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Ausgabe:

Februar/2005

Spalte:

212–214

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Lachmann, Rainer

Titel/Untertitel:

Die Religions-Pädagogik Gotthilf Salzmanns. Ein Beitrag zur Religionspädagogik der Aufklärung und Gegenwart m. e. vollständigen Bibliografie d. Salzmann-Literatur ab 1981 sowie d. Text u. d. Übersetzung d. Salzmannschen "Disputationis Theologicae de Praeparatione Theologi Particula Prima." Erfurt 1767. 2., völlig überarb. u. erw. Aufl.

Verlag:

Jena: IKS Garamond 2004. XII, 574 S. 8 = Arbeiten zur Historischen Religionspädagogik, 2. Geb. Euro 45,00. ISBN 3-934601-54-5.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der Bamberger Religionspädagoge legt hier seine 1971/72 von der Marburger Theologischen Fakultät angenommene Dissertation in allerdings erheblich überarbeiteter und erweiteter Form noch einmal vor. Dieses auf den ersten Blick vielleicht erstaunliche Vorgehen ist gut begründet und außerordentlich begrüßenswert. Zum ersten war die ursprünglich im Peter Lang Verlag 1974 erschienene Arbeit seit langem vergriffen; sie stellt aber nach wie vor einen wichtigen Markstein in der Erforschung der Aufklärungs-Religionspädagogik dar. Zum zweiten hat Lachmann die Gelegenheit genutzt und die Arbeit in folgender Hinsicht überarbeitet und erweitert: Er hat eine Einführung verfasst, die zugleich eine knappe, aber instruktive Skizze der Arbeit auf dem Gebiet Historischer Religionspädagogik ist. Das die Forschungslage zur Aufklärungs-Religionspädagogik behandelnde zweite Kapitel wurde auf den neuesten Stand gebracht. Nachdrücklich vertritt L. die Auffassung, dass die Religionsdidaktik ihre Wurzeln in der Aufklärung hat und deshalb dieser Zeit besondere Aufmerksamkeit gebührt. Die materiale Entfaltung der Religions-Pädagogik Salzmanns folgt der bisherigen Arbeit, allerdings unter Einbeziehung seither erschienener Literatur. Hier gelang es schon dem jungen L. u. a. die Eigenständigkeit Salzmanns herauszuarbeiten, die der früher üblichen pauschalen Zuweisung seines Werks zu "der" Aufklärungs-Pädagogik und deren Einseitigkeiten entgegensteht.

Neu hinzu tritt jetzt ein Abschlusskapitel, in dem L. vehement systematische Konsequenzen aus dem historisch Rekonstruierten für die gegenwärtige religionspädagogische Diskussion zieht. Bei Salzmann sieht er in mehrfacher Hinsicht Ausgangspunkt, aber wohl auch Orientierungsmarke für eine Religionsdidaktik, die sich pädagogisch und theologisch zu begründen versucht. Grundgelegt im Religionsbegriff findet L. hier vorbildlich den Ansatzpunkt beim Kind, den Zielhorizont durch den Bezug auf Werthaltungen (heute eher: Einstellungen genannt) im Bereich der Lehrbarkeit und die fachdidaktische Frage nach den Inhalten. Auch methodische Anregungen sind hinsichtlich der Erzählung zu gewinnen, die Hinweise auf die Bedeutsamkeit des Religionslehrers erscheinen ebenso wie die Hinweise auf Motivation aktuell.

Und damit ist der dritte Grund erreicht, warum dieses Buch zu begrüßen ist. Forschungsgeschichtlich ist interessant, dass sich hier ein Religionspädagoge, der in mehrfacher Hinsicht die religionspädagogische Diskussion der letzten 20 Jahre durch wichtige Impulse bereichert und stellenweise mitbestimmt hat, am Ende seiner aktiven Zeit als Hochschullehrer noch einmal deutlich in seinen Ursprüngen verankert und damit auch seine eigenen Arbeiten auf anderen Gebieten als der Historischen Religionspädagogik in ein neues Licht rückt. So leitet er z. B. sein entschiedenes Eintreten für einen Ökumenischen Religionsunterricht von Salzmann ab. Ob sich die von ihm - allerdings nur teilweise - sehr direkt gezogene Linie zwischen der Aufklärungszeit und der Gegenwart historisch und vor allem systematisch durchhalten lässt, wird weiter geprüft werden müssen. Vor allem müsste dann nicht nur gezeigt werden, wie die Emanzipationsbewegungen ab der zweiten Hälfte des 19. Jh.s und vor allem der Zusammenbruch des Fortschrittsoptimismus nach dem I. Weltkrieg (und nach dem Nazi-Regime) hier integrierbar sind, sondern auch was die ökonomischen und weite Lebensbereiche betreffenden Veränderungen (Großstädte, Bevölkerungswachstum, Industrialisierung, Verschulung der Kindheit, Medienentwicklung usw.) bewirkten. So bleibt die Frage: Ist die L.sche Rekonstruktion nicht doch zu stark ideengeschichtlich bestimmt? Abgesehen davon aber ist es imponierend zu sehen, wie L., dem die Religionspädagogik nicht nur auf dem Gebiet der Historischen Religionspädagogik und Fachdidaktik wichtige Arbeiten und Einsichten verdankt, sondern ebenso die Studierenden didaktisch geschickte Kompendien, seinen Impetus offensichtlich in wesentlichen Teilen von Salzmann her gewann.

Dem Buch ist als ein wichtiges Dokument der theologischen Anschauungen des frühen Salzmann ein - jetzt historisch-kritisch kommentierter - Abdruck der lateinisch und deutsch gebotenen Disputation Salzmanns "De Praeparatione Theologi" aus dem Jahr 1767 beigegeben, wobei Hans Schönemann Übersetzung und Kommentierung besorgt hat. Abgeschlossen wird es durch ein ausführliches Literaturverzeichnis, das u. a. auch eine "vollständige Bibliografie" der Sekundärliteratur zu Salzmann nach 1981 enthält.

Zwar schreibt L. selbst, dass sich mit dieser Neuauflage seiner Dissertation für ihn ein Kreis schließe. Doch enthalten die neu hinzugekommenen Passagen so viel Dynamik und im guten Sinne Angriffslust, dass man auf die nächsten Vorhaben L.s sowohl hinsichtlich der Historischen Religionspädagogik als auch der Fachdidaktik gespannt sein kann.