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Ausgabe:

Februar/2006

Spalte:

227 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Zulehner, Paul M.

Titel/Untertitel:

Kirche umbauen – nicht totsparen.

Verlag:

Ostfildern: Schwabenverlag 2004. 128 S. 8°. Geb. € 12,90. ISBN 3-7966-1173-7.

Rezensent:

Jan Hermelink

Der in Wien lehrende Pastoraltheologe hat in zahlreichen Veröffentlichungen und Vorträgen der letzten Jahre ein soziologisch begründetes, zugleich kritisches wie handlungsorientiertes Konzept kirchlicher Gestaltung entfaltet. Wesentliche Kernpunkte legt Z. hier in einem eher populären, auf wissenschaftliche Argumentation nahezu verzichtenden Büchlein vor.
In einem ersten Teil kritisiert Z. die aktuelle Tendenz (nicht nur) der römisch-katholischen Kirche deutscher Sprache, Pfarrgemeinden so zu »pastoralen Räumen« zu verbinden, dass eine priesterliche Versorgung noch möglich erscheint. In der Konsequenz verwischt das Berufsbild der ungeweihten Gemeindeleiterinnen und -leiter, die vor Ort »presbyteriale« Aufgaben selbständig übernehmen, aber gleichwohl von priesterlicher, unter Umständen weit entfernter Leitung abhängig bleiben – die Parallelen zur derzeit in den evangelischen Landeskirchen geführten Debatte über die »Beauftragung« Nichtordinierter sind frappant.
Kritisch wird auch die kirchliche »Ökonomisierung« gesehen: Die zum Teil drastischen Sparmaßnahmen in den Diözesen verstärken die »latente Reklerikalisierung« des Personals. Sie vollziehen sich strukturkonservativ, ohne erkennbare Impulse zur Erneuerung, und erscheinen so »als eine Art finanzierbarer Sterbehilfe einer vergehenden Kirchengestalt« (38). Die Rede von der Reduktion auf »Kernaufgaben« – auch dies eine ökumenische Gemeinsamkeit – tendiert zur Beschränkung auf die »kleine Herde«, die doch von Selbstghettoisierung gefährdet ist.
Ein zweiter Teil umreißt »eine neue Kirchengestalt« (57 ff.). Hier finden sich eindrückliche Passagen zu einer »mystagogischen Mission« (Karl Rahner), die vom immer schon gegebenen Christusbezug ausgeht: »Mission ringt dann … vor allem um das Ausreifen des ansatzweise im Menschen anzutreffenden Heils auf seine christliche Vollgestalt. Sie unterstützt dabei Gottes Werben auf dem Grund der Seele jedes Menschen.« (77) Nicht ohne Grund vermutet Z., dass solche »missionarische Gastfreundschaft« die gegenwärtigen Tendenzen der »Respiritualisierung« aufzunehmen vermag.
Von hier aus wird ein neues Priesterbild skizziert, das neben der seelsorglichen auch die missionarische, »gemeindegründerische« Dimension betont. Den zölibatären, mobil auf Bistumsebene agierenden Priestern will Z. ein lokales »Leutpriestertum« beigesellen, das Seelsorge und Kasualien sowie Leitungsaufgaben im Team übernimmt. Vorsichtig plädiert er dafür, diese »Berufenen« zu weihen und damit »eucharistiefähig« zu machen. Auch für die evangelische Debatte einschlägig sind die Argumente für eine Konzentration des hauptamtlichen, voll ausgebildeten Personals auf die »kategoriale Pastoral« im Bereich der Bildung, der Medien und der Diakonie – womit lokale Kirchlichkeit relativiert, aber ekklesiologisch nicht abgewertet wird.
Das Büchlein ist in einer gelassenen, unprätentiösen Sprache formuliert. Die (recht häufigen) biblischen Zitate werden eher instrumentell gebraucht. Zur raschen Orientierung über einen Hauptstrom der Reformdebatte in der Schwesterkirche ist der Band gut geeignet.