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Ausgabe:

Juni/2005

Spalte:

696 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

McDougall, Dorothy C.

Titel/Untertitel:

The Cosmos as the Primary Sacrament. The Horizon for an Ecological Sacramental Theology.

Verlag:

New York-Washington/Baltimore-Bern-Frankfurt a. M.-Berlin-Brussels-Vienna-Oxford: Lang 2003. VIII, 187 S. gr.8. Geb. Euro 66,30. ISBN 0-8204-6714-6.

Rezensent:

Dirk Evers

Das vorliegende Werk ist die Doktorarbeit der kanadischen katholischen Theologin Dorothy C. McDougall, die an der ökumenischen Toronto School of Theology Systematische Theologie lehrt. M. möchte mit ihrem Buch auf die ökologische Krise als einer Krise der Grundlagen des anthropozentrischen, dualistischen Weltbilds der europäisch-westlichen Kultur reagieren, die in mancherlei Hinsicht mitverantwortlich sei für die desaströse Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und die mit ihr verbundenen sozialen Verwerfungen. Sie argumentiert dafür, zwei Diskussionsstränge miteinander zu kombinieren, die nach ihrer Überzeugung dazu beitragen könnten, den Trend in Richtung auf eine sozio-ökologische Erholung umzukehren: die so genannte "Neue Kosmologie" (new cosmology) und die Einsichten eines ökologisch orientierten Feminismus. Beide, so M., stellen darüber hinaus wichtige Ausgangspunkte dar für die Ausbildung einer ökologisch relevanten Theologie der Sakramente.

Entsprechend ist die Studie von M. aufgebaut: In einem ersten Kapitel wird die ökologische Krise als globale Herausforderung beschrieben. Die "New Cosmology" des 1914 geborenen katholischen Priesters, Kultur- und Religionsgeschichtlers Thomas Berry, der in späten Jahren eine einflussreiche Öko-Theologie begründete, wird im Überblick dargestellt wie auch Grundzüge der öko-feministischen Bewegung, die auf die Verbindung von sozialer Ungleichheit und Ausbeutung der ökologischen Ressourcen im Rahmen einer androzentrischen und (deshalb?) anthropozentrischen und hierarchischen Weltsicht aufmerksam macht und dagegen das Universum als heilige Gemeinschaft beschreibt. Im zweiten Kapitel untersucht M. zwei Modelle, mit denen eine christliche Theologie der Schöpfung der ökologischen Krise zu begegnen sucht: die Vorstellung von der Haushalterschaft des Menschen (stewardship, nach Gen 1,26) und das egalitäre Modell, das sich auch bei Berry findet. M. argumentiert dafür, dass vor allem das egalitäre, auf die Verbundenheit allen Lebens rekurrierende Modell dazu in der Lage ist, die anthropozentrische Sicht der Schöpfung zu überwinden. Das dritte Kapitel zeichnet dann eine "Wende zum Subjekt" in der katholischen Sakramentaltheologie des 20. Jh.s nach, in der etwa Schillebeeckx und Rahner das Augenmerk von den objektiven Vollzügen der Eucharistie auf die subjektive Seite des Sakramentenempfangs verlagerten. Zwar sei damit eine wichtige Bewegung hin zu einer Überwindung von Hierarchiedenken und Dualismus angestoßen, doch sei angesichts der ökologischen Krise die einseitige Konzentration auf die menschliche Rezeptivität, die die natürliche Welt zum bloßen Hilfsmittel der Offenbarung degradiere, zum Kosmos hin zu erweitern. Das soll im vierten Kapitel dadurch geschehen, dass der Kosmos als das primäre Sakrament bestimmt wird. Dazu bringt M. die moderne naturwissenschaftliche Kosmologie in Anschlag, mit deren Hilfe die Geschichte des Universums als umfassende, alle anderen Geschichten erst freisetzende Geschichte rekonstruiert werden kann. So hat der Kosmos als das primäre Sakrament zu gelten, weil alle andere Wirklichkeit sich als erst im Laufe der Entwicklung des Kosmos entstandenes Produkt desselben darstellt. In den Kosmos ist dann auch Jesus als das primordiale Sakrament eingebettet. Durch diese Kontextualisierung möchte M. die sakramentalen Handlungen verbinden mit sozio-ökologischen Fragen und dadurch sowohl die liturgische Praxis lebendiger machen als auch das christliche Sakramentsverständnis als Ressource und Inspiration gegen die zur ökologischen Krise führenden Tendenzen nutzen. Eben diese Implikationen für die sakramentale Praxis zu entfalten, ist die Aufgabe des fünften Kapitels, in dem M. für eine Erneuerung der sakramentalen Liturgie durch die Einbindung von Elementen der Klage und der Kunst plädiert.

Die Studie widmet sich einer interessanten und wichtigen Frage: dem Verhältnis der die Kirche auszeichnenden sakramentalen Handlungen zur Welt als Schöpfung Gottes überhaupt. Der Gedankengang ist klar, doch die Argumentation bleibt an der Oberfläche. Konfessionelle Engführungen werden nicht reflektiert, auch eine Diskussion z. B. mit der orthodoxen Dogmatik, die etwa die Vorstellung kennt, dass die Vereinigung Gottes mit der gesamten Schöpfung das umfassendste Sakrament sei (D. Staniloae), findet nicht statt. Ungeklärt bleibt, in welchem Verhältnis genauerhin das primäre Sakrament (Kosmos) zum primordialen (Christus) steht. Und auch der feministische Impuls wird nicht gestalterisch wirksam, wenn nicht die ausschließlich am Leitbild des Mannes orientierte Priesterschaft kritisch hinterfragt wird.