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Ausgabe:

Februar/2006

Spalte:

170 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Lewicki, Tomasz

Titel/Untertitel:

»Weist nicht ab den Sprechenden!« Wort Gottes und Paraklese im Hebräerbrief.

Verlag:

Paderborn-München-Wien-Zürich: Schöningh 2004. 159 S. gr.8° = Paderborner Theologische Studien, 41. Kart. € 26,00. ISBN 3-506-71326-4.

Rezensent:

Claus-Peter März

Der Hebräerbrief ist – und das bezeugt schon der erste Satz des Schreibens (vgl. 1,1–2a) – nachdrücklich von der Worttheologie geprägt. Es kann deshalb nicht verwundern, dass das Fehlen einer eigenen Untersuchung zu dieser Thematik lange Zeit in der Hebräerbrief-Forschung als Desiderat empfunden wurde. Inzwischen sind – etwa durch Untersuchungen von H. Hegermann (ders., Das Wort Gottes als aufdeckende Macht. Zur Theologie des Wortes Gottes im Hebräerbrief, in: Das lebendige Wort [FS G. Voigt], Berlin 1982, 83–98), E. Gräßer (ders., Das Heils als Wort, in: Neues Testament und Geschichte [FS O. Cullmann], Zürich-Tübingen 1973) und D. Wider (ders., Theozentrik und Bekenntnis [BZNW 87], Berlin 1997) sowie durch neuere Hebräerbriefkommentare (vgl. jetzt etwa M. Karrer, Der Brief an die Hebräer, Kap. 2,2–5,10 [ÖTBK 20/1], Gütersloh 2002) – wichtige Akzente der den Hebr bestimmenden Worttheologie herausgearbeitet worden. Die Studie von T. Lewicki – eine Paderborner Dissertation von 2003 – führt diese Ansätze fort und sucht nicht nur das »Sprechen Gottes im Sohn« als eine der Grundlinien des Hebr herauszuarbeiten, sondern für die gesamte Argumentation geradezu ein »wort-theologische(s) Profil … sichtbar zu machen« (141).
Das 1. Kapitel – »Die Grundlegung – der theos ho lalon (Hebr 1,1–2a)« (13–22) – nimmt mit Hebr 1,1–2a den worttheologischen »Obersatz« des Schreibens auf, der sich in Absetzung vom distanzierenden Gottesbild des Mittelplatonismus zu dem vielfältig und von alters her zu dem Menschen »redenden Gott« bekennt, der »in dieser Endzeit zu uns im Sohn« gesprochen hat. Das 2. Kapitel – »Das Motiv des Sprechens Gottes im Kontext der Schrifttheologie des Hebräerbriefes« (23–47) – geht auf die Schrift als den ersten Zugang zum »redenden Gott« ein. Es erörtert das durchaus eigene, christologisch zugespitzte Schriftverständnis des Hebr und analysiert vor allem die Rede Gottes und des Sohnes mittels biblischer Texte (Hebr 1,5–13; 5,5 f.; 7,17. 21). Das 3. Kapitel – »Die christologische und soteriologische Präzisierung des Motivs elalesen ho theos hemin en hyio im Kontext von Hebr 2,1–4« (48–79) – will zeigen, dass Gottes Reden »als Gottesoffenbarung und Gottesheil zu uns und mitten unter uns gesagt wird« (48): Dieses Reden Gottes ist soteriologische Zuwendung und kann als solche von den Adressaten der Gemeinde- und Glaubensgeschichte verifiziert werden (2,3 f.). Es hat – wie dann vor allem Hebr 4,14–10,19 ausführt – in der Person Jesu seine »konkrete ›Gestalt‹ und Ausdrucksform« (142). Das 4. Kapitel – »Das Sprechen Gottes und die Antwort der Glaubenden« (80–140) – geht dem konkreten Bezug des im Hebr entscheidenden Motivs des »Sprechens Gottes« im Hinblick auf die Adressaten nach und nimmt dabei die entscheidenden Orientierungen des Hebr auf: Das Schreiben erscheint dabei »als Medium des Sprechens Gottes« (80), das für den »Geltungscharakter des Sprechens Gottes im ›Heute‹ der Gemeinde« (90) steht.
Die Studie bietet ein schlüssiges und begründetes Verständnis der Worttheologie des Hebr. Sie bewegt sich im Rahmen der neueren Hebräerbrief-Auslegung und ordnet sich dabei zu meist– durchaus gut begründet – einer »mittleren«, an weithin anerkannten Vorgaben orientierten »Linie« zu. Die knappe und unprätentiöse Darlegung bietet begründete Textauslegung, die nicht an Zuspitzungen, sondern an der Erhebung eines durch das ganze Schreiben gedeckten Gesamtbildes interessiert ist. Dies macht m. E. dann auch den Wert der Studie aus: dass der Vf. nicht nur einzelne, leicht einer speziellen These zuzuordnende Belege untersucht hat, sondern faktisch das gesamte Schreiben in seine Betrachtungen einbezogen hat und mit guten Argumenten herausarbeiten konnte, dass sich für den Hebr in der Tat ein »worttheologisches Profil« (141) ausmachen lasse.