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Ausgabe:

September/2005

Spalte:

918 f

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

[Tov, Emanuel]

Titel/Untertitel:

Emanuel. Studies in Hebrew Bible, Septuagint, and Dead Sea Scrolls. In Honor of Emanuel Tov. Ed. by Sh. M. Paul, R. A. Kraft, L. H. Schiffman, and W. W. Fields with the Assistance of E. Ben-David. Text Volume and Index Volume.

Verlag:

Leiden-Boston: Brill 2003. XXXVI, 849 S. m. 1 Porträt u. Abb. gr.8 (Text) u. VI, 89 S. gr.8 (Index) = Supplements to Vetus Testamentum, 94. Lw. Euro 119,00. ISBN 90-04-13007-1.

Rezensent:

Siegfried Kreuzer

Emanuel Tov, einer der bedeutendsten Gelehrten im Bereich der Erforschung des Textes des Alten Testaments, hat sich neben seinen vielen Arbeiten zur Textgeschichte und insbesondere auch zur Septuaginta seit 1990/91 als leitender Herausgeber um die lange verzögerte Publikation der Qumran-Texte verdient gemacht. Bekannt ist auch sein Handbuch "Der Text der hebräischen Bibel", übersetzt von Heinz-Josef Fabry u. a., 1997.

Die Festschrift wird eröffnet mit einer biographischen Skizze: Emanuel Tov wurde als Menno Toff 1941 in Amsterdam geboren. Als Zeit- und beinahe auch Schicksalsgenosse von Anne Frank verlor er seine Eltern im Konzentrationslager, allerdings gelang es einer christlichen Familie, ihn zu verstecken, und er wuchs nach dem Krieg bei seiner Tante und seinem Onkel auf. Er besuchte das Spinoza-Lyzeum in Amsterdam, wo er sich schon früh den alten Sprachen widmete, und wanderte 1961 nach Israel aus.

Von den 56 Beiträgen können hier nur einzelne kurz vorgestellt werden.

Sidnie White Crawford: "Not According to Rule ..." (127- 150) diskutiert das Vorhandensein von Frauen in Qumran. C. bleibt trotz wieder wiederholter Bestreitung bei der Verbindung von Qumran-Siedlung und Gemeinschaft und den Qumran-Höhlen bzw. Texten. Die bisher 43 ausgegrabenen Gräber erlauben keinen statistisch legitimen Rückschluss auf die insgesamt 1200 Gräber, dennoch ist signifikant, dass nur, aber immerhin, drei der Gräber sicher Frauenleichen enthielten. Während nach Philo und Plinius die Essener bzw. die Essener-Siedlungen am Toten Meer keine Frauen hatten, gibt es bei Josephus unterschiedliche Aussagen. In den Qumran-Texten fällt auf, dass es in den Gesetzen auch Bestimmungen für Frauen gibt. Besonders interessant ist, dass in der Damaskus-Schrift Bestimmungen für Frauen vorkommen, aber nicht in der Sektenregel. C. folgert, dass die Essener normalerweise verheiratet waren, dass es aber eine strengere Richtung gab, deren Mitglieder aus Reinheitsgründen ehelos blieben: "This thesis allows us to place women back into the frame of Qumrans studies, and resolves the question of so-called Essene celibacy." (150)

Alan D. Crown: "Samaritan Scribal Habits ..." (159-177) zeigt, dass es auch eine samaritanische masoretische Tradition gab und dass die samaritanischen Abschnittseinteilungen (qissim) analog den Petuchot und Setumot bereits in frühjüdische Zeit zurückgehen und in Qumran-Texten erkennbar sind. Auch Vorschriften für die Gestaltung der Handschriften, wie sie dann viel später Maimonides abschließend fixierte, wurden bereits in samaritanischen Texten beachtet.

Esther und Hanan Eshel: "Dating the Samaritan Pentateuch's Compilation ..." (215-240) kommen durch Vergleich mit den verschiedenen Typen des biblischen Textes in Qumran zu dem Ergebnis, dass der samaritanische Pentateuch nicht erst im 2.und 3. Jh. n. Chr., sondern bereits zu Anfang des 1. Jh.s v.Chr. textlich konstituiert war. Konkret handelt es sich beim Samaritanus um einen Text in - wie es Tov bezeichnete - qumranischer Schreiberpraxis (ein Texttyp, der in der älteren Forschung etwas unglücklich als Vulgärtext bezeichnet wurde, der aber auch über Qumran hinaus nachweisbar ist). Kennzeichen sind Verdeutlichungen und Aktualisierungen in der Wortwahl, Beseitigung von Widersprüchen sowie Ergänzungen aus Paralleltexten bzw. Stellen mit gleicher Thematik. Diese Besonderheiten sind in den biblischen Texten aus der (früheren) hasmonäischen Zeit vielfach belegt, d. h. sie wurden aus der (noch) gemeinsamen Tradition übernommen und sind nicht spezifisch samaritanisch. Spezifisch samaritanisch sind nur die bekannten "dogmatischen" Korrekturen, die sich aus der Bezugnahme auf den Garizim an Stelle Jerusalems ergeben.

Benjamin G. Wright III: "Why a Prologue? ..." (633-644) beschäftigt sich mit der Bemerkung des Enkels Ben Sira's, dass es eine besondere Sache sei, die heiligen Schriften aus dem Hebräischen in das Griechische zu übertragen (Prolog, 7). W. versteht den Hinweis nicht wie üblich als Hinweis auf die Schwierigkeit, Hebräisch adäquat ins Griechische zu übertragen, sondern gewissermaßen als vorbeugende Aussage, damit nicht seine Leser ihm unterstellen, sein Griechisch bzw. seine Übersetzung sei nicht adäquat. Die Interpretation, dass der Übersetzer "reveals to us something of his own insecurities about the reception of his work as a Greek text" (644), geht aber m. E. zu weit, denn es ist ein typisches Element hellenistischer Rhetorik, vorneweg die Schwierigkeit eines literarischen Unterfangens hervorzuheben.