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Ausgabe:

September/2005

Spalte:

933 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Dohmen, Christoph

Titel/Untertitel:

Exodus 19-40. Übersetzt u. ausgelegt v. Ch. Dohmen.

Verlag:

Freiburg-Basel-Wien: Herder 2004. 415 S. gr.8 = Herders Kommentar zum Alten Testament. Lw. Euro 70,00. ISBN 3-451-26805-1.

Rezensent:

Henning Graf Reventlow

Die neue Kommentarreihe ist durch einen weiteren Band ergänzt worden: Der Kommentar über die zweite Hälfte des Buches Exodus erschien vor dem ersten. D. eröffnet den Band durch hermeneutische Überlegungen (29-39): Im Kontext neuerer Literaturwissenschaft habe ein Kommentar eine "Brückenfunktion" (29): Der Kommentator versteht sich im Gegenüber zum "Autor" (genauer: der intentio operis) und dem modernen Leser. Verfasst sei der Kommentar "auf Leser hin, die Interesse an der Bibel haben, d. h. die die Texte der Bibel für sich verstehen möchten" (31). Oder, mit dem Klappentext: Da es den "einen und einzigen" Sinn eines Textes nicht gibt, sei der ursprüngliche Text nicht zu ermitteln. Die Aufgabe bestehe dann darin, den "Textsinn" in seinem jetzigen Kontext freizusetzen zu versuchen. Das bedingt auch den Verzicht auf Auseinandersetzungen mit abweichenden Meinungen. Übersetzt und ausgelegt wird der MT.

Der Grundhaltung der Reihe entsprechend wird mit übergreifenden Textzusammenhängen gerechnet: Wie Ex 1,1-5 durch die Erwähnung von Jakob und seinen Söhnen auf die Genesis bezogen sei, so Ex 19,3 durch die Bezeichnung "Haus Jakob" (vorher nur Gen 46,27). Ex 19,1-3 stelle den Bezug zur ersten Hälfte des Buches her. Die von D. vorausgesetzte Zweiteilung des Buches (Ex 19-40 unter dem Stichwort "Sinai") sei also nur eine relative. Ex 13,19 vermittle zwischen Gen 50,24 f. und Jos 24,32, also auf einen Gesamt-Hexateuch hin. Die Erzählungen in Ex 17 und 18 stellten einen "Vorgriff" auf die Sinaierzählungen dar. Deutlich ist, dass diese Überlegungen sich nur auf den Endtext beziehen lassen, wie D. selbst feststellt: Ursprüngliche Eigenständigkeit und Bezogenheit der beiden Hauptteile bleiben in Spannung. Näher betrachtet (38) ergibt sich außerdem eine Aufteilung in vier Blöcke: 1. Ex 19-24; 2.Ex 25-31; 3. Ex 32-34; 4. Ex 35-40. D. erkennt, dass Ex 25- 31.35-40 zusammengehören, sieht aber auch (u. a. recht konstruierte) Bezüge zu Ex 32. Das geht bis zu der These, dass z. B. "Ex 35-40 die Erzählungen von Ex 32-34 auf unterschiedlichen Ebenen und in verschiedenen Punkten ... notwendig voraussetzt" (221) und "alle Blöcke in Ex 19-40 - auf je eigene Weise- Teil eines Ganzen sind" (ebd.). Immerhin versichert D., dass man auch anders unterteilen könne (39).

Am Ende des Bandes (403) steht dann noch der anfangs vermisste Ausblick auf die Fortsetzung in Lev. Erwähnt wird einmal die noch ausstehende Ausführung der Anweisungen zum priesterlichen Dienst (in Lev 8-10). Für noch engere Verbindungen zwischen Ex und Lev schließt sich D. der These von M. Douglas (Leviticus as Literature, Oxford 2002) an, welche die verschiedenen Teile von Lev in einem imaginären Grundriss des Zeltheiligtums von Ex 25 ff. lokalisiert. Das Ergebnis ist davon abhängig, dass auf eine Rückfrage hinter die Letztgestalt des Textes absichtlich verzichtet wird. Wie weit Bezugnahmen zwischen den angenommenen Blöcken lediglich auf eine Redaktionstätigkeit zurückgehen, ist für das Verständnis des Ganzen aber nicht unwesentlich! So treten auch die gravierenden Unterschiede zwischen Ex 25-31 und 35-40 in der Diskussion in den Hintergrund.

Die eigentliche Textinterpretation folgt dem gleichen Schema: Zuerst wird ein kürzerer oder längerer (auch Kapitel übergreifender) Zusammenhang übersetzt (mit kurzen Bemerkungen zum Text), dann folgen (Struktur-)Analyse, (gut orientierende) Auslegung (durch Marginalien übersichtlich), schließlich ein Abschnitt "Rezeption und Bedeutung". Den Blöcken wird ein Abschnitt über "Kontext und Komposition" vorangestellt.

Hervorzuheben sind die informativen Literaturhinweise, die mit einem allgemeinen Literaturverzeichnis (11-19) beginnen und sich zu den einzelnen Unterabschnitten fortsetzen.