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Ausgabe:

November/2004

Spalte:

1211–1213

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Drobner, Hubertus R.

Titel/Untertitel:

Augustinus von Hippo. Predigten zum Weihnachtsfest (Sermones 184-196). Einleitung, Text, Übersetzung und Anmerkungen.

Verlag:

Frankfurt a. M.-Berlin-Bern-Bruxelles-New York-Oxford-Wien: Lang 2003. 322 S. m. Abb. 8 = Patrologia, 11. Kart. Euro 56,50. ISBN 3-631-51275-9.

Rezensent:

Hans Förster

Der Paderborner Ordinarius für Kirchengeschichte und Patrologie legt mit seinem Editionsband ein sehr wichtiges und für viele Bereiche der Theologie wertvolles Buch vor. Der Band bietet von 13 Weihnachtspredigten (Sermones 184-196) des Augustinus den lateinischen Text und die Übersetzung - die beiden weiteren Weihnachtspredigten (Sermones 369 und 370) wurden aus verständlichen systematischen Gründen, die im Vorwort erläutert werden, leider nicht aufgenommen (11): "Um der thematischen Einheit willen wäre es sicherlich wünschenswert, alle fünfzehn Weihnachtspredigten in einem Band zusammenzufassen. Dies würde aber die von den Maurinern eingeführte numerische Reihenfolge sprengen. Da sich auch dieser vierte Band der Reihe wie die vorhergehenden als Beitrag zu einer künftigen Gesamtausgabe der augustinischen Sermones versteht, werden daher hier nur die Nr. 184-196 geboten und die beiden weiteren an ihren angestammten Plätzen belassen." Bereits ein Blick auf die Liste der deutschen Übersetzungen der Predigten des Augustinus (15-23) zeigt, wie notwendig ein derartiges Werk für die Weihnachtspredigten des Augustinus war, liegen doch überhaupt nur zwei der 13 Predigten in deutschen Übersetzungen vor. Insofern ermöglicht dieses Werk allen, die an den Weihnachtspredigten des Augustinus ein Interesse haben, rasch auf diese Texte zuzugreifen. Allen voran werden natürlich die einschlägigen wissenschaftlichen Institute - hier sind neben Kirchengeschichte und Dogmatik natürlich auch die Liturgiewissenschaft zu erwähnen - ein Interesse an diesem Band haben. Es ist jedoch zu hoffen, dass diese Texte auch von einem breiteren Kreis von in der Pastoral tätigen Personen verwendet werden, regen doch die nun viel leichter zugänglichen Predigten des Kirchenvaters Augustinus dazu an, sich mit dem Thema des Weihnachtsfestes tiefer auseinander zu setzen.

Jede Predigt wird durch eine kurze Einleitung vorgestellt. Vor der Einleitung finden sich die bibliographischen Hinweise, die neben den einzelnen Editionen auch die Nachweise der verschiedenen Übersetzungen enthalten. Im Rahmen dieser Einleitungen der einzelnen Predigten - diese sind sehr überschaubar in die zwei Teile "Ort und Zeit" sowie "Inhalt und Aufbau" (in einem Fall durch den Zusatz "Stil" erweitert) gegliedert - werden die verschiedenen Datierungsversuche ebenso diskutiert wie der Aufbau der jeweiligen Predigt und ihre theologischen Schwerpunkte. Hier ist der Ort, D.s vorsichtige und auch notwendige Zurückhaltung bei der Datierung der Predigten zu betonen, der sehr klar auf die methodischen Probleme einzelner Datierungsversuche, die teilweise nicht zu überzeugen vermögen, hinweist. Auf die Einleitung folgt der Text der jeweiligen Predigt, auf der linken Seite findet sich der lateinische Text, rechts der deutsche, die biblischen Zitate sind durch Endnoten gekennzeichnet, die in den deutschen Text der Übersetzung eingefügt sind und am Ende der jeweiligen Predigt zu finden sind, während die Varianten des lateinischen Textes als Fußnoten unter dem lateinischen Text zu finden sind. Insofern ist es sehr leicht möglich, bei fraglich scheinenden Stellen das lateinische Original zu Rate zu ziehen. Die Übersetzungen geben in gutem Deutsch den lateinischen Text wieder.

An die Edition schließt sich das Quellen- und Literaturverzeichnis an. Jedem, der mit diesem Buch zu tun hat, werden die ausführlichen und gut gegliederten Register eine Freude sein. Sie sind in A. Bibel (unterteilt in Altes und Neues Testament), B. Antike Autoren und Werke, C. Moderne Autoren, D. Hebräische, griechische und lateinische Wörter und Begriffe und E. Namen und Sachen gegliedert. Beim Register der Bibelstellen sowie dem Register der antiken Autoren und Werke macht sich leider bemerkbar, dass die Belegstellen nicht am Fuß der jeweiligen Seite, sondern im Anschluss an die jeweilige Predigt aufgeführt sind. Dies macht teilweise das Auffinden der Belege im Text der Predigten etwas mühsam. Bereits die Tatsache, dass die Register insgesamt 21 Seiten umfassen, zeigt jedoch, wie gut das Werk erschlossen ist.

Eröffnet wird das Werk durch eine allgemeine Einleitung (33- 69), an die, wie auch bei den einzelnen Predigten, die Anmerkungen angehängt sind (70-85). Die Einleitung führt sehr gut in die Themenkreise ein, welche die Predigten des Augustinus prägen. Eine leise Kritik muss in diesem Zusammenhang an dem Abschnitt I. A. Die Entstehung des Weihnachtsfestes (33-34) geäußert werden. Dieser sehr kurze Abschnitt, der den Versuch einer "allgemeinen Einleitung" in die äußerst schwierige Frage nach den Anfängen dieses Festes darstellt, zeichnet sich durch eine gewisse Großzügigkeit im Umgang mit den Quellen aus. Man mag noch gelten lassen, dass "frühere Quellen" - gemeint ist in diesem Zusammenhang die bekannte Stelle in den Stromata (I,XXI,145,1-146,4) des Clemens von Alexandrien - u. a. den 18. November für den Geburtstag des Herrn gehalten hätten. In diesem Zusammenhang sollte aber unbedingt auch hinzugefügt werden, dass nach diesem Beleg bei Clemens Jesus am 18. November (und zwar im Jahr 27 n. Chr.) gekreuzigt worden wäre.

Insofern ist wohl anzunehmen, dass Clemens sich bei seiner auf dem Todestag des Commodus aufbauenden Berechnung des Geburtstages Jesu geirrt hat und sich hier vielmehr die auch in der Berechnungshypothese des Weihnachtsfestes wichtige Vorstellung eines Lebens, das eine volle Zahl von Jahren gedauert hat, niederschlägt. Beim 6. und 10. Januar als Geburtstag Jesu in frühen Quellen, die D. erwähnt, verlässt man jedoch eindeutig den Boden sicherer Quellenanalyse. Diese ebenfalls bei Clemens zu findenden Daten beziehen sich auf die Feier der Taufe Jesu durch die Basilidianer. Mit Hansjörg Auf der Maur ist es üblich geworden, unter Hinweis auf die Theologie der Basilidianer anzunehmen, dieser Tag sei von den Basilidianern gleichzeitig auch als Geburtstag Jesu angesehen worden, tatsächlich findet sich jedoch kein Beweis für diese Annahme. Auch die Darstellung der Berechnungshypothese für die Entstehung des Weihnachtsfestes ist ungenau. Susan K. Roll, auf die sich D. stützt, legt die Problematik der Hypothese sehr schön dar: Bei den Patriarchen werden die vollen Lebensjahre von ihrer Geburt an gerechnet. Bei Jesus hingegen finden sich Berechnungen, welche die Empfängnis auf zwei alte Kreuzigungstermine, den 6. April und den 25. März legen. In seiner sehr kurzen Einleitung behauptet D. hingegen, dass bereits im Judentum die vollkommenen Jahre von der Empfängnis des Patriarchen an gerechnet worden wären.

Bei dieser vorsichtigen Kritik an den einleitenden Worten über die Entstehung des Weihnachtsfestes soll jedoch nicht vergessen werden, dass die grundsätzliche Einleitung in die Predigten viele wichtige Aspekte gut und umfassend darstellt - es sei nur auf die weihnachtliche Liturgie bei Augustinus, die Grundlagen der weihnachtlichen Theologie des Augustinus (Glaubensbekenntnis und Heilige Schrift) und das Verhältnis seiner Predigten zu verschiedenen Strömungen seiner Zeit (Arianismus, Photiinia- nismus, Apolinarismus, Manichäismus) verwiesen.