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Ausgabe:

Januar/2005

Spalte:

56–58

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Titel/Untertitel:

1) Lexicon Gregorianum. Wörterbuch zu den Schriften Gregors von Nyssa. Bd. III: ear - eosphoros. Bearb. v. F. Mann unter Mitarbeit v. V. H. Drecoll (Appendix II) u. R. Mariß (Appendix III).

2) Lexicon Gregorianum. Wörterbuch zu den Schriften Gregors von Nyssa. Bd. IV: zale - iota. Bearb. v. F. Mann.

3) Lexicon Gregorianum. Wörterbuch zu den Schriften Gregors von Nyssa. Bd. V: kagchasmos - kophoo. Bearb. v. F. Mann.

Verlag:

1) Leiden-Boston-Köln: Brill 2001. XII, 856 S. 4. Lw. Euro 299,00. ISBN 90-04-11696-6.

2) Leiden-Boston-Köln: Brill 2002. XII, 510 S. 4. Lw. Euro 249,00. ISBN 90-04-12500-0.

3) Leiden-Boston: Brill 2003. X, 560 S. 4. Lw. Euro 259,00. ISBN 90-04-13028-4.

Rezensent:

Hubertus R. Drobner

"Herrn Dr. Friedhelm Mann kann man nur zu seinem meisterlichen Lebenswerk gratulieren und sich selbst wünschen, dass das Werk unter seiner Ägide noch weit voranschreiten möge" - so endete die Besprechung der beiden ersten Bände des Lexicon Gregorianum in ThLZ 126 (2001), 415 f. Selten gehen Wünsche so prompt in Erfüllung wie in diesem Fall.

Jedes Jahr ist seither ein weiterer Band erschienen: Band III enthält die Lemmata des Buchstabens Epsilon, Band IV Zeta bis Iota, Band V Kappa. Die Bände IV und V waren ursprünglich als gemeinsamer Band geplant, wurden aber ihres Umfangs und Gewichts wegen geteilt, ohne dass sich damit die angekündigte Erscheinungsfolge verzögert hätte. Aufbau und Qualität führen den vorbildlichen Standard der beiden ersten Bände unverändert fort. Die Lemmata sind eingehend gegliedert und analysieren sowohl minutiös als auch äußerst übersichtlich den Wortgebrauch Gregors einschließlich der wichtigen variae lectiones.

Neu sind die Appendizes, die, wie das Vorwort von Band III (V) begründet, "auf technische Notwendigkeiten bei der Vorbereitung und Herstellung zurückzuführen sind". Sie enthalten in Band III die Lemmata eimi (Appendix I, 655-750, bearbeitet von F. Mann mit K. Frommhold, N. Gotsopoulos und M. Vrysa), 33 Lemmata aus der Feder von V. H. Drecoll (Appendix II, 751-813), ezo und echo (Appendix III, 815-849, bearbeitet von R. Mariß) sowie Ergänzungen und Korrekturen zu Band I und II in Appendix IV (851-856). In den Bänden IV und V beschränken sich die Appendizes (505-510 bzw. 553-560) auf die Ergänzungen und Korrekturen zu den Bänden I-III; besonders wichtig sind dabei jeweils die Listen weiterer variae lectiones.

Gleichzeitig wird mitgeteilt, dass jetzt für das Werk De anima et resurrectione der für die Gregorii Nysseni Opera (GNO) vorgesehene kritische Text in der von Hilde Polack vorbereiteten Umbruchkorrektur verwendet werden konnte, die Zitationen aber bis zum Erscheinen des Bandes III/3 bei Migne's Patrologia Graeca (PG) 46 belassen wurden. Das beugt der im Falle der Epistula canonica (GNO III/5) gegenwärtig etwas misslichen Situation vor. Ihre Umbruchkorrektur wird schon seit Band I (1999) des Lexicon Gregorianum nach der neuen Paginierung zitiert, die neue Edition liegt aber noch immer nicht im Druck vor, so dass diese Verweise im Moment nur dann dem Benutzer dienlich sind, wenn er sich eigens in Münster nach der Korrelation der Paginierungen erkundigt. Nach Erscheinen des neuen Textes wird sie allerdings den aktuelleren Stand bieten.

Das Lexicon lässt sich damit auf verschiedenen Ebenen auf Uneinheitlichkeiten ein, die ihrer Natur nach seine Konsultation erschweren. Wie schon in ThLZ 126 hervorgehoben, muss die Benutzung unterschiedlicher Editionen vor der Vollendung der GNO um des großen unmittelbaren Nutzens dieses Werkes willen akzeptiert werden. Aber ob man noch einmal so viele Anhänge wie in Band III in Kauf nehmen sollte? Gewiss, der Leser wird an der jeweiligen Stelle der alphabetischen Reihenfolge auf die Artikel in den Appendizes verwiesen, aber hätte man nicht doch mit der Drucklegung des ganzen Bandes warten sollen, bis diese Artikel an ihren jeweiligen angestammten Orten hätten eingefügt werden können? Gewiss sind heutzutage auch finanzielle Rücksichten zu nehmen. Man möchte aber dennoch hoffen, dass in den künftigen Bänden außer den notwenigen Ergänzungen zu den vorhergehenden Bänden keine weiteren Appendizes nötig werden, zumal ja sowieso noch ein Supplementband erscheinen wird, der die Eigennamen, Präpositionen, Formwörter, Adverbien und Pronomina enthalten wird. Dann wird es drei parallele alphabetische Ordnungen geben. Die Appendizes mit den Ergänzungen und Korrekturen zu früheren Bänden sind dagegen notwendig und hilfreich; sie sollten aber nach Abschluss des Gesamtwerkes zusammengefasst werden, um den Überblick zu erleichtern.

Es ist verständlicherweise unmöglich, hier einzelne Lemmata kritisch zu erörtern. Es mag aber erlaubt sein, zwei Ergänzungen aus der Werkstatt des Editors anzufügen:

1) Zu entome: Dieses Wort ist, wie das Lexicon vermerkt, unsicher überliefert. Es kommt bei Gregor nur ein einziges Mal in der Form entomes vor, in In Hexaemeron (PG 46,64,25-26 = Forbes 6,13), allerdings mit zahlreichen variae lectiones: en, tomes - en tomais, entomais, en tome, entome (sic), en tome. Die vollständige Kollation aller 56 Manuskripte, die In Hexaemeron überliefern, ergibt freilich ein leicht abweichendes Bild. Die angegebenen variae lectiones entomais und hen tome kommen nicht vor. Erstere ist in den zehn Manuskripten, die sie aufweisen, immer deutlich getrennt in en tomais; Letztere ist eine Konjektur von Ronald Burn, Adversaria in Gregorium Nyssenum, in: Journal of Theological Studies 25 (1923), 173, die in den Handschriften keinerlei Unterstützung findet. Weitere variae lectiones sind dagegen: entomei Parisinus Coislinianus 253 (9./10. Jh.), en to mais Parisinus graecus 479 (1. Hälfte 12. Jh.) und en tomes Florentinus Laurentianus Mediceus graecus plutei VI 17 (10./11. Jh.), Vaticanus graecus 405 (12./13. Jh.), Vaticanus Ottobonianus graecus 119 (16. Jh.) und 167 (15. Jh.) sowie Venetus Marcianus graecus II 57 (Anfang 16. Jh.).

2) Zu epiklines/epiklino: epiklines ist bei Gregor nur zweimal bezeugt, in De vita Moysis (GNO VII/I 112,11) und in In Hexaemeron (PG 46,65,51 = Forbes 10,12). In letzterem Fall weist einer der beiden ältesten Codices, Codex Vaticanus graecus 2066 (9./10. Jh.), die varia lectio to epiklinon auf, die allerdings singulär bleibt.

Bei allen möglichen Ergänzungen und Kritiken im Detail darf freilich nie vergessen werden, dass sie gegenüber dem unermesslich großen Wert des Werkes verschwindend gering sind und keineswegs ins Gewicht fallen. Bei dem Lexicon Gregorianum handelt es sich in jeder Hinsicht um ein Jahrhundertwerk. Es wird nie wieder neu gemacht werden, nicht nur um des immensen Arbeitsaufwandes willen, sondern weil es m. E. gar nicht substantiell verbessert werden kann. Gerade deswegen sollte man auch drucktechnisch dem Ideal so nahe wie nur möglich kommen. Das Lexicon wird später sicher ergänzt und korrigiert werden, aber ein Neusatz dürfte auf unabsehbare Zeit, wenn nicht für immer, ausgeschlossen bleiben.

Alle Quisquilien beiseite lassend muss man daher den Wagemut, die ganz außergewöhnliche Hingabe und den Realitätssinn des Bearbeiters und seiner Mitarbeiter im höchsten Maße bewundern und preisen. Wie viele große Projekte sind gerade daran gescheitert, dass man sie nur in ihrer absolut endgültigen und idealen Gestalt publizieren wollte! Noch etwas darf hier einmal hervorgehoben werden, was früher keiner Erwähnung bedurft hätte, heute aber leider nicht mehr allen selbstverständlich ist: Friedrich Manns minutiöse Würdigung der Arbeit seiner Mitarbeiter in jedem Band. Summa summarum: Herzlichen Glückwunsch an alle Autoren für ihr unvergleichliches Werk und den Benutzern die unverbrüchliche Versicherung, dass sie mit dem Lexicon Gregorianum ein unverzichtbares und unübertroffenes, vermutlich sogar unüberholbares Standardwerk der Gregorforschung in der Hand halten.