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Ausgabe:

Juni/2005

Spalte:

710 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Günter R.

Titel/Untertitel:

Christentumsdidaktik. Grundlagen des konfessionellen Religionsunterrichts in der Schule.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2004. 224 S. m. Abb. 8. Kart. Euro 18,80. ISBN 3-374-02103-4.

Rezensent:

Friedrich Schweitzer

Dieser Band des renommierten (emeritierten) Erlanger Religionspädagogen lässt sich als Einführung charakterisieren. Er wendet sich sprachlich und inhaltlich an Studierende, die am Anfang ihrer Beschäftigung mit religionsdidaktischen Fragen stehen. Dem entspricht der - nicht unproblematische - weitreichende Verzicht auf Literaturhinweise (lediglich am Ende findet sich ein knappes kommentiertes Auswahl-Verzeichnis).

Das wichtige Vorwort (7-10) benennt die Motive des Vf.s. Mit dem Titel "Christentumsdidaktik" soll von Anfang an klar sein, dass es nicht um "Religion im Allgemeinen" gehen könne, sondern um einen "dezidiert christlichen Religionsunterricht", der auf "einladende Selbstdarstellung" des Christentums zielt und von einem Lehrer erteilt wird, der sich als "denkender Christ" versteht. Ähnlich wichtig ist dem Vf., dass "im Religionsunterricht möglichst klar gedacht" wird und dass "emotionales Lernen" nicht als "Vorwand für geistige Anspruchslosigkeit herhalten muss". Schließlich soll der Religionsunterricht an die Kirche gebunden bleiben ("konfessionell" nicht als Abgrenzung evangelisch/katholisch, sondern gegen einen "bloßen Religionskunde- und Moralunterricht").

Das Buch ist übersichtlich gegliedert. Der umfangreichste erste Teil bietet Einblick in "allgemeindidaktische Grundlagen" (11-81), der zweite behandelt "Determinanten und Spitzenziele des Religionsunterrichts" (82-118), der dritte "Inhalte - Erschließungsrichtungen - Inhaltsbereiche" (119-140). Ergänzend werden "Einzelprobleme" im Blick auf Unterrichtsinhalte (141-203) sowie Hinweise zur Unterrichtsvorbereitung (204- 215) dargestellt.

Im Blick auf die Allgemeine Didaktik lässt sich der Vf. von dem Anliegen leiten, am Gewinn einer Didaktik, wie sie nach der Rezeption sozialwissenschaftlicher Theorien seit den 1960er Jahren entwickelt wurde (Curriculumtheorie u. a.), in gleichsam geläuterter Form festzuhalten. Hervorgehoben wird vor allem die Lernzielorientierung. Spätere Entwicklungen etwa im Umkreis des pädagogisch viel diskutierten Konstruktivismus werden kaum aufgenommen.

Der Religionsunterricht wird von drei Perspektiven her verstanden: "learner - society - disciplines", wie die Curriculumtheorie formuliert (82), wobei der Vf. auch der "Determinante Kirche" breiten Raum gibt. Die in sich nachvollziehbare Darstellung der pluralismuskritischen Position des Vf.s ("Pluralismus tendiert zum Relativismus als Forderung, einen Wahrheitsanspruch preiszugeben ... Dieser Forderung kann das Christentum nicht nachgeben ...", 107) hätte allerdings gerade in einer Einführung um pluralismusfreundliche Positionen in Theologie und Religionspädagogik ergänzt werden können (vgl. E. Herms, K. E. Nipkow, F. Schweitzer u. a.). Ähnlich hätte das Verhältnis zwischen Taufe und Religionsunterricht (108) heute eine breitere Erörterung verdient (Offenheit für Nicht-Getaufte usw.). Weithin Zustimmung wird die Priorität der "Determinante Schüler" finden (111) sowie die Zielsetzung für den Religionsunterricht: "Er soll dem Schüler Gelegenheit bieten, durch Auseinandersetzung mit christlichen Inhalten seine Wert- und Sinnvorstellungen zu klären" (112), wobei eigens nach den nicht-christlichen Religionen zu fragen wäre. In der Reihe der in ihrer Relevanz für den Religionsunterricht dargestellten theologischen Disziplinen fehlt nicht nur die Praktische Theologie (darin folgt der Vf. einer langen Tradition, die kritisch überdacht werden sollte - bietet die Praktische Theologie nicht wichtige Erkenntnisse über Kirche und Christentum in der Gegenwart?), sondern es fehlen auch die Religionswissenschaft und Missionswissenschaft, die für den christlichen Religionsunterricht zum unverzichtbaren Gesprächspartner geworden sind. Insofern leuchtet es nicht ohne Weiteres ein, dass die Frage nach den Religionen lediglich im Zusammenhang mit der Kirchengeschichte sowie in einem knappen Exkurs "Fremdreligionen im christlichen Religionsunterricht" (128-130) behandelt wird. Besonders interessant wird für viele aber das Kapitel zu "Einzelproblemen" sein, in dem häufig als schwierig empfundene Themen wie Trinitätslehre, Wunder oder Himmelfahrt erschlossen werden.

Seine Rolle im Konzert der religionsdidaktischen Einführungen wird der Band vor allem als profilierter, von einer klar erkennbaren theologischen Position aus geschriebener Entwurf spielen. Auch wer diese Position nicht in jeder Hinsicht teilt, wird von der Lektüre profitieren und sich von der jederzeit um intellektuelle Klarheit bemühten Darstellung beeindrucken lassen.