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Ausgabe:

November/2005

Spalte:

1209–1211

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

1) Frede, Hermann Josef (+) 2) Gryson, Roger

Titel/Untertitel:

1) Kirchenschriftsteller. Verzeichnis und Sigel. Aktualisierungsheft 2004. Compléments 2004 par R. Gryson.

2) Altlateinische Handschriften. Manuscrits vieux latin. Répertoire descriptif. Deuxième partie: Mss 300­485 (Manuscrits du Psautier).

3) Vetus Latina. 2004. 48. Arbeitsbericht der Stiftung. 37. Bericht des Instituts. Hrsg. v. der Stiftung Vetus Latina. Red.: B. Steimer.

4) Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Sabatier neu gesammelt und hrsg. von der Erzabtei Beuron unter der Leitung von R. Gryson. 26/2: Apocalypsis Johannis. Hrsg. v. R. Gryson. 10. Lfg.: Apc 21,12­22,21 ­ Postface ­ Index des témoins.

5) Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Sabatier neu gesammelt und hrsg. von der Erzabtei Beuron unter der Leitung von R. Gryson. 7/3: Hester. Hrsg. v. J.-C. Haelewyck. Fasc. 2: Introduction (suite et fin). Est A 1­2,7.

Verlag:

1) Freiburg: Herder 2004. 44 S. gr.8° = Vetus Latina 1/1D. Kart. Euro 18,00. ISBN 3-451-00139-X.

2) Freiburg: Herder 2004. 365 S. gr.8° = Vetus Latina 1/2B. Geb. Euro 150,00. ISBN 3-451-00142-X.

3) Freiburg: Herder 2004. 68 S. 8°.

4) Freiburg: Herder 2003. S. 721­787. 4°. Kart. ISBN 3-451-00136-5.

5) Freiburg: Herder 2004. S. 81­160. 4° Kart. ISBN 3-451-00292-2.

Rezensent:

Gert Haendler

Das Berichtsheft ist umfangreicher als in den vergangenen Jahren. Im Zentrum steht eine Festakademie am 26. Mai 2004 zum Thema »Ein Jahrhundertwerk im Entstehen ­ 55 Jahre Erforschung und Edition aller erhaltenen Reste der altlateinischen Bibel«. Roger Gryson erinnert in seinem Hauptvortrag an die Lage Ende Mai 1998: Die Heidelberger Akademie der Wissenschaften stellte die Unterstützung ein, Hermann Josef Frede, der langjährige Leiter der Arbeit in Beuron, verstarb (36­38). Seitdem geht die Arbeit verstärkt außerhalb des Klosters Beuron weiter ­ so in Mainz, Münster, Birmingham, im Kloster Mariendonk und natürlich in dem viele Jahre von Roger Gryson geleiteten Centre de Recherche sur la Bible Latine in Louvain-la-Neuve (Belgien). Das Kloster Beuron erhält eine neue Funktion: Beuron ist »zunehmend das Herz geworden eines internationalen Netzwerkes hochkarätiger Akademiker Š Allem Wandel zum Trotz wird das Vetus Latina-Institut in Beuron die Drehscheibe ­ oder, wenn Sie lieber wollen: das Mutterhaus ­ des Projekts bleiben« (47). In Beuron arbeiten im Ruhestand Walter Thiele und Eva Schulz-Flügel sowie Herbert Stanjek, der 2005 das Ruhestandsalter erreicht. Diese bewährten Spezialisten bleiben in Beuron, weil es ihnen »um eine Leidenschaft geht« (48).

Als besonderes Problem nennt Gryson die Psalmen, die angesichts »der Fülle und Vielfalt der direkten Überlieferung wie des enormen Zitatenvolumens wohl die größte Herausforderung darstellen. Allein die Zitate würden mehr als tausend Seiten der Edition füllen, was bedeutet, dass bei einer Publikation des Bandes untragbare Kosten damit anfallen würden, einmal ganz abgesehen vom Zeitaufwand, den die Übertragung und Verarbeitung dieses Textmaterials im Hinblick auf die Drucklegung verursachen würde« (45). Die Zitatenkartei mit über 800 000 Einträgen wurde auf Mikrofilm übertragen. Damit werden sich die Arbeitsergebnisse verändern. Gryson formuliert klar: »Die gedruckte Edition wird sich dann darauf beschränken können, die für die Textgeschichte signifikanten Zitate zu publizieren, selbstverständlich unter Berücksichtigung des gesamten Zitatenmaterials im kritischen Apparat« (46).

Den Psalmen gilt der jetzt vorgelegte zweite Band der Altlateinischen Handschriften (Vetus Latina I/2 B). Der Band ist fast ebenso dick geworden wie der erste Band (1999) für die anderen biblischen Bücher. ThLZ 125 (2000), 1216 f., hatte berichtet und an einem Beispiel gezeigt, wie detailliert die Informationen sind. Ebenso gibt der zweite Band Auskunft über die Bibliotheken, die Manuskripte, ihren Zustand, neuere Editionen und Literatur. Im Vorwort liest man, dass der Psalter der Vulgata ein altlateinischer Psalter ist. Zu dem Vorhaben des Hieronymus, das Alte Testament »juxta Hebraeos« neu zu übersetzen, stellt Gryson ­ wie schon so mancher vor ihm ­ fest, dass die Kenntnisse des Hieronymus in der hebräischen Sprache recht begrenzt waren. Er musste sich auf die jüdischen Übersetzer des 2. Jh.s stützen. Die neue Übersetzung sollte dem gewohnten liturgischen Gebrauch des Psalters entsprechen (15).

Das Aktualisierungsheft 1999 begann mit einem Vorwort in deutscher und französischer Sprache. Das Heft Kirchenschriftsteller (2004) erscheint zwar wieder als ein Beuroner Werk im Freiburger Herder-Verlag, jedoch nur noch mit einem französischen Avant-propos. Inhaltlich bietet es wie bisher neue Editionen, Nachträge und Literatur. Die meisten neuen Angaben betreffen Augustin, die Neudatierungen durch P.-M. Hombert werden genannt (19­27). Das Heft bringt auch Arbeitsergebnisse Grysons im Zusammenhang mit der Arbeit am Vetus Latina-Text der Apokalypse im Corpus Christianorum Latinorum. Bedas Explanatio Apocalypsis (Anfang des 8. Jh.s) erschien 2001 als Band 121 A. Im Band CCL 107 (2003) wurden mehrere kleinere Werke zur Apokalypse gedruckt, so die »Tractatus in Apocalypsin fragmenta« von Bischof Apringius aus den Jahren 534­548 (33­97), die Complexiones in Apocalypsi von Cassiodor aus dem späten 6. Jh. (113­ 129) sowie das anonyme Commemoratorium de Apocalypsi Johannis apostoli (195­229).

Die 10. Lieferung zu Band 26/2 Apocalypsis Johannis bringt den Text auf S. 770 zum Abschluss. Dem Bearbeiter R. Gryson gebührt Dank für seine zügige Arbeitsweise: Der Vetus Latina-Text des Buches Jesaja war 1987­1997 in den Bänden 12/1 und 12/2 vorgelegt worden, jetzt kommt der Text der Offenbarung des Johannes in den Jahren 1997­2003 heraus. Die Lieferung endet mit Registern (774­787). Davor stehen drei Seiten »Postface«, auf die besonders hingewiesen sei. Gryson nennt auf drei Seiten zahlreiche spezielle Probleme. Er verweist auf seine Arbeit »Les commentaires patristiques latins de l¹Apocalypse« in der Revue théologique de Louvain 1997. Hier sei an einem Beispiel die Art der Forschung gezeigt: Zu Beginn der Arbeit hatte Gryson vermutet, Cassiodors Complexiones in Apocalypsi seien unter dem Einfluss eines Textes von Primasius aus der Mitte des 6. Jh.s verfasst worden. Nach Abschluss der Arbeit stellt er fest, solcher Einfluss habe nicht vorgelegen, Cassiodor habe sich eher am alten afrikanischen Text aus dem 3. Jh. orientiert. Das Ergebnis stellt Gryson in einen größeren Zusammenhang (771).

Jean-Claude Haelewyck, Professor an der Katholischen Universität Louvain, bearbeitet den altlateinischen Text des Buches Esther. Robert Hanharts Septuaginta-Ausgabe (VIII/3, Göttingen 1983) bildet dafür eine solide Voraussetzung. Haelewyck beschreibt 20 lateinische Manuskripte, davon vier mit einem vollständigen Text. Die älteste Form bietet ein Manuskript in Paris, das wohl in Corbie entstand: VL 151 (15, Details: 40­46). Wichtig sind auch die Handschriften VL 130 in München, VL 123 in Vercelli, VL 146 in Lyon sowie VL 109 (Bibel von Alcala). Kapitel 2 nennt Prologe und Summarien. Kapitel 3, »Les résumés du livre d¹Esther«, erörtert einige Zusammenfassungen der Geschichte von Esther bei Sulpicius Severus, Quodvultdeus und in merowingischen Dichtungen. Kapitel 4 untersucht den liturgischen Gebrauch der Gebete Mardochais und Esthers. In Antiphonen stehen oft altlateinische Lesungen (31­33). Das zentrale Kapitel 5 stellt die Texttypen fest. Altlateinische Texte hatten wenig Einfluss auf die Überlieferung der Vulgata (67). Abschluss des Kapitels 5 ist eine »Histoire du texte vieux latin du livre d¹Esther« (68 f.). Kapitel 6 bringt die Synthese der griechischen Überlieferungsgeschichte, Kapitel 7 andere Übersetzungen. In Kapitel 8 geht es um die Stellung der Vetus Latina in griechischer Tradition, dabei kommt auch der masoretische Text in den Blick (77 f.). Nach einem Abkürzungsverzeichnis beginnt der Text auf S. 101. Die überaus gründlichen Vorarbeiten lassen ein zügiges Erscheinen des Textes erhoffen.