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Ausgabe:

November/2005

Spalte:

1251 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Hoping, Helmut, u. Birgit Jeggle-Merz [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Liturgische Theologie. Aufgaben systematischer Liturgiewissenschaft.

Verlag:

Paderborn-München-Wien-Zürich: Schöningh 2004. 179 S. gr.8°. Kart. Euro 22,00. ISBN 3-506-71707-3.

Rezensent:

Jörg Neijenhuis

Wer die vorwiegend auf römisch-katholischer Seite geführte Diskussion um eine liturgische Theologie verfolgt hat, wird in diesem Buch nicht allzu viel Neues zum Thema finden. Andere dagegen werden dankbar sein, dass hier unterschiedliche Positionen zu dieser Frage zu Wort kommen und dass die Beiträge mit vielen Literaturangaben versehen sind, die helfen, den dargestellten Gedankengang nachzuvollziehen.

In der römisch-katholischen Diskussion geht es allerdings nicht nur um eine liturgische Theologie, sondern zugleich auch um die Frage nach der zukünftigen Ausrichtung des Faches Liturgiewissenschaft. Schließlich hatte Reinhard Meßner bereits 1998 programmatisch eine systematische Liturgiewissenschaft gefordert (vgl. meine Rezension in ThLZ 128 [2003], 1102­ 1105), die Abstand nimmt von der bisher eher üblichen Pastoralliturgik. Diese Thematik dürfte auch für evangelische, insbesondere Praktische Theologen von Interesse sein, weil ja evangelischerseits die Liturgik im Rahmen der Praktischen Theologie verortet ist und diese Verortung nicht in Frage gestellt wird. Zu den einzelnen Beiträgen: Unter dem Titel »Gottesrede im Raum der Liturgie« setzt sich Helmut Hoping mit theologischer Hermeneutik des christlichen Gottesdienstes auseinander, wobei er den transzendentalen Freiheitsgedanken ebenso wie die zwischen römischer und lutherischer Kirche vereinbarte Rechtfertigungserklärung bedenkt. Reinhard Meßner kommt zu Wort mit dem Beitrag »Die vielen gottesdienstlichen Überlieferungen und die eine liturgische Tradition«, in dem er nochmals beschreibt, wie sich die Liturgiewissenschaft zwischen Historischer und Systematischer Theologie positionieren kann. Arno Schilson trägt die liturgiewissenschaftlichen Grundbegriffe Symbol und Mysterium vor und geht auf Guardini ein, der als Erster eine systematische Liturgiewissenschaft forderte; Josef Wohlmuth trägt Vorüberlegungen zu einer theologischen Ästhetik der Sakramente vor und nimmt jene Tradition auf, die die Liturgie bei der Sakramententheologie verortete; Patrick Dondelinger verteidigt den religionsanthropologischen Ansatz, der von Meßner kritisiert wird; auch Birgit Jeggle-Merz macht die liturgische Praxis stark, weil sich erst im Feiern die Liturgie erschließt. Jeggle-Merz hat auch eine umfangreiche Bibliographie zum Thema Liturgische Theologie erarbeitet.

Meßner geht in seinem Beitrag auf einige Kritikpunkte ein, die seinen Thesen von 1998 entgegengebracht wurden. Deshalb soll sein Beitrag hier ausführlicher gewürdigt werden. Am Beispiel von Taufwasserweihgebeten macht er deutlich, wie es zu Traditionen innerhalb der Gottesdienstgeschichte kommt und wie sie sich entwickeln, um dann zu fragen: Was ist eigentlich das Systematische an der Liturgiewissenschaft? Zwar hat er mehrere Gebete kommentierend dargestellt, aber ist die Kommentierung von Gebeten schon »systematisch«? Meßner sagt selbst, dass diese Vorgehensweise eher exegetisch ist und den Bibelwissenschaften am nächsten kommt. Zum anderen ist seine Systematik strikt erfahrungsbezogen, so dass sie weniger begrifflich-logisch, sondern eher mystagogisch und aspektivisch vorgeht. Das liturgische Phänomen wird also gleichsam umschritten und in Perspektiven beschrieben, ohne dass sie in einer Perspektive zusammengeführt werden. Aber ­ so fragt Meßner zu Recht ­ wird nicht doch der eine Standpunkt gebraucht, um von einem systematischen Vorgehen sprechen zu können? Er findet ihn in der einen liturgischen Tradition innerhalb der verschiedenen gottesdienstlichen Traditionen, die der Heilige Geist gewirkt hat. Das darzulegen, ist nach Meßner die eigentliche Aufgabe systematischer Liturgiewissenschaft.