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Ausgabe:

November/2005

Spalte:

1167–1169

Kategorie:

Altertumswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Cook, John G.

Titel/Untertitel:

The Interpretation of the Old Testament in Greco-Roman Paganism.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2004. XVI, 399 S. gr.8° = Studien und Texte zu Antike und Christentum, 23. Kart. Euro 64,00. ISBN 3-16-148474-6.

Rezensent:

Jan Dochhorn

Der Band stellt das Fortsetzungswerk zu einem von demselben Autor in derselben Reihe veröffentlichten Buch dar, das die Interpretation des Neuen Testaments bei griechisch-römischen Schriftstellern zum Inhalt hatte und im Jahre 2000 erschienen ist. Hier nun geht es um die Interpretation des Alten Testaments bei paganen Autoren aus der griechisch-römischen Welt.

In der Hauptsache nimmt C. dabei Autoren in den Blick, die sich mit dem Alten Testament (zur Rechtfertigung für den Begriff vgl. S. 1­2) befassen, weil sie sich gegen das Christentum wenden, nämlich Kelsos (2. Jh.), Porphyrius (3. Jh.) und Julian Apostata (4. Jh.). Ihnen widmet C. etwa sieben Achtel seines Buches. Von der exegetischen Arbeit dieser Autoren am Alten Testament hat sich relativ viel gehalten, weil christliche Autoren es für nötig befunden haben, sie zu widerlegen. Bei Kelsos ist der wichtigste Tradent Origenes, bei Porphyrius sind es Euseb und Hieronymus, Letzterer insbesondere für die Danielexegese des Porphyrius, die mit der Verortung des Danielbuches in der Zeit des Antiochus Epiphanes gerade in nachaufklärerischer Zeit Schule gemacht hat. Für Julian Apostata kann man gewöhnlich auf Cyrill von Alexandrien zurückgreifen, der Julians Schrift »gegen die Galiläer« eine mehrbändige Widerlegung gewidmet hat.

Weitere, in der Regel aus früherer Zeit stammende Autoren, die das Alte Testament ohne spezielles Interesse am Christentum erwähnen, werden zu Beginn des Buches erörtert, unter ihnen beispielsweise Hekataios von Abdera (ca 300 v. Chr.), Manetho (3. Jh. v. Chr.), Alexander Polyhistor (ca. 105­35 v. Chr.), Pompeius Trogus (um die Zeitenwende), Tacitus (1./2. Jh. n. Chr.), Apion (1. Jh. n. Chr.) und Ps.-Longinus (1. Jh. n. Chr.). Auch nichtliterarische Werke wie eine pompeianische Wandinschrift werden erwähnt, daneben die Papyri Graecae Magicae, die viel jüdisches Material enthalten, sowie die Hermetica, für die ­ neben einer Abhängigkeit von christlicher Literatur ­ gelegentlich auch jüdische Hintergründe angenommen werden; beispielsweise hält Pearson den Poimandres für das Werk eines jüdischen Apostaten, der einen neuen Kult begründet hat (vgl. die Diskussion auf S. 49­52).

Bei vielen dieser Autoren ist nicht ganz klar, ob sie tatsächlich Kenntnis alttestamentlichen Schrifttums hatten; ein relativ eindeutiger Fall ist beispielsweise Ps.-Longinus, der in seiner Schrift De Sublimitate den Schöpfungsbericht des »Gesetzgebers« (= Moses) dafür lobt, dass er das Göttliche würdig zum Ausdruck gebracht habe: Gott sprach, dass Licht werden solle ­ und so geschah es (vgl. S. 32­34).

Das Buch von C. hat enzyklopädischen Charakter; das exegetische Material wird unter ausführlicher Darlegung des jeweiligen Forschungsstandes präsentiert. Die paganen Autoren werden jeweils getrennt voneinander behandelt. Ihre exegetische Arbeit wiederum diskutiert C. überwiegend in Anlehnung an die Strukturierung des Bibeltextes; wir erfahren also im vorderen Bereich des Porphyrius-Abschnittes etwas über seine Genesis-Exegese (167 ff.), während wir am Ende über seine Danielauslegung orientiert werden (200­247). Dieses Verfahren kommt dem Bedürfnis nach einer Zusammenschau nicht immer entgegen, erleichtert aber die Orientierung und wird das Werk zu einem wichtigen Hilfsmittel für die rezeptionskritische Arbeit am Alten Testament machen.

Einer Erwähnung wert gewesen wären vielleicht noch die Historiographen Dios (bei Josephus, Contra Apionem I,113­115/Antiquitates VIII, 147­149) und Menander (bei Jos, Ap I,117­125 mit einer kürzeren Parallele bei Jos, Ant VIII,144­146), die beide aus phönizischer Perspektive das Verhältnis von Hiram und Salomo beschreiben. Inwieweit Dios und Menander Kenntnis der Septuaginta oder überhaupt alttestamentlicher Überlieferung vorausgesetzt haben, wird kaum zu klären sein, aber die Frage erscheint nicht unangebracht.