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Ausgabe:

Oktober/2005

Spalte:

1046 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Pfister, Hansjörg

Titel/Untertitel:

Philosophische Einführung in den frühen Buddhismus.

Verlag:

Bötzingen: Reith & Pfister 2004. 131 S. gr.8. Geb. Euro 24,90. ISBN 3-9805629-9-9.

Rezensent:

Ram Adhar Mall

Das Buch bietet eine lobenswerte geistesgeschichtliche Verortung der Lehre Buddhas in der damaligen Geisteswelt Indiens. Das Erscheinen Buddhas stellt eine Herausforderung für die Hindu-Orthodoxie dar. Dies macht Buddha am eigenen Beispiel deutlich, indem er einige Hindu-Gurus verlässt und sich allein auf den Weg macht und nicht ausruht, bis ihm die Erleuchtungserfahrung zuteil wird.

Eine Kernthese des Vf.s "betrifft die Nähe des frühen Buddhismus zum transzendentalen Idealismus Immanuel Kants" (6.). Trotz einiger Ähnlichkeiten sind solche Vergleiche immer gewagt wegen der dahinter liegenden philosophisch-soteriologischen Intentionen. Der Weg der Begründung bleibt daher ein wenig schillernd und nicht differenziert genug, auch wenn der Vf. zu Recht, aber leider nur am Rande anmerkt, dass der frühe Buddhismus nicht einem transzendentalen Idealismus gleichzusetzen ist (48). Nicht die Lehre Kants, einschließlich seiner postulativen Theologie im Gespräch mit der Lehre Christi, aber doch die Buddhas enthält philosophische und soteriologische Elemente, die sich kaum durch ein Denkmuster aus der europäischen Philosophie adäquat darstellen lassen. Für Buddha mutiert das Wissen (Jnana) zum Glauben, zur Intuition, zur Erfahrung der Erleuchtung (Pranjna) und macht einen strengen Unterschied zwischen Wissen und Glauben redundant. Kant sucht einen Weg zur Religion von der Ethik her, für den Buddha ist gerade seine Ethik seine Religion, falls es überhaupt eine Religion ist. Der Weg Buddhas stellt einen atheistischen spirituellen Weg der Befreiung dar. Der Vf. kommt einer solchen Sicht sehr nahe, wenn er die zentrale Frage des Buddhismus formuliert: "Was sollen wir wissen?" (48). Leider bleibt die Erläuterung ein wenig lückenhaft und die Verbindung, zwar gekonnt differenziert, mit einer "transzendentalen Synthesis" ein wenig voreilig. Wenn die Lehre Buddhas transzendentale und apriorische Elemente enthält, so sollte man hier eher von einem transzendentalen Empirismus bzw. von einem empirischen Transzendentalismus sprechen (vgl. 53).

In dem Kapitel "Missbrauch der Religion" gibt der Vf. eine vertretbare, sympathisch-kritische Darstellung des Buddhismus und spricht von einem geringeren "Missbrauchspotential" (108) in der Lehre Buddhas. Auch wenn es stimmt, dass keine Religion vor einem möglichen Missbrauch ganz gefeit ist, so gilt im Falle der Lehre Buddhas, dass sie eine der wenigen Weltreligionen ist mit der Ablehnung selbst einer theoretischen Gewalt und eines gerechten Krieges.

Sehr zu loben ist der Anhang-Teil, den der Vf. gekonnt und sorgfältig präpariert hat. Zwar knapp, aber sachdienlich und für die Leser sehr hilfreich gibt der Vf. einige zentrale Stellen aus den buddhistischen Schriften und Hinduschriften an.

Auch wenn der Titel "Philosophische Einführung in den frühen Buddhismus" ein wenig ambitiös erscheint, bin ich einverstanden mit dem Versuch und Anliegen des Vf.s, die "Einzigartigkeit" (5) der Lehre Buddhas thematisiert zu haben. Sehr zu Gute gekommen wäre dem Buch eine kurze vertiefte Erläuterung des Konditionalnexus (Paticca-samuppada), denn gerade diese Lehre ist es, die später mit Leerheit (Shunayta), Soheit (Tathta) und Nirvana gleichgesetzt wird vom Patriarchen des Mahayana-Buddhismus, nämlich von Nagarjuna.