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Ausgabe:

Februar/2005

Spalte:

173 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Stephenson, Paul

Titel/Untertitel:

The Legend of Basil the Bulgar-Slayer.

Verlag:

Cambridge: Cambridge University Press 2003. XVIII, 170 S. m. Abb. gr.8. Lw. £ 30,00. ISBN 0-521-81530-4.

Rezensent:

Martin Illert

Ein halbes Jahrhundert währte die Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Basileios II. (976-1025). Bis heute gilt sie in der Byzantinistik als Höhepunkt der machtpolitischen Entfaltung des mittelbyzantinischen Reiches. Die Figur des Kaisers, der sich im Bürgerkrieg gegen die großen Magnatenfamilien und in den militärischen Konflikten mit den Nachbarn des byzantinischen Reiches behauptete, erscheint als das Muster eines innen- wie außenpolitisch erfolgreichen oströmischen Regenten.

St. differenziert diese Bewertung durch sorgfältige Analysen der einschlägigen griechischen, lateinischen, kirchenslawischen und orientalischen Quellen und unter Heranziehung epigraphischen, sigillographischen und numismatischen Materials in zentralen Punkten. S. kontrastiert das militärische und administrative Wirken Basileios' II. und seiner Generäle auf dem Balkan mit dem Bild dieses Kaisers in der späteren byzantinischen Hofpropaganda, dem postbyzantinischen Schrifttum und der neuzeitlichen griechischen Literatur und weist überzeugend nach, dass jede Epoche ein eigenes Bild des "Bulgarentöters" zeichnete.

Gegen die schon zu Lebzeiten Basileios' verbreitete Darstellung des Kaisers als Kriegsheld kann St. wahrscheinlich machen, dass sich der byzantinische Regent während des ersten Jahrzehntes der Auseinandersetzungen mit Bulgarien notgedrungen auf eine Strategie der Schadensbegrenzung beschränkte und selbst nach den ersten Erfolgen mit seinen verhältnismäßig bescheidenen militärischen Kräften kein Expansionsprogramm verfolgte. Entsprechend bewertet St. die gegen Ende des 10. Jh.s erfolgte Ausweitung des Jurisdiktionsgebietes der Metropolitansitze von Larissa und Dyrrhachion als defensiven kirchenpolitischen Schachzug, der auf byzantinischer Seite die Anerkennung des bulgarischen Staates und seines Patriarchats voraussetzte.

Während die administrativen Maßnahmen, die Basileios nach 1020 zur Eingliederung der neu eroberten Territorien in das byzantinische Reich und die oströmische Kirche ergriff, in der Byzantinistik gern als Beweis besonderer Sensibilität des Kaisers gegenüber den Gefühlen der eben unterworfenen Bulgaren gedeutet werden, macht St. darauf aufmerksam, dass die dem Kaiser zur Verfügung stehenden begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen diesem gar keine Alternative zu der Kooperation mit den einheimischen Eliten ließen.

Einen wichtigen Beitrag zur Befreiung der Gestalt Basilios' II. aus den Fängen nationalistischer Vereinnahmung leistet St. durch den Nachweis, dass der Beiname "Bulgarentöter" dem Kaiser erst über 150 Jahre nach dessen Tod zugelegt wurde: Als im Jahr 1185/6 Kaiser Isaak II. Angelos (1185-1195 und 1203-1204) gegen die aufständischen Bulgaren zog, stellte die Hofpropaganda den Kaiser in die Tradition Basileios' II., des "Bulgarentöters". Eine Renaissance sollte das Bulgarentöter-Motiv sodann zu Beginn des 20. Jh.s im Kontext der Nationalitätenkonflikte um Makedonien, insbesondere durch die Akklamation des griechischen Königs Konstantin XII. als "Bulgarentöter" während des Balkankrieges 1913 erleben. In diesem Zusammenhang bedauert der Rezensent, dass sich die souveräne Darstellung St.s auf die Metamorphosen der Legende des "Bulgarentöters" in der griechischen Literatur beschränkt. Ein Blick auf das Bild des Kaisers in der Literatur der christlichen Slawen dürfte nicht zuletzt angesichts der gegenwärtigen Streitigkeiten um die Unabhängigkeit des makedonischen Staates und der makedonischen Kirche äußerst gewinnbringend sein.