortlaufenden und isolierten Pescharim sowie anderen auslegenden Texten aus Qumran unterschieden werden: 4QFlorilegium (4Q174), 4QCatenae A­B (4Q177, 182), 11QMelchizedek (11Q13), 4QAges of Creation A­B (4Q180­181), 4QTanhumim (4Q176) und 4QTestimonia (4Q175). Mit Recht geht C. davon aus, dass diese Texte ­ möglicherweise mit Ausnahme von 4QTestimonia ­ innerhalb der Qumran-Gemeinschaft verfasst worden sind.

Ihrer gleichwohl eingeräumten Verschiedenheit Rechnung tragend untersucht C. die einzelnen Werke je für sich. Dem voraus gehen zwei einführende Kapitel: zunächst eine Einleitung (7­19), die mit einem kurzen Überblick zu den Textfunden von Qumran und ihrer Erforschung sowie einer Diskussion des nur aus Qumran bekannten Phänomens der Pescharim insbesondere der Profilierung und Einordnung der »exegetischen Texte« in ihren historischen und literarischen Kontext dient, und sodann ein Kapitel zu »Scripture and Interpretation« im zeitgenössischen Judentum (20­32), das den Problemhorizont und die Fragestellungen für die anschließende Untersuchung der Texte in Kapitel 3­8 (33­99) umreißt. Diese bildet den Hauptteil des Buches und folgt einem einheitlichen Schema, das jeweils eine Einleitung (1) sowie eine Diskussion von Text (2), Genre (3), Inhalt (4) und Exegese (5) umfasst und in einem letzten Abschnitt auf Besonderheiten des jeweiligen Werkes eingeht (6). Das neunte Kapitel bietet schließlich eine Zusammenschau über »Scripture and Interpretation in the Exegetical Texts« (100­111), in der die Ergebnisse der Einzelanalysen auf die in den beiden Einführungskapiteln herausgestellten Aspekte zurückbezogen werden.

Insgesamt überzeugt das Buch durch eine klare und anregende Darstellung sowohl des komplexen Materials als auch der aktuellen Forschung, die in einem erfreulich breiten Spektrum zur Sprache kommt.

Bei dem Band von Harrington handelt es sich im Wesentlichen um eine gekürzte und aktualisierte Fassung ihrer von Jacob Milgrom betreuten Dissertation (The Impurity Systems of Qumran and the Rabbis. Biblical Foundations, SBL.DS 143, Atlanta 1993), deren Aktualisierung sich insbesondere aus der Einbeziehung seitdem neu bekannt gewordener Texte aus den Qumranfunden ergibt. The Purity Texts stellt somit die erste umfassende Untersuchung zum Thema Reinheit in den Texten von Qumran dar. Dabei zieht H. wie schon in ihrer Dissertation die rabbinische Literatur als wichtigste Vergleichsgröße heran und betont den systematischen Charakter der Behandlung von Reinheitsfragen in beiden Textcorpora.

Das Buch gliedert sich in zwei Teile. Der erste, aus zwei Kapiteln bestehende Teil (»The Concept of Purity at Qumran«) behandelt die in Qumran gefundenen »Reinheitstexte« als Teil einer kohärenten Ideologie der Gemeinschaft von Qumran, die als »celibate, monastic group of Essenes who had separated themselves for a period of time (or a lifetime)« (8) in Betracht kommt. Das breit angelegte Einleitungskapitel (7­44) skizziert zunächst die den Texten zu Grunde liegende Konzeption im Kontext einer allgemeinen Konjunktur der Reinheitsthematik im Judentum zur Zeit des Zweiten Tempels, die durch archäologische Befunde untermauert wird (Ritualbäder, Steingefäße). Gegenüber biblischen wie rabbinischen Bestimmungen sieht H. das in den Texten von Qumran dokumentierte Reinheitsverständnis vor allem durch eine erheblich größere Strenge, die sie als Ausweitung der Kategorien qedushah (Heiligkeit), tum¹ah (Unreinheit) und tohorah (Reinheit) beschreibt, sowie eine enge Verbindung von rituell-physischer und moralisch-ethischer Unreinheit gekennzeichnet. Diese extreme Strenge in der Interpretation der biblischen Reinheitsvorschriften erklärt sich nach H. nicht allein aus der hinter diesen selbst stehenden Trennung von Leben und Tod, sondern vielmehr aus dem Charakter der Qumran-Gemeinschaft als priesterlicher und apokalyptischer Gemeinschaft, die ständig auf neue Offenbarung aus ist. Im zweiten Kapitel (45­67) folgt ein Überblick zu den relevanten Quellentexten aus Qumran, der den jeweiligen Beitrag »to the subject of sectarian purity« hervorzuheben und »the large amount of congruence among the Scrolls in the matter of purity« (46) zur Geltung zu bringen sucht und darüber hinaus nach dem Verhältnis zu anderen antik-jüdischen Reinheitsnormen fragt. Der zweite Teil (»The Impurities«) beschäftigt sich in je einem Kapitel mit den verschiedenen Arten von Unreinheit, die in den Texten von Qumran begegnen: Unreinheit von Leichen (71­85), »Lepra« (86­93), Körperausflüsse (94­110) und Außenstehende (112­128). Die »Conclusion« (129­131) fasst die Hauptergebnisse beider Teile kurz zusammen. Schließlich enthält das Buch zwei Appendizes mit tabellarischen Übersichten zum Vorkommen bestimmter Reinheitsfragen in den Texten von Qumran und zum Vergleich der Reinheitsvorschriften in der Bibel, in Qumran und in der rabbinischen Literatur.

Das Buch bietet eine umfassende und gut verständliche Einführung in ein ebenso zentrales wie komplexes Thema der Textfunde von Qumran. Leider kommt darin die Diskussion alternativer Forschungspositionen zu kurz, was jedoch den Wert des Buches als Hilfsmittel zur Erschließung der Reinheitsthematik in den Qumranfunden kaum schmälert.

Der Band von Duhaime ist der Kriegsregel aus Höhle 1 (1QM) und »verwandten Handschriften« aus den Höhlen 4 und 11 von Qumran gewidmet, um die sich D. bereits mit der kritischen Edition in der von J. H. Charlesworth herausgegebenen Reihe The Dead Sea Scrolls (Bd. 2, 1995, 80­203) verdient gemacht hat.

Nach einem einleitenden Abriss der Fund- und Publikationsgeschichte bis zur jeweiligen editio princeps (4­11) beschreibt das zweite Kapitel die verschiedenen Handschriften und ihre Inhalte (12­44). Ausgehend von 1QM (1Q33) klassifiziert D. die anderen Handschriften im Verhältnis dazu »either (a) as copies of a similar recension (4Q492 Mb, 4Q494 Md, 4Q495 Me, 4Q496 Mf), or (b) as copies of different recensions (4Q471 War Scroll-like Text B, 4Q491a Ma/a, 4Q491b Ma/b, 4Q493 Mc, 4Q497 War Scroll-like Text A), or (c) as copies of a separate work: the Sefer ha-Milhamah related to the ðwar cycleÐ (4Q285, 11Q14), or an independent hymnic composition (4Q491c Ma/c and other copies of the ðSelf-Glorification HymnÐ 1QHa 26.6­17, 4Q427 Ha frg. 7 col. 1, 4Q471b frgs. 1a­d = 4Q431 He frg. 1)« (40), wobei die Zuweisung der Fragmente von 4QMa (4Q491) zu drei verschiedenen Handschriften auf einem Vorschlag von M. G. Abegg basiert. Das dritte Kapitel referiert die Diskussion zu Komposition und Genre von 1QM (45­63). Das Zeugnis von 1QM selbst und exemplarische Vergleiche mit den 4QM-Handschriften begründen die Annahme eines komplexen Redaktionsprozesses, in dem 1QM eine späte Stufe repräsentiert. Aufbauend auf früheren Studien bestimmt D. die Gattung der Komposition in ihrer vorliegenden Form als »eschatological rule that parallels, in a religious and utopian way, the genre of the Graeco-Roman tactical treatise« (61). Im vierten Kapitel geht D. breit auf die Frage nach der Datierung der Komposition von 1QM ein (64­102).

Nach Auswertung der wesentlichen Argumente für eine Ansetzung entweder in hellenistischer oder in römischer Zeit bleibt die Frage letztlich offen; als gesichert gelten können lediglich ein terminus a quo um 164 v. Chr., der aus der Verwendung von Dan 11­12 in 1QM I erschließbar ist, und ein terminus ad quem um die Mitte des 1. Jh.s v. Chr., der sich aus der Paläographie der Handschrift ergibt. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich schließlich mit der Verwendung der Hebräischen Bibel in den »Kriegstexten« (103­116), wozu ein Überblick und ein Beispiel (1QM XI 1­12) geboten werden.The War Texts stellt eine gelungene Einführung in die Kriegsregel und die wesentlichen Themen ihrer Erforschung dar; besondere Erwähnung verdienen die hilfreichen Zusammenfassungen am Ende jedes Kapitels sowie sechs tabellarische Übersichten. Wie die anderen beiden Bände fügt sich damit auch dieser würdig in die Reihe ein.