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Ausgabe:

März/1999

Spalte:

282–284

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Cunningham, Scott

Titel/Untertitel:

’Through Many Tribulations’. The Theology of Persecution in Luke-Acts.

Verlag:

Sheffield: Sheffield Academic Press 1997. 376 S. gr.8 = Journal for the Study of the New Testament, Suppl.Series 142. Lw. £ 45.-. ISBN 1-85075-661-9.

Rezensent:

Gottfried Schille

Das vorliegende Buch ist das Ergebnis einer Dissertation am Dallas Theological Seminary von 1993 und entstanden nach langjähriger Missionsarbeit in Nigeria (7). Es endet verständlicherweise (außer mit Bibliographie 343-354, Stellen- und Autorenverzeichnis) mit Hinweisen auf die gegenwärtige Lage der Christenheit, wobei nicht nur die beruhigt-westliche Situation in Europa und Amerika, sondern vor allem die Verfolgunssituation in vielen anderen Ländern der Welt im Blick ist. Von dorther ist der Autor besser als ein kritischer Forscher auf das Thema vorbereitet, das normalerweise an der Frage endet, ob Lukas ’apologetisch’ gearbeitet habe, und in der Behauptung, zu seiner Zeit habe es keine Verfolgung gegeben.

Das Thema Verfolgung wird als ein lukanisches Grundmotiv begriffen und, auch in dieser Hinsicht anders als normalerweise, durch beide lukanische Bücher hindurch verfolgt (Kap. 2: 42 ff. im Evangelium, Kap. 3: 186 ff. in Acta). Dabei gilt die Apostelgeschichte bezüglich des Themas als durch das Evangelium gut vorbereitet (339). Allerdings müsse man charakteristische Differenzierungen beachten: Im Lukas-Evangelium werde präludiert, was in der Apostelgeschichte als normal berichtet werden soll; dabei erfahre Jesu Tod insofern eine Überhöhung, als er das Prophetenlos überschreitet, so daß seine Nachfolger in einer doppelten Relation stehen, zu den Propheten und dem Kreuz Jesu.

Im ersten Kapitel (23-41) bespricht C. ältere Aufstellungen zur Thematik und setzt seine "literary critical approaches" von Conzelmanns Redaktionskritik ab, ohne daß es zu grundlegenden Änderungen kommt. Methodisch wird ausschließlich nach der lukanischen Theologie und der Funktion einzelner Aussagen in dieser gefragt. Das Verhältnis des Evangelisten zu seinen Quellen (Markus und Q, was aber nur für die Stoffmasse steht, ohne deren Zusammenhänge zu erfragen) bleibt unberührt. Sogar die heute so gern gestellte Frage, an welche Leser der Evangelist gedacht habe (Kap. 5: 328-336), rückt an den Rand (301 "the situation of Luke’s community cannot be known with certainty"). C. wehrt sich vor anderem gegen die Behauptung, das Motiv der Verfolgung sei für Lukas reines Randmotiv: "Persecution is the normal lot of the Christians. It is not an accident, but is firmly located within the plan of God" (335).

Diese Konzentration macht dann aber auch die Überzeugungskraft der Studie aus, selbst wenn man bedauern wird, daß manch andere Frage wie zum Beispiel das Verhältnis des Lukas zu den Verfolgungs-Erzählungen der Acta, an den Rand treten. C. rechnet mit gewissen Differenzen zwischen dem Autor und seinem Material. Doch er verfolgt diese nicht, ähnlich wie es seinerzeit Conzelmann mit einer präzisen Aufarbeitung der lukanischen Veränderungen am vorgegebenen Stoff vorgeführt hatte. Kurz, die Studie steht ganz in der anglikanischen Tradition, wie man unschwer am Literaturverzeichnis erkennen kann, wo gewichtige deutschsprachige Beiträge (und nicht nur solche) fehlen. Ich würde das als einen Mangel sehen.

Das hindert jedoch nicht an mehreren grundlegenden Ergebnissen, die bei den Auslegungen und in den Zusammenfassungen (besonders 337-340) wiederholt werden. "The author of Luke-Acts uses literary theme of persecution as a vehicle in pursuit of his theological agenda" (337). Doch nicht etwa um von der Gegenwart abzulenken, sondern "the reader’s experience of persecution confirms that they are indeed the authentic people of God and legitimate recipients of his blessings" (336). Im einzelnen handle es sich um sechs Motive. Verfolgung sei ein Stück göttlicher Planung (das besage vor anderem das lukanische dei, 301). Sie könne infolgedessen den Verfolgten seiner eigenen Stellung gewiß werden lassen. Dabei stünden die heute Verfolgten in der Kontinuität zu den einst verfolgten Propheten. Insofern Jesus selbst in diese Reihe gehöre, auch wenn er weit über diese hinausweise, sei Verfolgung geradezu Signum der Nachfolge Jesu (338, "an integral consequence of following Jesus"; ähnlich 186). Lukas sehe die Verfolgung als eine Möglichkeit, sich in christlicher Geduld (hypomone) zu üben. Schließlich sei sie kein Zeichen des Niederganges, sondern eher "the occasion of the divine triumph", insofern die Mission und Gottes Wort durch sie nicht zu verhindern, sondern ironischerweise eher gefördert seien. C. sieht, daß die Verkündigung Jesu und seiner Nachfolger bei Lukas Anstoß (91 stimulus) "for a divides response in Israel" seien. Gott ziele nicht auf "peace but persecution" (112). Dabei nähmen die Bezugnahmen auf Verfolgung im Evangelium innerhalb der Darstellung zu (127). Mehrmals in Acta (306: zum Beispiel Apg 16,19; 17,32 und 19,24-27) könne man sogar Anzeichen eines heidnischen anti-Semitism erkennen, insofern die Christen dort nicht als "Christians, but for being Jews" angegriffen werden. Die Verfolgung gehe also bei Lukas sowohl von Heiden wie von Juden aus (307). Missi on führe offenbar in die "divison in Israel" und also "produces division among the Gentiles".

Im ganzen legt man die Studie als einen erfreulichen Beitrag zur Erfassung der lukanischen Theologie aus der Hand. Diese war offenbar tiefgründiger als manch ältere Untersuchung gelten lassen wollte.