Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

September/2005

Spalte:

895–914

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Grethlein, Christian

Titel/Untertitel:

Kasualien. Überlegungen zu einem praktisch-theologischen Konzept.

1. Kasualien - Kontextualisierung der Kommunikation des Evangeliums

1.1

Bei der jüngsten EKD-Mitgliedschaftsbefragung bekundeten 78% der Evangelischen als Erwartung an Kirche: "Menschen durch Taufe, Konfirmation, Hochzeit und Beerdigung an den Wendepunkten des Lebens begleiten".1 Ein Blick in die Statistiken der EKD zeigt, dass dem eine hohe Inanspruchnahme der genannten kirchlichen Handlungen entspricht.

Religionssoziologen weisen darauf hin, dass in den Kasualien eine zeitgemäße Form religiöser Praxis begegnet. Sie folgen - so Michael N. Ebertz - im Gegensatz zum sonntäglichen so genannten Gemeindegottesdienst einer "zweiseitigen" Logik, geben also Sinn nicht nur in der Logik des kirchlichen Glaubenssystems, sondern auch in der alltagsbezogenen Logik heutiger Menschen.

Knapp und provozierend formuliert: "Während die Funktionsträger der Kirchen ihre Erwartungen gegenüber den Kirchenmitgliedern vor allem auf deren Befolgung ekklesiastischer Kriterien und Normen richten und etwa am sonntäglichen Kirchgang messen, konzentrieren sich die Erwartungen der Mehrheit der übrigen Kirchenmitglieder um den Gesichtspunkt, ob die kirchlichen Deutungsschemata und symbolischen Handlungen ihnen helfen, zu verstehen und selbst verstanden zu werden, ob sie ihnen helfen, ihre Interaktionen fortzuführen und ihre jeweilige Lebenssituation zu bestehen, symbolisch zu markieren und festlich zu begehen, und zwar unabhängig von sonstigen kirchlichen Bedingungen ...".2

Die hohe Nachfrage nach Kasualien weist darauf hin, dass Menschen in ihnen Lebenshilfe erfahren, vor allem wohl Gelegenheit zu "sinn- und identitätskonstruktive[r] Arbeit an Lebensgeschichten".3 Demnach scheint in den Kasualien eine geglückte Form von Kontextualisierung der Kommunikation des Evangeliums zu begegnen, die stärker kirchenamtliche Formen ablöst.

1.2

Zugleich sind aber kritische theologische Einwände unüberhörbar. In polemischer Auseinandersetzung mit Friedrich Niebergalls Überlegungen zur Kasualrede4 ergriff z. B. Rudolf Bohren Partei für die Pfarrer: "Die Kasualpraxis ist für den Pfarrer unmenschlich geworden. So geht's nicht mehr."5 Er konstatiert, dass der Pfarrer "in den Amtshandlungen zum Amtshändler degradiert wird, daß er von Amtes wegen Gottes Namen fort und fort verunehrt und entheiligt ...".6 Und: "Man versucht, das Evangelium zu verkünden, und dabei verwandelt sich der Christus unmerklich zum Baal, zu dem Gott, der das kreatürliche Leben segnet, zum Gott der Fruchtbarkeit, zum Garanten von Eheglück und gelungener Erziehung. Man preist Christus als den Gott und Bringer des Lebens und vergißt, daß Jesu Leben in der Welt Ohnmacht ist und Leiden und Kreuz."7 Dass in der heutigen Kasualpraxis auch abgesehen von den problematischen theologischen Prämissen Bohrens schwerwiegende Probleme pastoralen Selbstverständnisses begegnen, zeigen die Hinweise der vorwiegend pastoralpsychologisch argumentierenden Ulrike Wagner-Rau: "Im Kontext der Kasualpraxis konzentrieren sich Erfahrungen schmerzlicher Entwertung und die Wahrnehmung, dass die eigene Glaubensorientierung nicht mehr von allen, die kommen, geteilt wird, sondern sich in Konkurrenz zu anderen Überzeugungen behaupten muss."8 Kontextualitätstheoretisch formuliert geht es hier um die Dimension des Gegenkulturellen ("counter-cultural") pastoraler Praxis.

Ich beziehe mich dabei kategorial auf das Nairobi Statement on Worship and Culture des Lutherischen Weltbundes von 1996, in dem "contextualization" in die vier Dimensionen von "transcultural", "contextual", "counter-cultural" und "cross-cultural" differenziert wurde:9 "Der christliche Gottesdienst steht in mindestens vierfacher Hinsicht in dynamischer Beziehung zur Kultur. Zunächst einmal ist er kulturübergreifend. Er hat also über die jeweilige Kultur hinaus für jeden Menschen an jedem Ort dieselbe Substanz. Zum anderen ist er kontextuell und ändert sich entsprechend den natürlichen und kulturellen Gegebenheiten des jeweiligen Umfeldes. Zum dritten ist er kontrakulturell, indem er eine Herausforderung an alle diejenigen Elemente einer gegebenen Kultur darstellt, die dem Evangelium widersprechen. Viertens übt er eine kulturelle Wechselwirkung aus, denn er ermöglicht eine wechselseitige Beeinflussung verschiedener lokaler Kulturen."10



1.3

Zwar gibt es zunehmend Studien zum Thema Kasualien oder zu einzelnen von ihnen. Es finden sich monographische Analysen,11 praktisch-theologische Habilitationsvorträge12 und auch eigene Thematisierungen in Handbüchern.13 Doch zeigt genaueres Studium ein erhebliches Schwanken sowohl hinsichtlich der Beschreibung des Gegenstandsbereichs "Kasualien" als auch des Gesamtverständnisses. Die Forderung Wolfgang Stecks nach "einer gegenüber den übrigen Teildisziplinen der Praktischen Theologie selbständigen, aber mit ihr organisch verbundenen Theorie der Kasualien"14 ist noch immer aktuell. Hierzu will ich im Folgenden einen Beitrag leisten.

1.4

Dazu soll in einem ersten Abschnitt ein kurzer Durchgang durch die bisherige praktisch-theologische Behandlung des Themas das Terrain sondieren helfen. In Aufnahme des in liturgischen Studien bewährten, bereits erwähnten Kontextualisierungskonzepts kommt dann der Kontext im engeren Sinn ("contextual") in den Blick, also die gegenwärtigen Herausforderungen an die Kasualpraxis. In einem weiteren Schritt gilt es das Thema theologisch zu konturieren; denn Kontextualisierung erfordert auch eine klare inhaltliche Bestimmung ("transcultural"), soll es nicht zu bloßer Affirmation des Bestehenden kommen. Eine religionstheoretische Zwischenüberlegung verbindet diese beiden Reflexionsschritte. Abschließend unterbreite ich den Vorschlag für einen Begründungszusammenhang einer Theorie der Kasualpraxis, die sich darum bemüht, die Logik der die kirchlichen Handlungen Begehrenden aufzunehmen und diese Menschen für das Evangelium zu öffnen bzw. das Evangelium in ihren Kontext einzuzeichnen. Dabei greife ich auf ökumenische Einsichten (international) zurück ("cross-cultural"). Angesichts der Komplexität des Themas und der Fülle der vorliegenden Beiträge kann es sich dabei insgesamt nur um eine grobe Skizze handeln, die der Ausführung im Einzelnen und vor allem für die einzelnen Kasualien bedarf.15

Vor allem die besondere Situation in den auf dem Gebiet der früheren DDR liegenden Landeskirchen kann ich hier nicht hinreichend berücksichtigen. Allerdings führt der von mir vorgeschlagene Weg, die Kasualien als Formen der Tauferinnerung zu konzeptualisieren, in der ostdeutschen Situation ebenfalls weiter, wenn Tauferinnerung im umfassenderen Sinn als Einladung zur Taufe verstanden wird.

Auch andere Perspektiven als die im Folgenden gewählte wären praktisch-theologisch wichtig, vor allem eine familientheoretische. Denn - wie zuletzt Michael Domsgen16 eindrücklich zeigte - die als Familienfeiern begangenen Kasualien stellen für die meisten Menschen (vornehmlich in Westdeutschland) den wichtigsten Bezugspunkt zu expliziter christlicher Religion und damit Kirche dar. So wäre eine eingehendere Analyse der zurückgehenden Kinderzahlen bzw. der vermehrten Kinderlosigkeit für die Kasualpraxis und deren langfristige Bedeutung für die Kommunikation des Evangeliums erforderlich. Dieser hier nicht verfolgte Zugang könnte ebenfalls mit Gewinn in den Ansatz bei der Taufpraxis integriert werden, nicht zuletzt auf Grund der familienkritischen Implikationen von Taufe als eines primär zwischen Gott und dem einzelnen Menschen vermittelnden Rituals.

2. Kasualien - ein undeutliches Thema

2.1

Verfolgt man die Behandlung des Themas "Kasualien", früher auch "Amtshandlungen" genannt17 und zuerst wohl bei Carl Immanual Nitzsch als Zusammenhang erfasst,18 so zeigen sich schon im 19. Jh. Unterschiede hinsichtlich des Gegenstandsbereichs, der Platzierung im Gesamt der Praktischen Theologie und der inneren Differenzierung.19 Soweit ich sehen kann, finden sich fast immer Konfirmation, Trauung und Bestattung gemeinsam behandelt.20 Hinsichtlich der Taufe kommt es zu Differenzen, je nachdem ob deren Status als Sakrament oder deren benediktioneller, auf das Familienleben bezogener Charakter Vorrang erhält.

So erörtert z. B. Ernst Christian Achelis unter der Überschrift "die selbständig auftretenden liturgischen Handlungen" in einem I. Teil die "Sakramentshandlungen" und in einem II. Teil "Die Benediktionshandlungen",21 Martin Schian dagegen beginnt mit der Taufe die Abteilung "Gottesdienstliche Handlungen besonderer Art".22

Dazu können die Ordination und Hinweise zur Beichte treten23 sowie auch Abendmahlsfeiern,24 etwa das Krankenabendmahl25. Anfang des 20. Jh.s werden dann noch Einweihungen, etwa von Kirchen und Friedhöfen, genannt.26

Auch im weiteren Fortgang gelang es nicht, den Gegenstandsbereich der Kasualien genauer zu bestimmen. Vielmehr führte die zunehmende Verfestigung der heute als "klassisch" geltenden praktisch-theologischen Disziplinen dazu, dass das Interesse an einer zusammenhängenden Thematisierung der Kasualien erlahmte. Zudem behinderte die im Zuge der theologischen Neubestimmung seit dem Ende der 20er Jahre gegebene Konzentration auf das "Wort Gottes" und - praktisch-theologisch gesehen - auf das Bekenntnis des Menschen eine intensivere Beschäftigung mit den Kasualien.

Pointiert resümiert Gerhard Rau: "Weder ein Säugling in seinem Taufkissen noch ein Verstorbener in seinem Holzsarg ist zu einem solchen bewussten und dann auch noch verbalisierten Bekennen in der Lage; auch sogenannte Konfirmandengelübde dürften bei den bekannten Reifeproblemen Vierzehnjähriger theologischen Gelöbnisansprüchen kaum genügen."27

So mehrten sich die kritischen Stimmen gegen eine zu große Öffnung hin zur "Welt",28 die bereits zitierte Kritik Bohrens stellt dazu die Schlussfanfare dar.

2.2

Erst die empirische Wende in der Praktischen Theologie, die u. a. eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema "Ritual" mit sich brachte und damit auch eine Überwindung der Reduktion auf verbal Geäußertes,29 rückte die "Kasualien" wieder auf die praktisch-theologische Tagesordnung. Zwar beschränken sich die in Anmerkung 11 genannten neueren Publikationen in ihrer Darstellung im Wesentlichen auf Taufe, Konfirmation, Trauung und Bestattung, doch wird wiederholt eine Erweiterung des Themenspektrums gefordert. So zählt Ulrike Wagner-Rau auf:

"Anlässe und Gelegenheiten für solche erweiterte Kasualpraxis finden sich viele: Geburt, Kindergartenabschluß, Schulbeginn, Übergang zum Erwachsenwerden mit den jeweils unterschiedlichen Situationen und Erfahrungen von Mädchen/Frauen und Jungen/Männern, Volljährigkeit, Bildung dauerhafter Paare und Lebensgemeinschaften, Trennungen/Scheidungen, Familienbildung/Kinder und Beruf, Berufs- und Wohnortwech- sel, Trennung von den Kindern, Krisen der Lebensmitte, lebensbedrohliche oder chronische Erkrankungen, Älterwerden/Wechseljahre, Ende der Berufstätigkeit/Beginn des Alters, einschneidendes Abnehmen der Lebenskräfte und -möglichkeiten, Vorbereitung aufs Sterben und auf die Begleitung von Sterbenden, Tod, Trauer/Totengedenken."30

2.3

Vergleicht man diese - im Einzelnen allerdings nicht ausgeführte- Liste mit der Gliederung der ersten monographischen Behandlung des Themas bei Eduard Meuß, fallen zwei grundlegende Differenzen auf, die die ganze Thematisierung von Kasualien in der Praktischen Theologie begleiten. Er untergliedert sein Buch in drei Teile: "Gottesdienstliche Einführung in das der Gemeinde eigene Gnadenverhältnis", worin Taufe und Konfirmation behandelt werden, "Gottesdienstliche Fortführung des der Gemeinde eigenen Gnadenverhältnisses auf einzelne Personen", mit den Themen Eheschließung, Ordination und Privatbeichte, sowie "Gottesdienstliche Überführung aus dem der diesseitigen Gemeinde eigenen Gnadenverhältnis in das Jenseits".31

Meuß orientiert sich wesentlich am Handeln der Kirche und nimmt eine liturgische Perspektive ein, Wagner-Rau ist dagegen an der Lebenswelt der Menschen orientiert und vor allem an der poimenischen Dimension interessiert. Hinter diesen Unterschieden stehen theologische Grundentscheidungen. Meuß geht von einem objektiven "gottgegebenen" Wesen des Gottesdienstes aus. Dabei sind die "Abendmahlsstiftung" und die "Taufstiftung" konstitutiv, durch die der Geist wirkt.32 Sie stiften das für seine Kasualtheorie grundlegende "Gnadenverhältnis". Wagner-Rau beginnt dagegen ihren Band - nach einem kurzen Forschungsüberblick - mit familiensoziologischen, psychoanalytischen und ritualtheoretischen Erörterungen. Erst auf diesem Hintergrund, also kulturhermeneutisch, speist sie die theologische Perspektive des "Segensraums" ein, wobei hier Kreativität und Begegnung im Vordergrund stehen.33

2.4

Die offene Frage nach der kasualtheoretischen Gesamtperspektive tritt ebenfalls deutlich hervor, wenn man sich in den gegenwärtigen Entwürfen die unterschiedliche Reihenfolge ihrer Behandlung vor Augen führt.

Lange Zeit war es - zuletzt bei Eberhard Winkler - üblich, die Taufe an den Beginn eines Durchgangs durch die Kasualien zu setzen. Dabei konnten sowohl theologische (Sakrament) als auch lebenszyklische (Geburt) Gründe leitend sein. In jüngster Zeit zeigen sich aber neue Ansatzpunkte: Theophil Müller geht in seiner einseitig anthropologisch argumentierenden Kasualtheorie von der Konfirmation aus. Dabei leitet ihn der Aspekt religiöser Mündigkeit.34 Bei Wagner-Rau ist die Auseinandersetzung mit der Individualisierung und Pluralisierung von Lebensformen grundlegend. Materialiter setzt sie zwar die "klassischen" vier Kasualien voraus. Angesichts der Veränderungen im Lebenslauf, de facto eines Rückgangs von Normalbiographien, stellt sie keine einzelne Kasualie in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, sondern - wie erwähnt - die Aufgabe einer Ausweitung kasueller Angebote, um den neuen individuellen Lebensformen zu entsprechen. Dazu rekurriert sie auf den "Segen" als die grundlegende Handlung in den Kasualien. Kristian Fechtner schließlich setzt bei der Bestattung ein. Sie gilt ihm als "Ernst-Fall" der Fälle (Kasus)35 und "die verbreitetste und empirisch gesehen stärkste kirchliche Kasualie".36 Konzeptionell leitet ihn eine kulturhermeneutische Perspektive, die die besondere Stellung des Todes als eines Abschiedes in einer "Kultur abschiedlichen Lebens" erfassen hilft. Bei diesen Versuchen, einen neuen Ansatzpunkt für eine Theorie der Kasualien zu gewinnen, fällt das weitgehende Fehlen bzw. das Zurücktreten biblisch-theologischer Perspektiven auf. Die kontextuelle Dimension dominiert, die kontrakulturelle kommt kaum bzw. nicht in den Blick.

2.5

So zeigt dieser knappe Durchgang durch die Thematisierung der Kasualien in der Praktischen Theologie mehrfache Probleme: die Bestimmung des Gegenstandes Kasualien; das Verhältnis der einzelnen Kasualien zueinander; die Frage nach der leitenden Perspektive; das Verhältnis von kontextueller und kontrakultureller Dimension.

Offensichtlich hängt die jeweilige Lösung dieser Fragen sowohl mit theologischen Vorentscheidungen als auch dem jeweiligen kulturellen (einschließlich kirchlichen) und gesellschaftlichen Kontext zusammen. Auf jeden Fall rückt aber das Kasualthema in den letzten Jahren "von der Peripherie ins Zentrum"37 der Praktischen Theologie. Während die genannte Monographie von Meuß eher abgelegen als Band IVa in Zimmers Handbibliothek der Praktischen Theologie erschien, gilt gut 100 Jahre später Wagner-Rau das Kasualien-Thema als "Integrationspunkt" praktisch-theologischer Arbeit.38

Kristian Fechtner führt diesen Ansatz - unter Bezug auf die These des Religionssoziologen Joachim Matthes von der "integralen Amtshandlungspraxis"39 - weiter und nennt vier Integrationsebenen: "(1) Unter pastoraltheologischen Vorzeichen integriert die Kasualpraxis die klassischen Handlungsfelder des Pfarramtes: Gottesdienst - Predigt - Seelsorge - Unterricht. ... (2) In den Kasualien integrieren sich evangelische Christen in den gegenwärtigen Lebenszusammenhang des volkskirchlichen Christentums. ... (3) In der Kasualfrömmigkeit werden Kirchlichkeit und christlich geprägte Lebensorientierungen lebensweltlich integriert. ... (4) Die Kasualpraxis integriert auf verschiedenen Ebenen die sozialen Bezüge des Individuums."40

3. Aktuelle kulturelle Herausforderungen für Praxis und Theorie der Kasualien

Neue Entwicklungen im Bereich der Kasualpraxis fordern Praktische Theologie in mehrfacher Weise heraus. Im Zuge allgemeiner Pluralisierungsprozesse beanspruchen nichtkirchliche Konkurrenzangebote, neue ökumenische und interreligiöse Anforderungen, rechtliche Probleme und Veränderungen in den jeweiligen Praxisfeldern Aufmerksamkeit.

Im Folgenden beziehe ich mich dabei entsprechend der mittlerweile ausgebildeten Konvention und aus heuristischen Gründen jeweils auf die vier "klassischen" Kasualien. Wie schon ein kurzer Blick durch die Behandlung des Themas in den letzten 150 Jahren zeigt,41 ist eine Einigung auf eine genaue materiale Bestimmung des Gegenstands "Kasualien" nicht möglich. Allerdings legt die sich in der Literatur gerade der letzten Jahre abzeichnende Konzentration auf Taufe, Konfirmation, Trauung und Bestattung zweierlei nahe: dass diese Handlungen eine gute Grundlage für die Erörterung der grundsätzlichen Chancen und Probleme einer lebenslauf- bzw. biographiebezogenen Kommunikation des Evangeliums bieten und durch unterschiedliche Anschlüsse die exemplarische Erarbeitung grundlegender praktisch-theologischer Problembereiche ermöglichen.42

3.1

Bis in die zweite Hälfte des 19. Jh.s war die Teilnahme an den kirchlichen Amtshandlungen in den deutschen Ländern staatsbürgerliche Pflicht. Erst die Aufhebung des Taufzwangs und die Einführung der obligatorischen Ziviltrauung mit dem Personenstandsgesetz (1876) gaben grundsätzlich die Möglichkeit, die entsprechenden Übergänge im Leben anders zu begehen. Inzwischen sind bei Bestattung und Trauung sowie in Ostdeutschland bei der Konfirmation Konkurrenzangebote zu den kirchlichen Handlungen entstanden, die die Selbstverständlichkeit kirchlicher Handlungen geringer werden lassen. Erste "Ritualbegleiter" haben ihre Tätigkeit begonnen.43

Dabei muss angemerkt werden, dass die staatliche Neuordnung am Beginn des 19. Jh.s zu einer lebensweltlichen Begegnung der verschiedenen christlichen Konfessionsangehörigen führte und damit auf Grund der bei den drei genannten Handlungen bestehenden konfessionellen Differenzen die einzelnen rituellen Angebote relativierte, ohne dass dies sich umgehend in der Amtshandlungsstatistik niederschlug.

Vor allem im ökonomisch sehr interessanten Bereich der Bestattungen44 (einschließlich Trauerbegleitung) ist inzwischen in manchen Gegenden den Kirchen eine erhebliche Konkurrenz entstanden.45 Die zuerst in Städten zunehmende Transferierung der Sorge um einen Verstorbenen von der Nachbarschaft auf professionelle Unternehmen (in der Regel ursprünglich Sargtischler),46 nicht zuletzt auf Grund von Friedhofsverlegungen, Veränderungen in der Stellung zum Tod, Wandel im Begräbniswesen- am auffälligsten die Zunahme so genannter anonymer Bestattungen - sowie die (offenkundige) Distanz vieler Menschen zur Kirchengemeinde im sozialen Sinne lockern seit der zweiten Hälfte des 19. Jh.s das sich schon in der Alten Kirche knüpfende Band zwischen Kirche und Bestattung. Dazu verlieren die traditionellen Formen ritueller Kommunikation bei einer Bestattung für nicht wenige Menschen an Evidenz. Neue Formen bilden sich tastend heraus - alternative Bestattungsstätten wie der Friedwald, Ausgestaltungen von Bestattungen als Event oder ungewöhnliche Musikwünsche sind Ausdruck hiervon.

Weniger auffällig, da eher im privaten Bereich angesiedelt, zahlenmäßig aber noch bedeutungsvoller sind Alternativen zur kirchlichen Trauung. Nur noch ein Teil der Paare, die eine Ehe schließen, verbinden diese mit der kirchlichen Trauung. An ihre Stelle kann manches treten: eine feierliche Zeremonie vor dem Standesamt, von Freunden gestaltete Rituale, angefangen vom Reisstreuen über Baum-Sägen bis hin zu hinduistischen Fruchtbarkeitsritualen, die beim abendlichen Fest halb ernst, halb spaßhaft inszeniert werden.

Die Konfirmation ist seit 1955 in Ostdeutschland auf Grund massiven staatlichen Drucks durch so genannte Jugendweihefeiern verdrängt worden. Auch nach der politischen Wende blieben dort solche säkularen Feiern, jetzt von verschiedenen Vereinen privat organisiert und ihrer politischen Überhöhung beraubt, das Jugend-Ritual der Mehrheit.47 In manchen Familien verlagern sich mittlerweile diese Feiern in den privaten Raum;48 auch in einigen städtischen Gebieten Westdeutschlands gehen die Konfirmandenzahlen steiler als demographisch zu erwarten zurück.

Angesichts dieser Grundtendenz, dass die Kasualien zunehmend säkulare Konkurrenz erhalten, ist es erstaunlich, dass dies für die Taufe so nicht wahrnehmbar ist. Schon die Versuche in der DDR, die Kindertaufe durch eine sozialistische Namensweihe zu ersetzen, waren aufs Ganze gesehen erfolglos. Allerdings vollzog sich hinsichtlich der Platzierung der Taufe im Lebenslauf eine erhebliche Veränderung. Sie löst sich von der Geburt ab und wird meist erst nach einigen Monaten, manchmal in höherem Lebensalter begehrt. Ich vermute, dass sich die medizinische Vor- und Nachsorge sowie Betreuung weitgehend der rituellen Gestaltung von Geburt bemächtigt haben. So scheint heute die Geburt ein Vorgang ohne direkte Verbindung mit einem religiösen Ritual zu sein. Ich vermute, dass diese Entwicklung als eine- auch am Ende des Lebens feststellbare - Ablösung religiöser durch technisch-medizinische Handlungen (bzw. Rituale) interpretiert werden kann. Dies implizierte die These einer religiösen Aufladung moderner Medizin. Zumindest deren Entwicklung im 19. Jh. gibt dieser Vermutung einen kulturgeschichtlichen Anhalt.49 Auf jeden Fall entrückt die Taufe durch diese Entwicklung der jahrhundertelang selbstverständlichen Zuordnung zur Geburt. Ihr Begehren wird zunehmend ein bewusster Akt, wenngleich vielerorts noch durch Traditionsleitung - etwa in Form des Impulses durch Großeltern - unterstützt.

3.2

Nicht nur die Kasualhandlungen stehen in Konkurrenz; auch innerhalb der Kasualien selbst sind Pluralisierungsprozesse unübersehbar. In nur wenigen Fällen haben die Pfarrer(innen) bei Kasualgottesdiensten eine konfessionell oder gar glaubensmäßig homogene Gemeinde vor sich. Die meisten Familien in Deutschland sind mittlerweile konfessionell gemischt, wobei auch die Angehörigen derselben Konfession in ihrer religiösen Einstellung und Praxis erheblich divergieren (können). Dazu begegnen Familienangehörige, die aus der Kirche ausgetreten sind, aber trotzdem an dem von ihnen primär familiär konnotierten Gottesdienst teilnehmen. Vielleicht noch bedeutungsvoller als diese durch Differenzen in der Kirchenmitgliedschaft offenkundige Pluralität sind die Verschiebungen in den religiösen Einstellungen. Hier scheinen bei nicht wenigen Menschen Vorstellungen nichtchristlicher Religiosität bzw. Versatzstücke hiervon an Bedeutung zu gewinnen, etwa Reinkarnationsvorstellungen, buddhistische Meditationstechniken oder Reiki. Die Füllung von "Religion" durch christliche Inhalte scheint einer eher allgemeinen, auf unmittelbares Erleben gerichteten Orientierung zu weichen, die sich durch Vorstellungen fernöstlicher Religionen anregen lässt.

Damit es in diesem Zusammenhang aber nicht zu problematischen "Abfall"-Theorien kommt, ist anzumerken, dass auch früher so genannter "Aberglauben" mehr oder weniger stark die religiösen Vorstellungen und die Praxis vieler Kirchenmitglieder bestimmte. Eine Veränderung scheint mir darin zu bestehen, dass nach Wegfall disziplinärer Sanktionen jetzt solche Abweichungen öffentlich zur Darstellung kommen und propagiert werden.

Nicht wenige Pfarrer(innen) scheinen auf diese Entwicklung zu reagieren. Schon Anfang der 70er Jahre kamen - unter der Rubrik "Gottesdienst menschlich"50 - liturgische Formulare in Umlauf, bei denen schöpfungstheologische oder allgemein religiöse Vorstellungen an die Stelle traditionell christologischer Wendungen traten. Ein Vergleich der 2004 eingeführten Bestattungsagende der UEK mit ihrer Vorgängerin von 1964 zeigt, dass diese Tendenz mittlerweile die kirchenamtlichen liturgischen Formulare erfasst hat.

Hier führt z. B. im Formular das Bestattungswort "Gott ist der Schöpfer des Lebens und Herr über den Tod. Ihm vertrauen wir ... an" die Formel "Erde zur Erde, Asche zur Asche, Staub zum Staube" fort; die bisherige Wendung: "in der Hoffnung der Auferstehung zum ewigen Leben durch unsern Herrn Jesus Christus" ist lediglich ein Alternativangebot.51

Eine Verschärfung dieser Problemlage besteht darin, dass manchmal auch Menschen einer nichtchristlichen Religionszugehörigkeit an Kasualien teilnehmen. Eigene Trauungsformulare für einen gleichsam interreligiösen Eheschluss versuchen dem Rechnung zu tragen. Hier stellt sich das Problem christlicher Ausdrücklichkeit in besonderem Maße, etwa hinsichtlich trinitarischer oder christologischer Formulierungen oder Symbole.

3.3

Die eben skizzierte Thematik ist eng mit den rechtlichen Problemen verbunden, die die Veränderungen in der Kasualpraxis mit sich bringen. Zumindest für die größeren Städte gilt die Feststellung Wagner-Raus: "Was kirchenrechtlich als Ausnahme beschrieben wird, die nach dem seelsorgerlichen Ermessen des Pastors/der Pastorin zu entscheiden und zu handhaben sei, ist faktisch längst kein Ausnahmefall mehr. Denn der Wunsch nach Kasualgottesdiensten durch Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, die aber dennoch die Taufe ihres Kindes, eine Trauung oder Beerdigung durch eine/n kirchliche/n Amtsträger/in anfragen, ist häufig."52 Nicht selten führen solche "Ausnahmen" zu unglücklichen Auseinandersetzungen, in denen ein Pfarrer sich auf formale kirchenrechtliche Bestimmungen zurückzieht oder umgekehrt in seinem Agieren als konturenlos erscheint. Hinter solchen kirchenrechtlich relevanten Konflikten im Umfeld der Kasualien steht häufig die Frage nach dem Zusammenhang von Kirchenmitgliedschaft und Glaube und/ bzw. Taufe und Kirchenmitgliedschaft. Die mittlerweile auch die konkrete pastorale Arbeit tangierenden finanziellen Probleme der Kirchen in Deutschland erhöhen die pragmatische Brisanz dieser Fragestellungen.

3.4

Schließlich verändern sich die sozialen Vollzüge, auf die sich die Kasualien herkömmlich beziehen. Anfang der 70er Jahre des 20. Jh.s war es - wie erwähnt - ein Durchbruch in der praktisch-theologischen Arbeit an den Kasualien, als diese vom Konzept eines Rituals her gedeutet wurden. Vor allem das ethnologische Konzept der rites de passage53 half, das Verhalten von Menschen in besonderen "Fällen" zu verstehen und entsprechende pastorale Konzepte zu entwickeln. Für die Trauer hat dies Yorick Spiegel in einer - noch 2004 in der Einleitung zur neuen Bestattungsagende der UEK zitierten54 - Studie eingehend und didaktisch geschickt dargestellt.55

Inzwischen wird aber die Dehnung der nach diesem Konzept rituell begangenen Übergänge unübersehbar, die ein Festhalten am Konzept der Schwellenrituale schwer macht: Am offenkundigsten ist dies bei der Ehe und dem Übergang von der Kindheit zum Erwachsensein. Soziale, sexuelle und ökonomische Gemeinschaft eines Paares entwickeln sich oft über einen langen Zeitraum und in unterschiedlicher Geschwindigkeit. Dementsprechend beobachtet Rosemarie Nave-Herz,56 dass die Hochzeit heute eher als rite de confirmation denn als rite de passage fungiert. Dass dies unmittelbare Konsequenzen für die Trauung und ihre Gestaltung hat, liegt auf der Hand. Dazu verändert eine zumindest jetzt auch öffentlich zu Tage tretende Pluralisierung der Lebensformen den Kontext der Ehe.57 Strukturell Ähnliches gilt für die Jugendphase, in der die Konfirmation platziert ist. Die Shell-Jugendstudien, bei denen ein Zeitraum vom Beginn des zweiten bis in die zweite Hälfte des dritten Lebensjahrzehnts als "Jugend" gilt, weisen auf eine sich offensichtlich noch ausweitende Lebensphase hin. Auch der Übergang vom Leben zum Tod ist häufig zerdehnt. Das Sterben wird in den Kliniken nicht selten durch Einsatz medizinischer Mittel in die Länge gezogen, was den Abschied und die anschließende Trauer erschweren kann und so für die Bestattung neue besondere Anforderungen stellt. Schließlich können auch Veränderungen im Umfeld einer Geburt von diesem Konzept der Zerdehnung her gedeutet werden. Die mittlerweile sehr umfangreiche medizinische Vorsorge macht - etwa durch Ultraschall-Bilder vom Embryo - herkömmlich bei der Geburt Erlebtes wie das Sehen des Kindes früher zugänglich. Zugleich ist häufig die Geburt in sozialem Sinn zerdehnt, wenn das Kind zuerst einige Tage in der Klinik verbringt und erst dann in sein eigentliches Zuhause kommt. Allerdings dürfte der in der Geburt vollzogene Übergang im Vergleich mit den drei anderen immer noch am deutlichsten sein. Das erste Hören eines Schreis des Kindes und die erste taktile Berührung sind einmalige und punktuelle Ereignisse.

3.5

Bei der Durchmusterung neuer Anforderungen an die Kasualpraxis begegnen also tiefgreifende kulturelle und damit auch einstellungsmäßige Veränderungen bei den Menschen. Dabei ergibt sich für die Taufe mehrfach eine besondere Situation: Explizit rituell im Sinne symbolischer Kommunikation ist gegenwärtig keine direkte Konkurrenz zu erkennen, doch scheint an ihrem lange Jahrhunderte angestammten Ort kurz nach der Geburt die Medizin die Begleitung am Übergang im Lebenslauf übernommen zu haben. In rechtlicher Hinsicht erfordern die im pastoralen Alltag begegnenden Probleme eine genauere Bestimmung der Taufe. Schließlich scheint zumindest hinsichtlich der Zerdehnung der Lebensabschnitte bei der Geburt die geringste Veränderung gegeben zu sein. Allerdings zeigt ein Blick in die kirchenamtliche Taufstatistik und die Taufpraxis vor Ort, dass sich hier andere Veränderungen anbahnen.

Die lange Zeit in Deutschland selbstverständliche Verbindung von Geburt und Taufe löst sich auf. Zwar ist das erste Lebensjahr noch immer der Zeitraum, in dem die meisten Taufen stattfinden, doch entsteht vor allem im Zusammenhang mit der Konfirmation ein neuer Tauftermin. Dazu treten, wenn auch zahlenmäßig eher gering, Taufen von Erwachsenen, vor allem im Zuge der Migrationswelle der letzten Jahre und auch der Vereinigung Deutschlands. Die Taufe löst sich von ihrem sozialen Ort als Ritual am Übergang im Lebenslauf anlässlich einer Geburt. Welchen Übergang begleitet sie dann - den zu einem Leben als Christ?

4. Kasualien in religionswissenschaftlicher
und theologischer Perspektive


Schon ein kurzer Blick in die Geschichte der Kasualien zeigt, dass mit Ausnahme der Taufe keine von Beginn des Christentums an praktiziert wurde.58 Vielmehr begegnet man in je unterschiedlicher Weise kulturellen und religiösen Kontexten, die wesentlich zur Herausbildung der Kasualien beitrugen. Von daher erscheint es sinnvoll, vor einer theologischen Klärung zur Horizonterweiterung wenigstens knapp eine religionswissenschaftliche Orientierung zu versuchen.

4.1

Bei der Rekonstruktion der Entstehungsgeschichte der christlichen Bestattung und Eheschließung stößt man sogleich auf die grundlegende Bedeutung der Familie für beide Vollzüge. Erst allmählich übernahmen Amtsträger der christlichen Gemeinde Funktionen in diesen Ritualen und leiteten deren christliche bzw. kirchliche Prägung ein. Eine interessante religionswissenschaftliche Erklärung bietet hierzu eine Unterscheidung Andreas Feldtkellers, die auch aus kontextualitätstheoretischer Perspektive Aufmerksamkeit verdient. Feldtkeller entdeckt im Vergleich verschiedener Religionen, darunter auch des Christentums, eine Differenz zwischen einer Grundlage, die er mit Theo Sundermeier59 "primäre Religion" nennt, und einer dazu tretenden zweiten Schicht, einer "sprachlich dominierten Form von Religion".60 Die als "primäre Religion" bezeichnete "grundlegende Schicht menschlicher Religiosität" verbürgt "den Sinn des Weltganzen ..., dass die Welt und die menschliche Existenz so sind, wie sie sind, und nicht anders".61 In ihr werden wesentlich konkrete Bestandteile der Lebenswelt symbolisch kommuniziert, vor allem die für das Überleben wichtige "Abstammungsgemeinschaft":

"Abstammungsgemeinschaft, wie sie als tragender Grund menschlichen Daseins erfahrbar ist, wird konstituiert durch drei Beziehungen:

- durch die Beziehung von Mann und Frau ... Aus Zeugung und Geburt entsteht

- die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ...

- Da die Beziehung zwischen Eltern und Kind sehr häufig nicht auf ein Kind beschränkt bleibt, tritt als dritte Grundbeziehung noch die Beziehung zwischen Geschwistern hinzu."62

Dazu hat die "primäre Religion" als zweites grundlegendes Thema den Umgang mit Zeit, wobei neben Tages-, Mond- und Jahreszyklus auch der menschliche Lebenszyklus bis hin zum Tod von Bedeutung ist.63

Es ist unschwer zu erkennen, dass wir uns bei Trauung und Bestattung im Bereich solcher "primärer Religion" befinden, die ihren ursprünglichen Ort im Haus bzw. in der Familie hat. Auch Taufe und Konfirmation können hier subsumiert werden, wenn man sie nur hinsichtlich ihrer Bedeutung für Familie und Strukturierung der Lebenszeit, also als Riten im Umfeld der Geburt und der Geschlechtsreife betrachtet. Allerdings ist diese "primäre Religion" nur eine religionsgeschichtliche Rekonstruktion. Denn im Christentum sind weiter - wie in anderen so genannten Hochreligionen auch - sprachlich vermittelte Inhalte von Bedeutung, die sich teilweise kritisch auf die "primäre Religion" beziehen. Im Neuen Testament tritt dies z. B. in der eschatologisch begründeten Relativierung von Ehe (s. Mt 22,30; 1Kor 7,1) und Bestattung (Mt 8,22) hervor.

Die in der Geschichte der Kasualtheorie bereits beobachtete Spannung zwischen kontextueller und kontrakultureller Dimension sowie die exemplarisch in der Auseinandersetzung Bohrens mit Niebergalls Kasualhomiletik begegnende Differenz, die bis ins konkrete pastorale Handeln reicht, können von dem skizzierten religionswissenschaftlichen Konzept her erklärt werden. Sie markieren eine Spannung auch in der christlichen Religion. Diese begegnet ebenfalls in dem gegenwärtig verstärkt zur Interpretation der Kasualien herangezogenen Konzept "Segen". Denn Segen kann sowohl für die unmittelbare Fruchtbarkeit, aber auch übertragen für die Weitergabe des Glaubens und damit das Wachstum der Gemeinde stehen.64 Von daher erscheint die Entgegensetzung des affirmativen Zugs der Kasualien und seiner Kritik bei Bohren ebenso wenig angemessen wie die weitgehende Ausblendung dieser Spannung, die in den neueren kasualtheoretischen Arbeiten dominiert. Denn im ersten Fall droht eine realitätsferne Theorie - die weitgehende Wirkungslosigkeit des Bohrenschen Vorstoßes ist von daher gut zu erklären -, im zweiten ein Verlust der religions- und im besonderen kultkritischen Dimension, die grundlegend für die jesuanische Kommunikation des Evangeliums mit ihrer Rezeption schriftprophetischer Tradition ist (s. z. B. Mt 9,13 unter Zitat von Hos 6,6).

4.2

Mit den Arbeiten von Wagner-Rau und Fechtner liegen wichtige Studien vor, die die biographische Bedeutung der Kasualien herausarbeiten, also diese als gelungene Formen kontextueller Religionspraxis profilieren. Dagegen hat die kontrakulturelle Perspektive in letzter Zeit wenig Aufmerksamkeit erfahren. Dies scheint mir aber nicht nur aus theologischen - die "Metanoia" gehört konstitutiv zur Kommunikation des Evangeliums -, sondern auch aus kontextualitätstheoretischen Gründen problematisch. Die zunehmende (öffentliche) Pluralisierung der Daseins- und Wertorientierung und auch die damit verbundenen, letztlich auf einem rituellen Markt65 konkurrierenden Formen der Begleitung von Übergängen im Lebenslauf erfordern nämlich von den einzelnen Anbietern eine inhaltliche Profilierung.

Dabei sind aber die Einsichten, die durch die empirische Wende der Praktischen Theologie (teilweise wieder) zugewachsen sind, aufzunehmen. Es kann also nicht darum gehen, durch einseitigen (etwa homiletisch verengten) Rekurs auf verbale Eindeutigkeit die Bedeutung des Rituellen zu überspielen. Vielmehr muss der Ansatzpunkt für eine christliche Profilierung der Kasualien in einer zunehmend religiös pluralen Situation selbst wieder die rituelle Dimension berücksichtigen.

In diesem Zusammenhang führt - neben einem Blick in die Geschichte der Kasualtheorie, dem aber auf Grund der seitherigen kulturellen Veränderungen nur eingeschränkte Bedeutung zukommt - eine (international) ökumenische Horizonterweiterung weiter.

4.3

Bei den ersten konzeptionellen Bestimmungsversuchen der Kasualien als eines zusammenhängenden Komplexes fällt die herausgehobene Nennung der Taufe auf. So wird - wie erwähnt - diese bei Meuß als "sakramentliche Einführung" an den Anfang gestellt und steht bei Achelis als - gemeinsam mit dem Abendmahl - eigenständiger Abschnitt vor den "Benediktionshandlungen". Allerdings verdankt sich diese Hervorhebung der dogmatischen Bestimmung als "Sakrament", nicht praktisch-theologischer, also empirische und systematisch-normative Gesichtspunkte verbindender Reflexion.66 Von daher lässt sich verstehen, warum der Einsatz bei der Taufe für die Darstellung der weiteren Kasualhandlungen inhaltlich bedeutungslos bleibt. Die folgende, trotz unterschiedlicher theologischer Prämissen primär homiletische Arbeit an den Kasualien änderte hieran verständlicher Weise nichts.

Eine theologische Präzisierung bei gleichzeitigem Bezug auf rituelles Handeln könnte der Rekurs auf den Segen sein. So konstatiert Eberhard Winkler in seinen besonders am Zusammenhang von Kasualien und Gemeindeaufbau interessierten Überlegungen: "Man kann den Segenszuspruch als die Form der Zuwendung bezeichnen, die den Kern aller Kasualien ausmacht."67 Während er sich hier vor allem durch biblische Gesichtspunkte leiten lässt, kommt Wagner-Rau von pastoralpsychologischer Seite zu einem ganz ähnlichen Einsatz. Winkler weist unter Bezug auf 1Tim 4,4 f. auch auf Grenzen hinsichtlich der Realbenediktionen hin,68 Wagner-Rau fokussiert das Thema auf biographische Anlässe und ist an einer Weitung des Horizontes durch die Wortschöpfung "Segensraum" interessiert.69

Bei genauerer Betrachtung bietet aber "Segen" nur teilweise einen ausreichenden Bezugsrahmen. Gewiss, in den vier klassischen Kasualien wird gesegnet, wobei hinsichtlich der Bestattung innerevangelisch umstritten ist, ob auch der Verstorbene gesegnet werden soll. Die Trauung ist gut mit dem Segenskonzept erfasst, vor allem wenn - wie in Luthers Traubüchlein (BSLK 533,33 ff.), aber heute nur noch in der römisch-katholischen Trauagende - der Wunsch nach Kindern thematisiert wird. Zwar spielt auch bei der Konfirmation der Segen eine große Rolle, nicht umsonst wird sie umgangssprachlich Einsegnung genannt. Jedoch ist theologisch und durch die Zunahme so genannter Konfirmandentaufen auch empirisch die Taufe der wichtigste Bezugspunkt. Noch problematischer wird das Segen-Konzept, wenn es auf die Taufe angewendet wird. Denn hier steht zweifellos die Wasserhandlung mit der Taufformel im Vordergrund. Es gibt durchaus biblische Hinweise, dass der christliche Segen in seiner (ihn vom Segen in anderen Religionen unterscheidenden) christologischen Ausrichtung am besten von der Taufe als Grundlage her zu verstehen ist.70

Schließlich hat Wilhelm Gräb einen viel beachteten Entwurf vorgetragen, die Kasualien rechtfertigungstheologisch zu verstehen.71 Hier wird die gegenwärtig dringliche Aufgabe der Biographiekonstruktion mit der grundlegenden Einsicht evangelischer Kirche verbunden. Auch abgesehen von der Problematik der einseitig funktionalen Argumentation Gräbs ist diese Lehre als dogmatische Theorie erst noch mit der rituellen Realität der Kasualien zu vermitteln. Dabei kann man auf Paulus zurückgreifen (1Kor 6,11), so dass Taufe als "die Verleiblichung der Rechtfertigung des Gottlosen"72 begriffen wird.

Auch aus praktisch-theologischen Gründen erscheint es mir weiterführend, die Kasualien als in der Taufe begründet zu rekonstruieren. Dazu regen (international) ökumenische Impulse
an, aber auch bereits kurz genannte Veränderungen in der Taufpraxis selbst, die deren Neubestimmung innerhalb des Konzeptes "Kasualien" erfordern.

5. Kasualien als Formen der Tauferinnerung

1998 wurde auf einer Konsultation des Lutherischen Weltbundes die Arbeit einer internationalen, seit 1992 - unter römisch-katholischer Beteiligung - arbeitenden Studiengruppe des Lutherisches Weltbundes in Chicago in einer Erklärung zusam- mengefasst: "Chicago Statement on Worship and Culture: Baptism and Rites of Life Passage". Dieses methodisch der erwähnten Kontextualisierungsthese vom Nairobi Statement folgende ökumenische Dokument kann der deutschen Diskussion um die Kasualien drei wichtige Impulse geben: den Hinweis auf die Bedeutung der Taufe als grundlegendem "Übergangs"-Ritus; die Konsequenz hieraus für das Verständnis der anderen Kasualien; die Erweiterung des traditionellen Themenbereichs "Kasualien" an einem wichtigen Punkt.

5.1

Schon in der Einleitung des Dokuments wird die grundlegende Bedeutung der Taufe herausgestellt: "Baptism thus informs and shapes rites related to the life-cycle."73 Dazu wird der für die Kasualien zentrale Begriff des Übergangs ("passage") als grundlegend für die Taufe ausgelegt:

"For Christians, however, these are rites that extend or renew or conclude their original and essential rite of passage through the waters of Baptism."74

Solange die Taufe von Säuglingen weithin selbstverständlich erschien, war es schwer, ihre biblische Bedeutung als "Wiedergeburt" (Tit 3,5) o. Ä. für den Lebenslauf bewusst zu machen und zur Darstellung zu bringen. Der deutliche Rückgang dieser Taufpraxis, greifbar in der Ablösung der Taufe von der Geburt, der Pluralisierung des Taufalters und in der Zunahme der Anzahl nichtgetaufter Menschen, ermöglicht aber einen neuen Zugang zur Taufe. Die Taufe wird von einer biographischen Selbstverständlichkeit zu einem bewusst begehrten Ritus. Entsprechend der regionalen und milieubezogenen Ungleichzeitigkeit der Entwicklung auch auf dem Gebiet der Taufpraxis ist dieses sich anbahnende Verständnis aber mit dem bisherigen zu vermitteln, insofern die Traditionsleitung ein nicht zu unterschätzendes Hintergrundmotiv darstellt. Hier ist es wichtig, die bis in die 60er Jahre weithin herrschende "Selbstverständlichkeit" des Taufbegehrens für Säuglinge genauer auf die hinter ihr liegenden Motive zu befragen.75 Neben bzw. besser: mit der gewiss nicht zu gering zu veranschlagenden Traditionsleitung verbunden konnte man das Motiv der Generationenvorsorge und des Wunsches nach (göttlichem) Schutz beobachten.

Beide Motive sind wichtig, um das Fundament der Logik zu verstehen, die viele Menschen zum Begehren der Taufe (für ihre Kinder) führt. Doch bergen sie - religionswissenschaftlich formuliert - die Gefahr in sich, auf der Ebene der primären Religion zu verharren. Zugleich bietet aber die Situation einer zurückgehenden Traditionsleitung und damit Selbstverständlichkeit des Taufbegehrens die Chance, die hierüber hinausgehende Bedeutung der Taufe auszudrücken. Als "counter-cultural elements" der Taufe benennt das Chicago Statement: "The poor will be baptized with at least as great a dignity as the rich. Women and men, children and adults, and people from all ethnic/class/caste backgrounds will stand here on equal footing ..."76 Deutlich finden sich hier Anfragen an die auch in Deutschland zu beobachtenden Tendenzen der sozialen Segregation.

Analysiert man das traditionelle Taufritual näher, dann tritt noch an anderer Stelle eine kontrakulturelle, einer allgemeinen Religiosität entgegenstehende Passage entgegen. Die im letzten Taufbuch der EKU zumindest fakulativ aufgenommene Abrenuntiatio diaboli77 formuliert die Abgrenzung vom Bösen und steht so einer bloß affirmativen Feier des Bestehenden entgegen. Hier geht es nämlich geradezu um "Desintegration".78

5.2

Dieses Verständnis der Taufe als grundlegendem Übergang im menschlichen Lebenslauf, der zugleich auch eine scharfe Zäsur enthält, eröffnet interessante Interpretations- und Gestaltungsmöglichkeiten für die Kasualien. So werden die Bestattungsriten folgendermaßen verstanden: "They celebrate the baptized's transitus or Exodus and mark the day of her or his dies natalis (birthday) unto eternal life."79 Erste Schritte in diese Richtung finden sich mittlerweile auch in deutschen Bestattungsagenden.80 Hierzu kann ergänzt werden, dass sich hierdurch auch neue Möglichkeiten für die Seelsorge eröffnen.

Auch bei der Trauung finden sich Bezüge auf die Taufe. Zwar wird betont, dass die Hochzeit ein transkulturelles Geschehen ist und die christliche Gemeinde mit dem Wort Gottes und dem Segen des Paares lediglich "Christian additions to the human process of marriage" beisteuert.81 Doch kann der Hinweis auf die Taufe in diesem Ritual die besondere christliche Berufung der Eheleute in Erinnerung rufen. Zudem impliziert er eine Relativierung der Ehe: "the status of being married must be seen as neither better or worse than the status of anyone else in the assembly - these all are baptized".82

Die neue Fassung der 1995 ökumenisch verantworteten "Gemeinsamen Feier" zeigt an einer Stelle, welche Bedeutung der Taufbezug in einer Situation zunehmender konfessioneller Vermischung haben kann, indem sie auf die Gemeinsamkeit durch die Taufe hinweist.

So heißt es (leider nur!) im Eingangsgebet der in der römisch-katholischen Kirche stattfindenden Trauung: "Gütiger Gott, du hast uns neu geschaffen in der Taufe und führst uns durch das Wort des Lebens. Gib, daß die Brautleute N. und N. dein Wort mit lauterem Herzen aufnehmen und ihre Ehe aus der Kraft der Taufe leben."83

5.3

Schließlich beginnt die auf die Taufe folgende Darstellung der "rites of passage" für deutsche Leser(innen) erstaunlich mit einem Kapitel "Healing Rites". Der Kreis derer, an die sich diese Riten richten, wird tauftheologisch bestimmt: "who are isolated or excluded with God's gift of the baptismal community".84 Hier begegnet die ekklesiologische Konsequenz der Taufe. Ein Ernstnehmen der durch die Taufe bewirkten Verbindung der Menschen macht ein stillschweigendes Hinweggehen über das krankheitsbedingte Fernbleiben unmöglich. Zwar ist es den Verfassern bewusst, dass nicht in allen Kirchen Heilungsriten einen festen Platz haben; unter Bezug auf 1Kor 12 werden diese aber zur Entwicklung solcher Handlungen aufgefordert.

In den evangelischen Kirchen Deutschlands sind gegenwärtig Heilungsrituale selten.85 In unserem Zusammenhang markiert dies eine problematische Entwicklung. Das Anwachsen des medizinischen Apparats und der immensen personellen und ökonomischen Aufwendungen zeigt, welche Bedeutung Krankheit für Menschen hat. Sieht man von der wichtigen, meist im Verborgenen stattfindenden Tätigkeit von Krankenhausseelsorgern ab, ist dieser Bereich aus dem kasuellen Handeln weitestgehend ausgeblendet. Das Symbol des Christus medicus, das in evangelischen Pfarrhäusern bis zum Beginn des 20. Jh.s zu einer engen Verbindung mit der Medizin führte,86 ist vergessen. Damit ist ein wesentlicher Lebensbereich aus der von der evangelischen Kirche87 organisierten Kommunikation des Evangeliums ausgegliedert.

5.4

Blickt man von diesem ökumenischen Impuls aus zurück auf die vorausliegende Argumentation, lässt sich unschwer zeigen, dass sich die in 2.5 zusammengefassten Probleme in einem solchen Ansatz lösen lassen. Die Taufe als Bezugspunkt ermöglicht zum einen in traditionsgeleiteten Gebieten eine sinnvolle Profilierung der traditionellen Reihenfolge Taufe - Konfirmation - Trauung - Bestattung als Stationen, an denen in verdichteter Form das Evangelium kommuniziert wird; zum anderen bietet sie aber auch für Menschen mit individualisierten Biographien die Möglichkeit, einen roten Faden für ihr Leben zu entdecken, der an verschiedenen Krisen und Übergängen wieder aufgenommen werden kann. Dadurch wird auch der von Luther herausgestellte prozessuale Charakter der Taufe (BSLK 699, 27- 34), die erst im Tod vollendet wird, aufgenommen. Die auf (biographische) Deutung angelegten Symbole der Taufe, vor allem Kreuzeszeichen, Namensnennung (sowohl des Täuflings als auch des dreieinigen Gottes), Wasser, Handauflegung und Licht (Kerze),88 ermöglichen vielfachen Anschluss an gegenwärtige Kultur, eröffnen aber in ihren Ambivalenzen auch gegenkulturelle Anstöße. Durch die in der Taufe einmalige rituelle
Verschränkung der biographischen und der christologischen Dimension werden als Tauferinnerung begangene Kasualien inhaltlich näher bestimmt, ohne den Bezug zu den konkreten Menschen mit ihrer Lebensgeschichte zu verlieren. Dabei lassen die sich abzeichnenden Veränderungen in der Taufpraxis (s. 3.5) erwarten, dass in der Taufe die inhaltliche Bestimmtheit als Kommunikation des Evangeliums an Gewicht gegenüber der schwellenrituellen Funktion gewinnen wird.

Auch die unter 3. skizzierten Herausforderungen an die gegenwärtige Kasualpraxis können von diesem Begründungszusammenhang her konstruktiv aufgenommen werden. Eine ihre Begründung in der Taufe zur Darstellung bringende Kasualpraxis ist dadurch inhaltlich klar konturiert, wobei der Bezug auf die Taufsymbole hier manchmal wichtiger sein dürfte als verbale Bezugnahmen; sie eröffnet eine ökumenische Perspektive und durch ihre symbolische Vermittlung einen Spielraum, so dass in konkreten Konfliktfällen inhaltlich und nicht formal diskutiert werden kann. Und auch angesichts zerdehnter Passagen bieten die elementaren Symbole der Taufe die Möglichkeit, die jeweilige Situation aufzunehmen, insofern sie eher einen Richtungssinn als konkrete Deutung vorgeben. Als Ritus hat darüber hinaus die Taufe Anteil an den beiden Schichten von Religion, die Feldtkeller überzeugend differenziert. Am deutlichsten tritt dies am Symbol des Kreuzes hervor, das allgemein religionsgeschichtlich auf harmonische Vollkommenheit verweist, christlich jedoch durch den Foltertod Jesu die in Gott geborgene Verletzlichkeit menschlichen Lebens ins Blickfeld rückt.

5.5

Diese Überlegungen zu einer Begründung der Kasualien durch die Taufe haben allerdings eine bzw. zwei Voraussetzungen. Die allgemeine Forderung Wagner-Raus nach einer "insgesamt lebendigen kirchlichen Kultur" für "attraktive" Kasualien89 ist auf lebendige Tauf- und Taufgedächtniskultur hin zu präzisieren. Kasualien als biographienahe Formen des Taufgedächtnisses erfordern eine Taufpraxis, in der die Verbindung von christologischer und biographischer Perspektive zur Darstellung kommt.

Die Bedeutung, die das Taufgedächtnis ökumenisch und öffentlich haben kann, blitzte 2003 beim Ökumenischen Kirchentag in Berlin auf.90 Dazu entwickeln - angeregt durch Erfahrungen aus den USA - mehrere römisch-katholisch Diözesen Modelle eines liturgisch gestuften Erwachsenen-Katechumenates, an dessen Ende die Taufe, verbunden mit Feier der Eucharistie und Firmung, steht.91 Einen gemeindepädagogischen Akzent setzte ein durch die Praxis in Norwegen angeregtes Projekt des Gemeindekollegs der VELKD "Einladung zur Taufe - Einladung zum Leben",92 dessen Anliegen mittlerweile durch Modelle auf Landeskirchenebene aufgenommen wurde. Auch viele Gemeinden sind auf dem Weg, in der veränderten Situation die Gaben der Taufe und so etwa die Eucharistie als Taufgedächtnis zu entdecken. Gewiss, dies sind erst Anfänge. Doch es lohnt sich an ihnen weiterzuarbeiten, nicht zuletzt, um Menschen unter den Bedingungen tief greifender Veränderungen in Kultur und Lebenslauf von "Fall zu Fall" evangelisch zu begleiten. Die Pluralisierung der Taufpraxis bietet dazu in dem Ineinander von Traditionsleitung und bewusster Entscheidung einen Kairos.

Summary The rites of passage (Kasualien) have emerged as one of the main topics in research of German practical theology in the last years. Many people, not only church members, show a keen interest in them and are participating in them. These rites seem to be a good example for contextualization of Christian religion. But as a closer look reveals, there are as many problems in the history of this issue, e. g. the undefined object and the changing perspectives of research, as in the pastoral practise today.

Therefore the author tries to construct a stable framework for the most important rites of passage following the ecumenical method of contextualization as it was published in the Nairobi Statement of the Lutheran World Federation. A theory of Christian rites of passage is developed on the basis of baptism. Finally, some examples are presented how to interprete and shape rites of passage.

Fussnoten:

1) Weltsichten Kirchenbindung Lebensstile. 4. EKD-Erhebung über Mitgliedschaft, Hannover 2003, 26 (Tabelle 9).

2) Ebertz, Michael N.: Einseitige und zweiseitige liturgische Handlungen - Gottes-Dienst in der entfalteten Moderne, in: Kranemann, benedikt, u. a. (Hrsg.): Heute Gott feiern, Freiburg 1999, 14-38, 27.

3) Gräb, Wilhelm: Lebensgeschichten Lebensentwürfe Sinndeutungen. Eine praktische Theologie gelebter Religion, Gütersloh 1998, 188.

4) Als Ausgangspunkt dient Bohren folgende Lagebeurteilung Niebergalls von 1905: "Unendlich viele werden heute von der Predigt nicht mehr erreicht. Sie kommen einfach nicht; aber der Teilnahme an den kirchlichen Amtshandlungen können und wollen sie sich nicht entziehen. So bekommen die Pfarrer in der mittleren und erst recht in der größeren Stadt gar manchen vor die Flinte, der der kirchlichen Beeinflussung sonst unzugänglich bliebe. Welche Gelegenheit, unaufdringlich das Evangelium an den Mann zu bringen, wenigstens einmal zu sagen, was Evangelium ist und welchen Wert es für das Leben hat ... Die Kasualreden sind die vorgeschobenen Posten der Kirche, vorgeschoben in das zu erobernde Land der Gleichgültigkeit und Gegnerschaft" (zitiert bei Bohren, Rudolf: Unsere Kasualpraxis - eine missionarische Gelegenheit, München 41968 [1960], 11).

5) Bohren, a. a. O. (Anm. 4), 14.

6) A. a. O., 15.

7) A. a. O., 19.

8) Wagner-Rau, Ulrike: Praktische Theologie als "Schwellenkunde". Fortschreibung einer Anregung von Henning Luther, in: Hauschildt, Eberhard/Schwab, Ulrich (Hrsg.): Praktische Theologie für das 21. Jahrhundert, Stuttgart 2002, 177-191, 185; vgl. zur Erklärung der Veränderungen in der Funktion der Rituale den Bezug auf Victor Turners Differenzierung zwischen liminalen und liminoiden Ritualen bei Gräb, a. a. O. (Anm. 3), 184-187.

9) Lutheran World Federation (Ed.): Christian Worship: Unity in Cultural Diversity, Genf 1996, 25 f.

10) Deutsche Übersetzung des in der vorhergehenden Anmerkung zitierten Titels: Stauffer, Anita (Hrsg.): Christlicher Gottesdienst: Einheit in kultureller Vielfalt, Hannover 1997, 30.

11) Z. B. Müller, Theophil: Konfirmation - Hochzeit - Taufe - Bestattung. Sinn und Aufgabe der Kasualgottesdienste, Stuttgart 1988; Winkler, Eberhard: Tore zum Leben. Taufe - Konfirmation - Trauung - Bestattung, Neukirchen-Vluyn 1995; Wagner-Rau, Ulrike: Segensraum. Kasualpraxis in der modernen Gesellschaft, Stuttgart 2000; Fechtner, Kristian: Kirche von Fall zu Fall. Kasualpraxis in der Gegenwart - eine Orientierung, Gütersloh 2003.

12) 2004 erschienen z. B.: Lämmlin, Georg: "Traumhochzeit", oder: "gemeinsam vor Gott treten"? Theologische Orientierung und religiöse Lebensdeutung in der kirchlichen Trauung im Kontext der Mediengesellschaft, in: IJPT 8 (2004), 53-71; Klie, Thomas: An Beerdigungen Religion lernen. Bestattungsagenden und ihre didaktische Relevanz, in: IJPT 8 (2004), 212-227; Lück, Christhard: Konfirmandenunterricht - quo vadis? Eine Auseinandersetzung mit dem Modell einer handlungsorientierten Konfirmandenarbeit, in: Loccumer Pelikan 2004/3, 120-125.

13) So führt die dritte Auflage des von Hans-Christoph Schmidt-Lauber. u. a. herausgegebenen Standardwerks "Handbuch der Liturgik" neben den aus den vorhergehenden Auflagen bekannten "Grundlagen des christlichen Gottesdienstes", "Geschichte und Gestalt des Gottesdienstes" sowie "Die Gestaltung des Gottesdienstes" als neuen Teil ein: "Kasualien" (Göttingen 32003, 463 ff.).

14) Steck, Wolfgang: Kasualien, in: TRE 17 (1988), 673-686, 674.

15) Ich hoffe, in den nächsten Jahren eine umfangreichere Ausarbeitung vorlegen zu können.

16) S. Domsgen, Michael: Familie und Religion. Grundlagen einer religionspädagogischen Theorie der Familie, Leipzig 2004, 115.147-149. 333 f.

17) S. hierzu Winkler, a. a. O. (Anm. 11), 24 f., vgl. auch die dichte Zusammenstellung der entsprechenden Zitate aus der praktisch-theologischen Literatur bei Mezger, Manfred: Die Amtshandlungen der Kirche Bd. 1, München 1957, 16 f.

18) Bei Schleiermachers Praktischer Theologie findet sich lediglich ein knapper Abschnitt "Von Casualreden", der allerdings enzyklopädisch interessant am Übergang vom 1. dem Kultus gewidmeten Abschnitt zum 2. die Geschäfte des Geistlichen außerhalb des Kultus thematisierenden Abschnitt platziert ist, wobei seine Darlegungen durch die Spannung zwischen familiärer "Vertraulichkeit" und dem kirchlichen Charakter der Handlungen gekennzeichnet sind (Schleiermacher, Friedrich: Die praktische Theologie nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt, hrsg. v. Jacob Frerichs, Berlin 1850, 321-326; Konfirmation und Bestattung werden erst im 2. Abschnitt thematisiert).

19) Winkler gibt hierzu a. a. O. (Anm. 11), 17-24, einen knappen, aber instruktiven Überblick.

20) S. z. B. Achelis, Ernst Christian: Lehrbuch der Praktischen Theologie Bd. 1, Leipzig 31991, 509 ff.

21) A. a. O., XV f.

22) Schian, Martin: Grundriß der Praktischen Theologie, Gießen 1922, XI.

23) So in der ersten (wenn auch - wie das Vorwort zeigt - durchaus widerstrebenden) monographischen Behandlung des Themas bei Meuß, Eduard: Die gottesdienstlichen Handlungen von individueller Beziehung in der evangelischen Kirche, Gotha 1892.

24) So Kliefoth, Theodor: Theorie des Kultus der evangelischen Kirche, Parchim 1844, 183 ff.

25) So - später - bei Haack, Hans Georg: Die Amtshandlungen in der evangelischen Kirche, Berlin 21952, 147 ff.

26) S. z. B. Niebergall, Friedrich: Praktische Theologie Bd. 2, Tübingen 1919, 241 f.; Schian, a. a. O. (Anm. 22), 191 f.

27) Rau, Gerhard: Die Kasualhandlungen im Gottesdienst, in: Ders./Reuter, Hans-Richard/Schlaich, Klaus (Hrsg.): Das Recht der Kirche Bd. 3, Gütersloh 1994, 49-70, 52.

28) So z. B. Dehn, Günter: Die Amtshandlungen, Stuttgart 1950, 14.

29) Monographisch fasste Jetter, Werner: Symbol und Ritual. Anthropologische Elemente im Gottesdienst, Göttingen 1978, diesen Ansatz zusammen. Für die Trauung hatte Daiber, Karl-Fritz: Die Trauung als Ritual, in: EvTh 33 (1973), 578-597, und für die Bestattung Spiegel, Yorick: Der Prozeß des Trauerns, Gütersloh 1973 u. ö., die Fruchtbarkeit dieses Ansatzes gezeigt. Vgl. auch Ahuis, Ferdinand: Der Kasualgottesdienst. Zwischen Übergangsritus und Amtshandlung, Stuttgart 1985.

30) Wagner-Rau, a. a. O. (Anm. 11), 189 f.; vgl. Fechtner, a. a. O. (Anm. 11), 143 ff.; vgl. Gräb, a. a. O. (Anm. 3), 184.

31) Meuß, a. a. O. (Anm. 23), XI-XIII.

32) A. a. O., 15-38.

33) Wagner-Rau, a. a. O. (Anm. 11), 122-173.

34) Müller, a. a. O. (Anm. 11), 18.

35) Fechtner, a. a. O. (Anm. 11), 61.

36) A. a. O., 62.

37) A. a. O., 19.

38) Wagner-Rau, a. a. O. (Anm. 8), 189; vgl. Luther, Henning: Religion und Alltag. Bausteine zu einer Praktischen Theologie des Subjektes, Stuttgart 1992, 254; vgl. Gräb, a. a. O. (Anm. 3), 172-174.

39) Matthes, Joachim: Volkskirchliche Amtshandlungen, Lebenszyklus und Lebensgeschichte. Überlegungen zur Struktur volkskirchlichen Teilnahmeverhaltens, in: Ders. (Hrsg.): Erneuerung der Kirche - Stabilität als Chance? Gelnhausen 1975, 83-112, 111.

40) Fechtner, a. a. O. (Anm. 11), 32.33.34.36.

41) S. den äußerst materialreichen stichwortartigen Überblick bei Mezger, a. a. O. (Anm. 17), 43 f.

42) Vgl. hierzu im Einzelnen die jeweiligen Artikel in: Grethlein, Christian/Ruddat, Günter (Hrsg.): Liturgisches Kompendium, Göttingen 2003: zur Taufe (Grethlein): 305-328; zur Konfirmation (Meyer-Blanck, Michael): 329-347; zur Trauung (Klessmann, Michael): 348-370; zur Bestattung (Roser, Traugott): 371-393.

43) S. Kramer-Abebe, Marianne: Aufbruch zu neuen Ritualen. Eine Annäherung an die Praxis freiberuflicher Ritualbegleiter und Ritualbegleiterinnen, in: JLH 39 (2000), 35-64.

44) S. Sörries, Reiner: Bestattungs- und Friedhofskultur der Gegenwart. Vom angebots- zum nachfrageorientierten Markt, in: Gerhards, Albert/Kranemann, Benedikt (Hrsg.): Christliche Begräbnisliturgie und säkulare Gesellschaft, Leipzig 2002, 204-217, 204-206.

45) Nach Janetzky, Birgit: Lebensdeutung und Abschiedsritual. Die Gestaltung weltlicher Trauerfeiern, in: Gerhards, Albert/Kranemann, Benedikt (Hrsg.): Christliche Begräbnisliturgie und säkulare Gesellschaft, Leipzig 2002, 231-251, 236, sind etwa 10 % der Trauerfeiern in Westdeutschland und 70 % in Ostdeutschland nichtkirchlich.

46) S. Frateantonio, Christa: Bestatter. Vom Krisenmanager zum religiösen Spezialisten?, in: Gerhards, Albert/Kranemann, Benedikt (Hrsg.): Christliche Begräbnisliturgie und säkulare Gesellschaft, Leipzig 2002, 218-230.

47) S. ausführlich die Entstehung und Weiterentwicklung darstellend Döhnert, Albrecht: Jugendweihe zwischen Familie, Politik und Religion. Studien zum Fortbestand der Jugendweihe nach 1989 und die Konfirmationspraxis der Kirchen, Leipzig 2000.

48) A. a. O., 380-406.

49) S. Nipperdey, Thomas: Deutsche Geschichte 1866-1918 Bd. 1, München 21991, 618-622.

50) So der Titel einer weit verbreiteten, von Friedrich K. Barth u. a. herausgegebenen Privatagende zu den Kasualien (Wuppertal 1973).

51) Bestattung. Beschlussvorlage für die Vollkonferenz der UEK am 14./15. Mai 2004, 94.334.

52) Wagner-Rau, a. a. O. (Anm. 8), 183.

53) Gennep, Arnold van: Les Rites de Passage, Paris 1909 (allerdings wurde dieses Buch nur ausschnittsweise ins Deutsche übersetzt).

54) A. a. O. (Anm. 51), 37 f.; inzwischen liegt allerdings mit Lammer, Kerstin: Den Tod begreifen. Neue Wege in der Trauerbegleitung, Neukirchen-Vluyn 2003, eine neuere Entwicklungen der Trauerforschung und die zwischenzeitliche Kritik an Spiegel aufnehmende Konzeption vor.

55) Spiegel, a. a. O. (Anm. 29).

56) Nave-Herz, Rosemarie: Die Hochzeit. Ihre heutige Sinnzuschreibung seitens der Eheschließenden: eine empirisch-soziologische Studie, Würzburg 1997, 47 f.

57) S. z. B. Wagner-Rau, a. a. O. (Anm. 11), 41-72.

58) Gute zusammenfassende Informationen zur historischen Genese finden sich zur Trauung in: Kleinheyer, Bruno: Riten um Ehe und Familie, in: Gottesdienst der Kirche Bd. 8, Regensburg 1984, 67-156, 76 ff.; zur Bestattung in: Kaczynski, Reiner: Die Sterbe- und Begräbnisliturgie, in: a. a. O., 191-232, 201-218; zur Konfirmation in: Maurer, Wilhelm: Geschichte der Firmung und Konfirmation bis zum Ausgang der lutherischen Orthodoxie, in: Frör, Kurt (Hrsg.): Confirmatio, München 1959, 9-38.

59) Z. B. Sundermeier, Theo: Was ist Religion? Religionswissenschaft im theologischen Kontext, Gütersloh 1999, 34-42.

60) Feldtkeller, Andreas: Theologie und Religion. Eine Wissenschaft in ihrem Sinnzusammenhang, Leipzig 2002, 52-54.

61) A. a. O., 48.

62) A. a. O., 49.

63) A. a. O., 50.

64) Zu den einzelnen neutestamentlichen Texten s. jetzt monographisch Heckel, Ulrich: Der Segen im Neuen Testament, Tübingen 2002, der auch eine Brücke zu praktisch-theologischen Gestaltungsaufgaben zu schlagen versucht; vgl. auch schon früher aus alttestamentlicher Sicht den Versuch von Albertz, Rainer: Persönliche Frömmigkeit und offizielle Religion, Stuttgart 1977, besonders 198-210.

65) S. Gräb, a. a. O. (Anm. 3),184.

66) S. genauer Grethlein, Christian: Praktische Theologie, in: Roth, Michael (Hrsg.): Leitfaden Theologiestudium, Göttingen 2004, 131- 158, 147-151.

67) Winkler, a. a. O. (Anm. 11), 30.

68) A. a. O., 31 f.

69) Wagner-Rau, a. a. O. (Anm. 11), 9-12.

70) S. Schulz, Frieder: Segnende Kirche und christlicher Glaube, in: Gemeinsame Arbeitsstelle für gottesdienstliche Fragen 28/1997, 42-65; so auch Heckel, a. a. O. (Anm. 64), 364.

71) Gräb, Wilhelm: Rechtfertigung von Lebensgeschichten. Erwägungen zu einer theologischen Theorie der kirchlichen Amtshandlungen, in: PTh 76 (1987), 21-38.

72) Wilkens, Ulrich: Der Brief an die Römer (Römer 6-11), Zürich 1980, 33; vgl. Schnelle, Udo: Gerechtigkeit und Christusgegenwart. Vorpaulinische und paulinische Tauftheologie, Göttingen 21986, 145-152.

73) Stauffer, Anita (Hrsg.): Baptism, Rites of Passage, and Culture, Genf 1999, 14.

74) A. a. O., 15.

75) S. zum Einzelnen Grethlein, Christian: Taufpraxis heute, Gütersloh 1988, 103-139.

76) Stauffer, a. a. O. (Anm. 73), 18.

77) Taufbuch. Agende für die Evangelische Kirche der Union Bd. 2,
hrsg. v. d. Kirchenkanzlei der Evangelischen Kirche der Union, Berlin 2000, 23.

78) Rau, a. a. O. (Anm. 27), 60.

79) Stauffer, a. a. O. (Anm. 73), 21.

80) So wird der Taufbezug als Kriterium eigens in der Einführung genannt: Evangelischer Oberkirchenrat (Hrsg.): Agende für die Evangelische Landeskirche in Baden Bd. IV. Bestattung, Karlsruhe 2002, 13.

81) Stauffer, a. a. O. (Anm. 73), 22.

82) A. a. O., 23

83) Gemeinsame Feier der kirchlichen Trauung. Ordnung der kirchlichen Trauung für konfessionsverschiedene Paare unter Beteiligung der zur Trauung Berechtigten beider Kirchen, hrsg. von der Deutschen Bischofskonferenz und dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland, Leipzig 1995, 35. Zum Eingang in der Kirche begrüßt der Priester das Paar: "Am Beginn Ihrer Hochzeitsfeier wollen wir der Taufe gedenken, die uns zu Christen gemacht und auf den Weg gerufen hat, den Sie von jetzt an gemeinsam gehen werden. Wir besprengen uns dazu mit Weihwasser und bitten Gott, er möge in allen die Gnade der Taufe erneuern" (a. a. O., 33).

84) Stauffer, a. a. O. (Anm. 73), 20.

85) S. aber Agende III.4 Dienst am Kranken, hrsg. vom Kirchenamt der VELKD, Hannover 1994.

86) S. Rössler, Dietrich: Pfarrhaus und Medizin, in: Greiffenhagen, Martin (Hrsg.): Das evangelische Pfarrhaus, Stuttgart 21991, 231-246.

87) In der katholischen Kirche war dies durch das Sakrament der Unctio infirmorum so nicht möglich. Allerdings führte deren Reduktion auf die "Letzte Ölung" ebenfalls zum problematischen Ausfall heilenden Handelns (zur Krankensalbung s. Grethlein, Christian: Benediktionen und Krankensalbung, in: Schmidt-Lauber, Hans-Christoph u. a. [Hrsg.]: Handbuch der Liturgik, Göttingen 32003, 551-574, 565-573).

88) S. Grethlein, Christian: Grundfragen der Liturgik, Gütersloh 2001, 209-211.

89) Wagner-Rau, a. a. O. (Anm. 11), 124.

90) S. hierzu jetzt Stuflesser, Martin: Liturgisches Gedächtnis der einen Taufe. Überlegungen im ökumenischen Kontext, Freiburg 2004, 43-60.

91) Tebartz-van Elst, Franz-Peter: Vor der Taufe den Glauben feiern? Katechumenale Stufenriten als Paradigmen für eine missionarische Liturgie, in: Kranemann, Benedikt/Richter, Klemens (Hrsg.): Gott feiern in nachchristlicher Gesellschaft, Stuttgart 2000, 16-31.

92) Blank, Reiner/Grethlein, Christian (Hrsg.): Einladung zur Taufe - Einladung zum Leben 2 Bde., Stuttgart 1993/95.