Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Oktober/2005

Spalte:

1057–1059

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Weyde, Karl William

Titel/Untertitel:

The Appointed Festivals of YHWH. The Festival Calendar in Leviticus 23 and the sukkôt Festival in Other Biblical Texts.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2004. XII, 259 S. gr.8 = Forschungen zum Alten Testament. 2. Reihe, 4. Kart. Euro 49,00. ISBN 3-16-148262-X.

Rezensent:

Georg Sauer

Dass mit diesem Buch eine Untersuchung zum altisraelitischen Festkalender aus Oslo auf den Markt kommt, ist nicht ungewöhnlich und entspricht einer guten alten norwegischen Tradition. Wenn hierbei das Herbstfest im Mittelpunkt steht, ist dies noch einmal gut begreiflich. Ihm hatte Sigmund Mowinckel seine Psalmenstudien, besonders Teil II, 1922, gewidmet und die zentrale Bedeutung des "Thronbesteigungsfestes Jahwäs" betont. So darf am Anfang der Dank stehen, dass sich K. W. Weyde in einem ersten Arbeitsschritt wiederum dem Herbstfest zugewendet hat.

Von ihm ausgehend untersucht er in einem zweiten Arbeits- und Karriereschritt den ganzen Festkalender in Lev 23. Damit legt er eine umfassende und profunde Darstellung vor. Die Untersuchung argumentiert in überschaubaren Einzelabhandlungen ungemein sorgfältig. Im Preface (V f.) stellt der Vf. den wissenschaftlichen Werdegang seiner jahrelangen Untersuchungen im Rahmen der Arbeit an der Theologischen Gemeindefakultät von Oslo dar. Ein ausführliches Inhaltsverzeichnis erleichtert die Arbeit (VII-XI).

In der Einleitung (1-7) begründet der Vf. seinen Schwerpunkt in der traditionsgeschichtlichen Arbeit an Lev 23 unter Hinweis auf frühere Arbeiten anderer Autoren zu Lev 23. Dass er in seine Untersuchung auch andere alttestamentliche Texte zum Festkalender aufnimmt, liegt auf der Hand. Ferner legt der Vf. Wert auf die Feststellung, dass er keine Wort-für-Wort-Erklärung bietet. Für den zweiten Teil der Untersuchung betont er mit besonderem Nachdruck die große Bedeutung des Laubhüttenfestes in der nachexilischen Zeit, wobei er auch auf die bahnbrechenden Arbeiten von S. Mowinckel hinweist (7).

Part One beginnt mit der Behandlung der ersten Verse von Lev 23: Kapitel 1: "A Sabbath of the Complete Rest", Lev 23,3 (11-18). Hier, wie in den folgenden Kapiteln, geht der Vf. von dem status quaestionis aus, den er in allen Einzelheiten darstellt. Die daran anschließenden Untersuchungen behandeln die Ergebnisse der früheren Einzelforschungen und hinterfragen sie unter ausführlicher Beiziehung der gesamten alttestamentlichen Paralleltexte. Das reiche Material kann bei der Behandlung der Einzelthemen in den folgenden Kapiteln im Rahmen dieser Rezension nicht in allen Einzelheiten vorgeführt werden. Exemplarisch sei aber in diesem Abschnitt der Gang der Untersuchung nachgezeichnet. Die Frage, ob das Sabbat-Gebot in Lev 23 eingedrungen ("intrusion") sei und irrtümlich als "appointed festival" bezeichnet wurde, beantwortet er nach eingehendem Literaturbericht unter Hinweis auf Ex 34,18 ff.: "The calendar simply makes use of the potential it found in the older legislation" (13). Die Antwort hat das Endergebnis der gesamten Untersuchung schon im Blick: Lev 23 hat unter Aufnahme älterer Formulierungen, z. B. auch "in all' euren Siedlungen" (V. 3), die exilisch-nachexilischen Verhältnisse im Blick und ist von daher als Einheit zu verstehen.

Kapitel 2: "Passover and the massot Festival", Lev 23:5-8 (19-68), vergleicht besonders ausführlich die Parallelstellen der alttestamentlichen Tradition (Ex 12; Num 28,16-25; Dtn 16, 1-8 neben anderen) und diskutiert sehr extensiv die Aussagen früherer Untersuchungen (Milgrom u. a.) und kommt im "Summary" (66-68) zu dem Ergebnis, dass für die beiden Feste eine klare zeitliche Unterscheidung in der Abfolge der "cultic celebration" (66) zu machen ist, dass sie aber "are fused (or identified) in the postexilic tradition" (67), 2Chr 30. "Lev 23: 5-8 seems to contain the latest material" (67).

Kapitel 3: "The Grain Festival", Lev 23,10-22 (69-88). Die vielfältigen Fragen um die Etappen des Erntefestes werden eingangs (69) klar formuliert. In der Durchführung baut auch hier die Arbeit auf eingehende Analysen auf. Die Garbendarbringung (V. 10-14) wird in Beziehung gesetzt zu Dtn 26,1 ff. und Lev 2,11 ff. und besonders zu Num 28,26-31. Letzterer Text wird als ältestes Material bestimmt. Daraufhin kann dieser Ritus getrennt vom Passa-Massot-Fest gesehen werden. Es wird kein präzises Datum für das Fest angegeben, um den Ritus den klimatischen Bedingungen der verschiedenen Landesteile anpassen zu können. Hingegen wird das Wochenfest mit einem genauen Datum gefeiert (V. 15-21). Die Tatsache, dass die Armen und Fremden eigens erwähnt werden (V. 22), erklärt der Vf. mit dem Hinweis, dass diese am Kult nicht teilnehmen durften; denn die Erntefeste stünden in Israel in enger Verbindung mit der Erinnerung an den Auszug aus Ägypten.

Kapitel 4: "The Trumpet Blasts", Lev 23,24-25 (89-92). Mit diesem Abschnitt beginnt die Gesetzgebung bezüglich des großen Herbstfestes, von dem auch Num 29 handelt. In Lev 23,24 begegnen über Num 29,1 ff. hinaus die Begriffe schabbatôn und zikrôn, deren Bedeutung untersucht wird. Ihr Vorkommen und ihr Inhalt werden als Hinweis gesehen, dass Lev 23 später zu datieren ist als Num 29.

Kapitel 5: "The Day of Atonement", Lev 23, 27-32 (93- 112). Der Vf. betont die Besonderheiten dieses Abschnitts, der sich von dem Vorherigen deutlich abhebt, unter Hinweis auf Stil und Wortwahl. So wird - anders als in Num 29,7 ff. - der Name des Festes jôm hakkippurim genannt, wie in Lev 25,9, sonst nirgends. Eingehend werden die Einzelbestimmungen untersucht. Der Vf. kommt zu dem Resultat, dass Lev 23,27-32 auf älteren Texten (Lev 16,29-31; Ex 12,15 ff.) aufbaut, aber wegen seiner chiastischen Gliederung (Nachweis wird erbracht) als Einheit zu sehen ist (111).

Kapitel 6: "The sukkôt Festival", Lev 23, 34-36 (113-130). Mit diesem Kapitel kommt der Vf. zu dem Schwerpunkt seiner Ausführungen. Die Besonderheit des Festes kommt schon in dem gebrauchten Terminus 'asärät (Lev 23,36 und Dtn 16,8) zum Ausdruck. Seine Bedeutung umschreibt der Vf. auf Grund der Verwendung in den Opfergesetzen als "gathering of some kind at the cultic place" (113). Intensiv werden weitere Themen und Zitate behandelt. Als Ergebnis kommt der Vf. zu dem Schluss, dass Lev 23,34-36 die Formulierungen von Dtn 16,1 ff. kannte und benutzte.

Kapitel 7: "Additions to the sukkôt Legislation", Lev 23, 39- 43 (131-142). Die Bestimmungen bezüglich des Wohnens in Laubhütten sind aus den Gegebenheiten des babylonischen Exils zu erklären und setzen V. 34-36 voraus. Die Forderung vollständiger Arbeitsruhe (schabbatôn) erinnert an das Gebot der Sabbat-Ruhe, das ebenso zur Zeit des Exils besonders bedeutsam wurde.

Concluding Part One (143 f.). Das sorgfältig vorbereitete Ergebnis lautet: Der Festkalender von Lev 23,5-36 ist "the latest of the festival calendars in the Pentateuch" (143). Es wird wiederholt, dass die Festfolge im siebenten Monat von besonderer Wichtigkeit ist. Die Endgestalt erhielt Lev 23 in exilisch-nachexilischer Zeit. Verschiedene literarische Schichten lassen sich nicht nachweisen. Literarische Brüche gehen entweder auf die Verwendung der vom Autor von Lev 23 benutzten Traditionen zurück oder auf das Bemühen des Autors, möglichst präzis zu sein. Dabei nimmt er Doppelungen in Kauf.

Nun folgt sachlich zu Recht die ältere Arbeit in Part Two: "The sukkôt Festival in Other Biblical Texts" (145-236). In gleicher Gründlichkeit wie in Part One werden behandelt: Kapitel 8: "The Dedication of the First Temple and the Festival in the Seventh Month. 1Kings 8" (147-162); Kapitel 9: "The Psalms and the sukkôt Festival" (163-209) und Kapitel 10: "Zech 14:16-21 and the sukkôt Festival" (210-236).

Der Bericht vom Fest der Tempelweihe hat die Vorstellungen vom Herbstfest zum Hintergrund, dessen Teile unter Einbeziehung der Überlieferung von Zelt und Lade geschildert werden. Verbindungen zum DtrG werden aufgewiesen. Ein liturgisch bestimmter Jahresablauf kann dadurch begreiflich gemacht werden (Kapitel 8). In eingehender Auseinandersetzung mit S. Mowinckel werden dessen Themen variiert und präzisiert. Der Vf. kommt zu dem Schluss, dass die Thronbesteigungspsalmen als Teile des Sukkôtfestes zu verstehen sind (Kapitel 9). Schließlich treffen in Sach 14 prophetische Vorstellungen zusammen mit den Gedanken des zentralen Sukkôtfestes. In der nachexilischen Zeit sei eine wachsende Bedeutung des Herbstfestes festzustellen, das immer mehr im eschatologischen Sinne verstanden wurde (235; Kapitel 10).

Die Arbeit wird abgeschlossen durch ein Verzeichnis der Abkürzungen (237 f.), eine ausführliche Bibliographie (239- 246), ein Stellenregister (247-255), ein Autorenregister (256 f.) und durch ein Schlagwortverzeichnis (258 f.).