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Ausgabe:

Dezember/2004

Spalte:

1303–1305

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schoch, Reto

Titel/Untertitel:

Griechischer Lehrgang zum Neuen Testament.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2000. XXIX, 378 S. 8 = UTB für Wissenschaft, 2140. Kart. Euro 24,90. ISBN 3-16-147273-X (Mohr Siebeck); 3-8252-2140-7 (UTB).

Rezensent:

Martin Hüneburg

Dass, wie Wellhausen einmal formulierte, das theologische Kamel durch das philologische Nadelöhr muss, gehört zu den leidvollen Erfahrungen vieler Studienanfänger. Denn trotz eines in den letzten Jahren wieder zunehmenden Interesses an den alten Sprachen bringen immer weniger Studierende Griechischkenntnisse bereits mit. Auch Latein kann nicht mehr selbstverständlich vorausgesetzt werden. Damit fehlen aber nicht nur die Sprachkenntnisse selbst, auch die Art des Spracherwerbs hat sich verändert. Sie ist geprägt von der auf gegenwartsbezogene Kommunikationsfähigkeit zielenden Methodik des neusprachlichen Unterrichtes. Die Notwendigkeit, unter diesen Voraussetzungen Studienanfängern zwei oder sogar drei alte Sprachen in kürzester Zeit vermitteln zu müssen, stellt deshalb erhebliche Anforderungen an die didaktische Kompetenz der Lehrenden wie auch an die Art des Lehrmaterials. Sch. hat nun ein Unterrichtswerk vorgelegt, das auf diese Situation abgestimmt ist. Erarbeitet und erprobt wurde es während seiner Zeit als Fachlehrer für Neutestamentliche Bibelkunde und Zeitgeschichte sowie für Neutestamentliches Griechisch am Ausbildungs- und Tagungszentrum Bienenberg in Liestal/Schweiz (bis 1997 Europäische Mennonitische Bibelschule).

Um den Einstieg möglichst niedrigschwellig zu halten, übersetzt und erläutert Sch. die grammatische Terminologie und geht häufig vom Vergleich mit der deutschen Sprache aus. So wird als Nebeneffekt zugleich eine Auffrischung der - oftmals auch nur noch rudimentär vorhandenen - Kenntnisse der deutschen Grammatik erreicht. Da es um das Erlernen der Koine geht, werden Abweichungen vom klassischen Griechisch nur gelegentlich vermerkt. Auch sprachgeschichtliche Hinweise finden sich nur sporadisch.

Das Lehrbuch konzentriert sich auf die wesentlichen Elemente der griechischen Grammatik, die zum Übersetzen unbedingt notwendig sind. Geordnet sind sie nach der Häufigkeit ihres Auftretens. Alphabet, Interpunktion und Akzentregeln werden in einer Einführung behandelt. Der Grammatikstoff ist auf 19 Lektionen verteilt, für die jeweils ca. fünf Unterrichtseinheiten (VI) vorgeschlagen werden. Jede Lektion ist dreifach gegliedert in die Behandlung von Morphologie und Syntax sowie Übungen dazu. In einer Übersicht (XI-XV) wird die Einteilung des Grammatikstoffes vorangestellt. Im Anhang finden sich die Übersetzungen der Übungen (255-288), das Lernvokabular, zu dem alle Vokabeln mit mindestens zehn Vorkommen gehören, mit Angabe der Häufigkeit in der Reihenfolge der Lektionen (289-319) und in alphabetischer Folge (320-347), ein Verzeichnis griechischer Personen-, Orts- und Landschaftsnamen (348 f.) sowie Konjugations- und Deklinationstabellen (352- 368) und die Stammformen der wichtigsten unregelmäßigen Verben (369-372). Diese sind allerdings nicht nach Verbalklassen, sondern alphabetisch geordnet. Das Sachregister (375- 378) ermöglicht die Nutzung auch als Nachschlagewerk. Eine knapp gehaltene Liste (373 f.) nennt weiterführende Literatur, darunter auch Software. Dabei sollte aber nicht nur auf Bible Works for Windows verwiesen werden, sondern etwa auch auf die Accordance Bible Software von Oak Tree Software für Mac-Nutzer.

Die Aufteilung von Morphologie und Syntax unter didaktischen Gesichtspunkten führt allerdings auch zu dem Problem, dass Zusammenhängendes gelegentlich auseinandergerissen, bzw. noch nicht Behandeltes vorweggenommen wird. Das didaktische Geschick Sch.s zeigt sich nicht zuletzt darin, dass es ihm gelingt, dies bis auf wenige Fälle zu vermeiden. So wird etwa die syntaktische Funktion des Partizips in Kap. 6 vorgestellt und in den Übungen bereits mit deklinierten Formen gearbeitet, obwohl dessen Deklination erst in Kap. 7 behandelt wird. Zur Syntax der Konjunktion kai erfährt man etwas in den Lektionen 6 und 17.

Der Aufbau dieses Lehrbuches zielt auf einen schnellen Übergang zur Originallektüre. Sch. hat sich deshalb dafür entschieden, Übungssätze nicht selbst zu bilden, sondern dem Neuen Testament zu entnehmen, auch wenn dann gelegentlich einzelne zusätzliche Hilfen gegeben werden müssen. Das hat aber den Vorteil, dass von Anfang an mit den Texten umgegangen wird, um derentwillen die Sprache erlernt wird. Ab Lektion 10 ist die Übersetzung zusammenhängender Texte aus dem Neuen Testament, aber auch aus dem Umfeld (LXX, Did, Euseb h.e.) vorgesehen. Diese frühe Einbeziehung von Originaltexten motiviert und hilft, einen späteren Lektüreschock zu vermeiden.

Der Rezensent muss sich zwar für die verspätete Vorstellung des Buches entschuldigen, kann aber so auf Grund einer längeren Erprobung urteilen. Es hat sich dabei als ein vorzügliches Arbeitsmittel erwiesen, das nur empfohlen werden kann. Die Stoffaufteilung ist didaktisch geschickt gemacht, die Erläuterungen sind knapp, aber gut verständlich und übersichtlich. Die Übungen bieten die Möglichkeit einer umfassenden Vertiefung. Bedenken sind lediglich gegenüber seiner Eignung für das Selbststudium (VII) anzumelden. Ein detaillierter Gestaltungsvorschlag dazu findet sich zwar auf S. XIX-XXIX, aber gerade angesichts des von Sch. intendierten Adressatenkreises bedarf es für autodidaktisches Arbeiten sicher weitergehenderer Erläuterungen.

Wenige griechische Fehler sind mir aufgefallen: S. 1: Im griechischen Alphabet steht statt eines Th ein s. S. 24, Übung 2: Statt dikas ergo muss es dikaio ergo heißen. S. 121 unter 1.2.1: ho pisteusomenos statt.