Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Dezember/2005

Spalte:

1334 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Moreland, Milton C. [Ed.]

Titel/Untertitel:

Between Text and Artifact. Integrating Archeology in Biblical Studies Teaching.

Verlag:

Atlanta: Society of Biblical Literature 2003. X, 243 S. gr.8° = Archae o l ogy and Biblical Studies, 8. Kart. US$ 34,95. ISBN 1-58983-044-X.

Rezensent:

Wolfgang Zwickel

Welche Rolle spielt die Archäologie im Kontext eines Theologiestudiums? Diese Frage stellt sich insbesondere für die deutschsprachigen Länder und die USA, wo es jeweils eine enge institutionelle Beziehung zwischen den theologischen Fächern und der Archäologie gibt. Die Archäologie hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich weiterentwickelt. Während man früher biblische Orte wie Sichem, Jericho, Jerusalem oder Nazareth ausgrub und damit die Ausgrabungen unmittelbar als Veranschaulichung biblischer Texte benutzen konnte, geht es heute in der Archäologie vermehrt um die Rekonstruktion einer Kulturgeschichte einer Region und um anthropologische Fragestellungen, und es gibt ein viel stärkeres Zusammenwirken von Naturwissenschaft und Archäologie; und all dies ist nicht mehr ohne weiteres mit der biblischen Textüberlieferung zu verbinden. Zum Verständnis archäologischer Befunde und ihrer sachgemäßen Auswertung durch Textwissenschaftler müssen diese über umfangreichere methodische Grundkenntnisse verfügen als früher. Im deutschsprachigen Raum führte diese Entwicklung da zu, dass die Archäologie immer mehr an den Rand der theologischen Disziplinen gedrängt wurde. Heute gibt es kaum mehr einschlägige Lehrstühle. In den USA, wo die Archäologie traditionell eine wesentlich größere Rolle spielt als bei uns, stellen sich ähnliche Probleme, die in diesem Sammelband von verschiedenen Seiten her beleuchtet werden.

Der Band umfasst folgende Einzelbeiträge: 1–10, M. C. Moreland, Sh. Burkes und M. Aubin: Between Text and Artifact; 11–30, A. E. Killebrew: Between Heaven and Earth: Educational Perspectives on the Archaeology and Material Culture of the Bible; 31–51, C. Meyers: Where the Girls Are: Archaeology and Women’s Lives in Ancient Israel; 53–65, B. LaRocca-Pitts: »These Are Your Gods, o Israel«: The Challenge of Reconstructing Israelite Religion Using Both Text and Archaeology; 67–98, J. P. Dessel: In Search of the Good Book: A Critical Survey of Handbooks on Biblical Archaeology; 99–113, S. R. A. Starbuck: Why Declare the Things Forbidden? Classroom Integration of Ancient Near Eastern Archaeology with Biblical Studies in Theological Context; 115–132, J. C. H. Laughlin: On the Convergence of Texts and Artifacts: Using Archaeology to Teach the Hebrew Bible; 133–149, E. M. Meyers: Teaching Second Temple Judaism in Light of Archaeology; 165–179, D. Falk: Text and Artifact: The Dead Sea Scrolls and Qumran; 181–194, J. Zangenberg: Realizing Diversity: Reflections on Teaching Pagan Religion(s) in Late Hellenistic and Early Roman Palestine; 195–204, B. R. McCane: »Here I Am at Khirbet Cana«: Integrating Biblical Studies and Archaeology; 205–222, M. Aubin, Annotated Bibliography for Integrating Archaeology into Biblical Studies.

Welche Ansatzpunkte werden nun in diesem Band geboten, die auch für die deutsche Diskussion von Bedeutung sein können? Nur einige wenige ausgewählte Aspekte, die in diesem Buch aufgezeigt werden, können hier angesprochen werden.
A. Killebrew plädiert dafür, die Archäologie nicht als eine Hilfsdisziplin der Exegese zu verstehen, sondern als eine eigenständige Disziplin, die ein gleichwertiger Gesprächspartner für die Exegese ist. Für die Lehre sieht sie zwei separate Kreise, in die sich eine solch eigenständige Disziplin eingliedern muss: die theologischen Disziplinen einerseits und die altorientalistischen Fächer andererseits. B. LaRocca-Pitts fordert, dass nicht vorschnell bestimmte Befunde kultisch (und damit biblisch-religiös) interpretiert, sondern zunächst für sich betrachtet werden sollen. Damit wird die Archäologie zu einer von der Exegese und einem exegetisch geprägten Verständnis unabhängigen Disziplin. J. C. H. Laughlin zeigt am Beispiel der Landnahme, wie ein gelungener Dialog von Archäologie und Exegese in der Lehre aussehen kann: Indem beide Disziplinen jeweils mit ihrer Methodik den Sachverhalt bearbeiten und erst an schließend vergleichen, entsteht ein reelles Gesamtbild.
Der Archäologe lernt so vom Exegeten und umgekehrt und sieht seine Befunde in einem interdisziplinären Kontext. J. Zangenberg zeigt auf, welche Rolle die Archäologie für die Erfassung »heidnischer« Lebenswelten haben kann und wie schwierig dann eine klare Abgrenzung zwischen »heidnisch« und »jüdisch« bzw. »christlich« oft ist. M. Aubin schließlich bietet einen kommentierten Überblick über einige wichtige Bücher und Aufsätze, die entweder zur Grundsatzliteratur bei der Verbindung von Archäologie und Exegese gehören oder aber wichtige Beiträge zur Einbindung der Archäologie in die akademische Exegese bieten.
Das Buch stellt einen wichtigen Beitrag zur interdisziplinären Forschung dar und sollte von all jenen gründlich und als Anregung für eine praktische Umsetzung gelesen werden, denen am Dialog der beiden Disziplinen gelegen ist.