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Ausgabe:

März/2005

Spalte:

310 f

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

1) Webster, John 2) Webster, John [Ed.]

Titel/Untertitel:

1) Karl Barth.

2) The Cambridge Companion to Karl Barth.

Verlag:

1) London-New York: Continuum 2000. XVI, 181 S. 8 = Outstanding Christian Thinkers. Kart. £ 12,99. ISBN 0-8264-5079-2.

2) Cambridge: Cambridge University Press 2000, IX, 312 S. 8 = Cambridge Companions to Religion. Kart. £ 13,95. ISBN 0-521-58560-0.

Rezensent:

Hans-Anton Drewes

Mit zwei Büchern hat sich John Webster (University of Aberdeen) um alle die verdient gemacht, die - als Theologen oder als zu Unrecht so genannte Laien - nach einem einführenden Überblick über Leben und Werk Karl Barths oder einer Einleitung suchen, die zum Studium der Theologie Barths oder vielmehr: der theologischen Probleme, die durch Barth neu gesehen und neu gestellt worden sind, eine Hilfe bieten kann. Jene Einführung vermittelt ausgezeichnet das Buch, das in der Reihe der "Outstanding Christian Thinker" erschienen ist. W. wendet selber ein: "Barth must be the most introduced of modern theologians", fährt aber sehr zu Recht fort: "though not necessarily thereby the best understood". Und er weist darauf hin, dass durch die Karl Barth-Gesamtausgabe seit 1971 fortlaufend neues Material zugänglich gemacht worden ist und dass überdies insbesondere in der angelsächsischen Welt das stetige Interesse an Barth "some of the earlier geography of Barth's writings" (IX) verändert habe.

Nach einer instruktiven biographischen Skizze, in der die in beiden Richtungen zutreffende Aussage "his thinking and writing were who he was" (13) den Fluchtpunkt bildet, versucht W. einen zusammenfassenden Blick auf Barths theologische Arbeit bis 1932. Auf die Frage: "Is there an early Barth?" (22) lautet die triftige Antwort: "From the beginning Barth says no in order to learn how to say yes" (24). In den folgenden Kapiteln gibt W. einen klaren, gut akzentuierten Bericht über die Probleme von KD I-IV. Sehr bemerkenswert ist die Charakterisierung der KD: "not an authoritarian final expression of some truth about God, but a work of celebration, a work which tries to put into words what happens when we are caught up in and transformed by a movement, by a living, speaking event and gift" (53).

Die Darstellung ist durchaus nicht unkritisch, aber sie sucht immer den Kontakt zur Sache, die Barth bewegt. So weiß sie etwas von der "Wirkung des Gegenstandes selber". Sie ist die Voraussetzung, in der W. mit Recht "nothing less than the key to everything Barth wants to say about theology" sieht (70). Bedauern mag man, dass W. "Ethics and Politics", d. h. die Kapitel zur Ethik in der KD und außerdem einige Texte zum Problem der staatlichen Ordnung und des staatlichen Handelns, einem gesonderten Abschnitt vorbehält. Denn der sehr erhellende Hinweis zu Barths Nein gegen alle geschöpflichen Vermittlungen des Göttlichen als einem Einspruch zu Gunsten des Geschaffenen, der sichern soll, dass Gnade nicht Zwang bedeutet, sie vielmehr die Geschöpfe in ihrem Handeln in Stand setzt, "to be themselves" (139), hätte es wohl verdient, im Zusammenhang mit den einzelnen dogmatischen Traktaten der KD jeweils als ein Licht zur Geltung gebracht zu werden, das von der Ethik auf die Dogmatik fällt und deren Verständnis zu präzisieren entscheidend helfen kann. So verstanden, könnten die ethischen Texte Barth vielleicht noch deutlicher als "distinctly modern theologian" (162) zeigen. Ist Barth, wie W. in seinem Rück- und Ausblick "Barth and the task of Christian theology" sagt, "in one sense" "a theologian's theologian" (164), so zeigt W.s Buch Barth doch zugleich in bestem Sinne als a laymen's theologian.

Ein Barth eher für Theologen - für solche nämlich, die nach einer problemgeleiteten Orientierung für das eigene Studium von Barths Schriften fragen - ist "The Cambridge Companion to Karl Barth", das W. in der Reihe der "Cambridge Companions to Religion" herausgegeben hat. Nach einer Einleitung, die W. teilweise verändert in sein Barth-Buch übernommen hat, folgen Abhandlungen über die Themen "Theology" (Ch. Schwöbel), "Revelation" (T. Hart), "The Bible" (F. Watson). In den soliden Überblicken fallen auch hier Akzente auf, die die Wahrnehmung schärfen - so Schwöbels These, dass Barths Beiträge zur Theologie darum ungewöhnlich wirksam sind, weil sie "part of a new way of understanding the task of theology" sind (17). Zur materialen Dogmatik folgt "The Trinity" von Alan Torrance, der in kluger Abbreviatur auch "Gottes Vollkommenheiten" bespricht. B. McCormacks Beitrag über die Erwählungslehre beinhaltet einen wichtigen Exkurs über "Barth's critique of the extra Calvinisticum" (95-101) und einen Vorschlag zu einer "critical correction" der Logik von Trinität und Erwählung (101-105), der weiterer Diskussion bedarf. Aus den sorgfältigen Darlegungen von K. Tanner über "Creation and providence" sind neben den Ausführungen über Barths Revision des traditionellen Verhältnisses von Prädestination und Providenz und von providentia generalis und specialis die wissenden Bemerkungen über die Eschatologie hervorzuheben (125 f.). G. Hunsinger bespricht Barths Christologie, deren "basic Chalcedonian character" er mit der wichtigen Präzisierung versieht, "that the ground on which Christology takes shape here is much closer to narratology ... than it is to metaphysics" (140, Anm. 4). In ähnlicher Richtung fallen bemerkenswerte Akzente in C. Guntons Referat über "Salvation", in dem der häufig kritisierte "almost platonic realism of Barth's conception" (147) eingeräumt - aber mit dem entscheidenden Vorzeichen versehen wird: "it is only so eschatologically and as action" (150). W. Krötke gibt weit mehr als eine Zusammenfassung der Anthropologie Barths, indem er ihre Verankerung in der Erwählungslehre und ihren Ort als praktisch gelebte Anthropologie in der christlichen Gemeinde deutlich macht. Ähnlich wäre von den Beiträgen zur Pneumatologie, zu den Sakramenten usw. zu rühmen, dass sie gründliche lebendige Information mit dem Hinweis auf offene Fragen und auf neue Fragestellungen (feminism, modernity, postmodernity) verbinden und so die Einführung in Barths Lehre zu einer Hinführung zu dem machen, wovon sie bewegt ist. Zum Schluss zeichnet A. I. C. Heron sehr schön mit den Farben eigenen Erlebens ein Bild von Barths persönlicher und wissenschaftlicher Wirkung. Wenn G. Ward Recht hat in der Meinung, "that Barth has the potential to present a radically orthodox voice that is genuinely postmodern and, therefore, postsecular" (293) - dann ist uns hier nicht nur eine sachgemäße Einführung in Barths Theologie, sondern auch eine zeitgemäße Hilfe für die theologischen Aufgaben von heute gegeben.